Der Oberste Gerichtshof in London stoppt die Pläne der britschen Regierung zur massiven und abrupten Kürzung der Einspeisetarife für Solarstrom. Diese sollten ursprünglich am 12. Dezember dieses Jahres in Kraft treten. Da dies elf Tage vor dem Ende der offiziellen Beratungen war, erklärt das höchste Gericht in Großbritannien den gesamten Plan für unzulässig. Außerdem legt das Gericht fest, dass die Regierung mehr Geld für die Förderung von Photovoltaikanlagen an Schulen und im sozialen Wohnungsbau einplanen muss.
Mit der Begründung, das Budget sei ausgeschöpft und die Stromkunden sollten nicht weiter durch die Förderung der Photovoltaik belastet werden, beschloss die britische Regierung am 31. Oktober dieses Jahres die Tarife zu kürzen. Immerhin würde ohne die Kürzung der Einspeisetarife die Förderung von Solarstrom in den Jahren 2014 und 2015 mit 980 Millionen Pfund (etwa 1,17 Milliarden Euro) zu buche schlagen, wie der britische Energieminister Greg Barker vorrechnet. Die Regierung hat sich aber zum Ziel gesetzt, die Kosten auf 250 bis 280 Millionen Pfund (299 bis 335 Millionen Euro) pro Jahr zu begrenzen. Schließlich solle der britische Stromkunde im Jahr 2020 nicht mehr als 23 Pfund (etwa 27 Euro) pro Jahr für die Förderung der Photovoltaik aufbringen müssen.
Kleine Anlagen am stärksten betroffen
Von den Regierungsplänen besonders betroffen wären die kleinen Anlagen, während die Tarife für große Freiflächenanlagen gleich geblieben wären. So sah der Plan vor, die Vergütung der eingespeisten Kilowattstunde aus Anlagen mit einer Leistung bis vier Kilowatt von 43,3 auf 21 Pence zu senken. Für Strom aus Anlagen mit einer Leistung bis zehn Kilowatt hätte London statt bisher 37,8 nur noch 16,8 Pence bezahlt. Solarstrom aus Anlagen mit einer Leistung von maximal 50 Kilowatt hätten die Betreiber gerade mal 15,2 Pence pro Kilowattstunde bekommen. Bisher verkauften sie ihren Strom für 32,9 Pence. Betreiber von Solarkraftwerken mit einer Leistung zwischen 250 Kilowatt und fünf Megawatt – egal ob auf dem Dach oder auf der Freifläche – hätten weiterhin ihren Strom für 8,5 Pence pro Kilowattstunde verkaufen können. Gegen diese Pläne hatten sich die Umweltorganisation Freunde der Erde und die beiden Solarunternehmen Solar-Century aus London und Home Sun aus Wembley gerichtlich zur Wehr gesetzt. Sie kritisierten vor allem die Höhe der Kürzungen und argumentierten, dass sich die Degression der Solarstromförderung an den Preisen für die Anlagen orientieren sollten. Friends of the Earth befürchtet, dass durch eine vorzeitige und zu schnelle Kürzung der Einspeisetarife der britischen Photovoltaikbranche bis zu 29.000 Arbeitsplätze kosten könnte.
Der Streit geht weiter
London hat aber noch nicht aufgegeben. Das Ministerium für Energie und Klimaschutz will gegen das Urteil vorgehen. „Wir sind mit der Entscheidung des Gerichts nicht einverstanden. Wir werden Berufung einlegen und hoffen, so schnell wie möglich eine Anhörung zu erreichen“, erklärt Greg Barker von der regierenden Konservativen Partei. „Unabhängig vom Ausgang der Verhandlung sind die gegenwärtigen Einspeisetarife nicht tragbar. Es müssen Änderungen vorgenommen werden, um den Haushalt zu sichern, der letztlich von den Verbrauchern über deren Stromrechnung gesichert wird.” Bis dahin muss aber London die alten Tarife weiter bezahlen – voraussichtlich sogar bis Ende März 2012. (Sven Ullrich)