Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutete auf einer Regionalkonferenz ihrer Partei in Magdeburg an, die Solarförderung in Deutschland weiter kürzen zu wollen. Nach ihrer Ansicht sei die Windenergie auf dem Wege, fast rentablen Strom zu erzeugen, während das bei der Solarenergie nicht der Fall sei. Zwar hat die Bundesregierung mit der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bereits massive Kürzungen vorgenommen, „aber ich bin mir nicht sicher, ob wir da nicht weiter rangehen müssen“, sagte Merkel in Magdeburg. Sie kritisiert, dass für nur zwei Prozent der Stromerzeugung die Hälfte der Fördermittel für erneuerbare Energien aufgewendet werden. „Das ist in keinem rationalen Verhältnis“, so Merkel. Außerdem kämen immer mehr Solarmodule aus China.
Höchste Zuwächse und breite Unterstützung in der Bevölkerung
Dieses Zahlenspiel der Bundeskanzlerin stößt auf die Kritik der deutschen Solarindustrie. Es ist zwar richtig, dass fast die Hälfte der Förderung in die Photovoltaik fließt. Doch „die Angaben der Bundeskanzlerin, dass die Photovoltaik lediglich 2 Prozent der Stromerzeugung erreicht, sind unzutreffend“, betont Udo Möhrstedt, Vorstandsvorsitzender von IBC Solar. Er verweist darauf, dass der Anteil der Solarenergie an der gesamten Stromproduktion im Jahr 2020 bei etwa zehn Prozent liegen wird. Außerdem verbucht die Solarenergie die mit Abstand höchsten Zuwächse und genießt die Unterstützung der Bevölkerung. „Die Menschen wollen eine saubere und effiziente Stromversorgung, die schnell ausgebaut werden kann und dezentral funktioniert“, erklärt Möhrstedt. „Dies alles darf durch einen Zick-Zack-Kurs der Regierung nicht gefährdet werden.“
Mehr Sonne und viel Platz
Merkels Überlegung ist, künftig die Photovoltaik in Griechenland auszubauen und den dort erzeugten Strom in den Norden zu transportieren. Mit über 300 Sonnentagen im Jahr und reichlich Platz ist das klamme Land im europäischen Südosten prädestiniert für die Stromerzeugung aus Sonnenenergie. Eine Delegation unter Leitung des Bundeswirtschaftsministers Philipp Rösler (FDP) will dieses Thema bei einem Besuch in Athen diesen Donnerstag zur Sprache bringen.
Heftige Kritik kommt aber nicht nur aus der deutschen Solarindustrie, sondern auch von Bündnis 90/Grüne. „Die Bundesregierung tut mal wieder das, was sie am liebsten tut: Sie stiftet Verunsicherung“, sagt Hans-Josef Fell, Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Grüne und einer der Väter des EEG. „Das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist noch nicht in Kraft getreten, und die Bundeskanzlerin stiftet Verwirrung, indem sie laut über weitere Kürzungen bei der Solarenergie nachdenkt." Zudem ist die Finanzierung von Solarstromanlagen in Griechenland viel teurer als in Deutschland. „Daher ist die Solarstromvergütung in Griechenland auch viel höher als hierzulande. Offenbar kennt die Bundesregierung ihre eigenen Gesetze nicht. Und offenbar liegt ihr auch nichts an der Wertschöpfung hierzulande“, so der Grünen-Sprecher. Athen zahlt bis zu 55 Cent pro Kilowattstunde Sonnenstrom, während ein Betreiber einer Photovoltaikanlage in Deutschland maximal 28,74 Cent pro Kilowattstunde für seinen eingespeisten Strom bekommt.
Endlich Solarstrategie auf den Tisch legen
Trotz dieser höheren Einspeisevergütung betrug der Zubau im letzten Jahr gerade mal 150 Megawatt. In Deutschland hingegen wurden 2010 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 7,4 Gigawatt installiert. In diesem Jahr ist die Zubaurate in Griechenland zwar sehr viel höher, erreicht mit bisher 300 Megawatt nicht annähernd deutsche Verhältnisse.
Außerdem ist völlig unklar, wer den Ausbau des maroden Stromnetzes in Griechenland finanzieren soll. Natürlich seien die Ökologisierung der Stromerzeugung und flächendeckende neue Jobs in Griechenland dringend nötig. „Es hat aber ökonomisch keinen Sinn, in Griechenland Solarstrom mit hohen Finanzierungskosten zu erzeugen und dann über teure neue Stromleitungen nach Nordeuropa zu leiten. Anstatt die Solarbranche zu verunsichern, sollte die Bundesregierung endlich eine Solarstrategie auf den Tisch legen, als kampflos den Chinesen einen der größten Zukunftsmärkte zu überlassen“, fordert Fell. (Sven Ullrich)