26 Betreiber von Solar-, Wind- und Biomassekraftwerken haben gemeinsam Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Erlösabschöpfung eingelegt. Es handele sich um eine „unzulässige Sonderabgabe“, heißt es in der Beschwerdeschrift, wie der beteiligte Ökostrom-Versorger Lichtblick in einer Presseinformation schreibt. Die Abschöpfung verletze die Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie der betroffenen Unternehmen.
Übergewinnsteuer statt Erlösabschöpfung
„Es ist sinnvoll, dass die Bundesregierung Haushalte und Unternehmen angesichts der hohen Energiekosten entlastet. Und es ist sinnvoll, Stromerzeuger an der Finanzierung der Entlastung zu beteiligen“, sagt Markus Adam, Chefjurist von LichtBlick. Die Erlösabschöpfung sei jedoch das falsche Instrument. „Sie verletzt die Grundrechte der abgeschöpften Unternehmen und bremst die Energiewende.“ Er fordert stattdessen eine Übergewinnsteuer, wie sie auch von der Öl- oder Kohlebranche erhoben wird.
„Während Steuern nur auf Gewinne anfallen – also auf die Differenz zwischen realen Einnahmen und Ausgaben – schöpft der Gesetzgeber bei Stromerzeugern fiktive Einnahmen ohne Rücksicht auf die Ausgaben ab. Dieser Eingriff ist finanzpolitisch einmalig“, erläutert Adam.
Eingeführt wurde die Abschöpfung mit dem Gesetz zur Strompreisbremse (StromPBG) – gegen den massiven Protest der Erneuerbaren-Branche. Hintergrund ist, dass Betreiber von Ökostromanlagen an der Strombörse Preise erzielen können, die deutlich über der EEG-Förderung liegen und damit hohe Erlöse generieren.
Fiktive Bemessungsgrundlage: „Abschöpfung höher als Erlöse“
Seit Dezember 2022 werden die Einnahmen von Wind-, Solar- und Biomassebetreibern nach einem komplexen Schlüssel abgeschöpft, um die Preisbremse mitzufinanzieren. Dabei würden überwiegend fiktive Erlöse angenommen, schreibt Lichtblick. Die Regelung könne bei besonders hohen Börsenpreisen dazu führen, dass die gesamte EEG-Vergütung einer Anlage wieder abgeschöpft werde, kritisiert das Unternehmen. „Für den einzelnen Anlagenbetreiber kann dies je nach Großhandelspreisen zu Abschöpfungsbeträgen führen, die noch oberhalb seiner Erlöse liegen“, heißt es in der Beschwerdeschrift.
Einbruch bei PPA
In vielen Fällen führe der Eingriff dazu, dass insbesondere Solar- und Biomasseanlagen nicht wirtschaftlich weiter betrieben werden können oder ganze Geschäftsfelder bedroht sind, kritisiert Lichtblick. So sei der Markt für Direktlieferverträge (PPA) für den Abschöpfungszeitraum eingebrochen. Dabei spielten PPAs eine zentrale Rolle für die Ökostromlieferung an Haushalte und Unternehmen und garantieren zudem langfristig stabile Preise, so der Ökostromversorger.
Finanzbedarf geringer als gedacht
Auch die fehlende Begrenzung der Erlösabschöpfung auf den tatsächlichen Finanzbedarf sei rechtswidrig, heißt es in der Beschwerdeschrift. Die Beschwerdeführer berufen sich auf Aussagen von von Finanzminister Christian Lindner, wonach die Regierung statt mit ursprünglich geplanten 43 nur noch mit 1,4 Milliarden Euro Kosten für die Strompreisbremse rechnet.
Die Ankündigung von Wirtschaftsminister Robert Habeck, die bis zum 30. Juni 2023 laufende Abschöpfung nicht zu verlängern, konnte die Beschwerdeführer nicht vom Gang nach Karlsruhe abhalten: „Es geht hier um eine verfassungsrechtliche Grundsatzfrage. Die Erlösabschöpfung ist ein schwerer politischer Fehler, der sich nicht wiederholen darf. Der Staat hat mit dem Steuerrecht ein starkes und ausreichendes Instrument, um Unternehmen an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben zu beteiligen“, erläutert Adam. Er fordert, die Erlösabschöpfung mit sofortiger Wirkung zu beenden. (kw)