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Offshore

Drei Missverständnisse um den Windpark Riffgat

57 Millionen Euro habe alleine die Räumung von am Meeresgrund liegen gebliebener Weltkrieg-II-Munition gekostet, monierte der zuständige Geschäftsführer beim Netzbetreiber Tennet, Lex Hartman. Dem niederländischen Konzern gehören die Netze an der niedersächsischen Küste, und er ist deshalb auch für den Anschluss der Nordsee-Windparks zuständig. Weitere 43 Millionen Euro habe die durch die Räumung verursachte Verzögerung des Netzanschlusses bis zum 11. Februar gekostet – durch gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungszahlungen an den Windparkbetreiber für dessen entgangene Einnahmen. „Es ist zutiefst bedauerlich, dass die Planung der Seekabeltrasse durch den Windparkbetreiber letztlich zu hohen Mehrkosten geführt hat, die nun die Verbraucher werden tragen müssen“, sagte Hartman. Nicht vom Netzbetreiber grob fahrlässig selbst verschuldete Mehrkosten aus ihrem Offshore-Anschlussgeschäft dürfen diese nämlich auf die Stromversorger als Netzgebühren abwälzen und damit auf die Stromkunden.

Die Mehrkosten haben laut Tennet die eigentlichen Netzanschlussausgaben fast verdoppelt. Die Kosten für den Riffgat-Anschluss sind allerdings auch verglichen mit dem Gros der mehrheitlich weit küstenferneren Nordseewindparks um ein Vielfaches geringer. Denn die Energie lässt sich von dort noch relativ einfach als Drehstrom an Land übertragen – die sonst übliche Hochspannungsplattform zur Umspannung des Windpark-Stroms auf fast verlustfrei transportierbaren Gleichstrom entfällt.

Insgesamt 30 Tonnen Munition hatte Tennet nach eigenen Angaben entlang und in der 50 Kilometer langen Kabeltrasse durch die See vor der Insel Borkum geborgen. Der Bergung vorausgegangen war die Untersuchung von 1.400 metallischen Objekten auf dem Nordseeboden – laut Tennet. Der mit 108 Megawatt (MW) Leistung verhältnismäßig kleine Windpark Riffgat mit 30 von Siemens gefertigten 3,6-MW-Windturbinen war bereits im August feierlich durch Politiker eröffnet worden, die Netzanbindung ursprünglich sogar schon für März 2013 zugesagt. EWE konnte nun erst am 12. Februar mit dem Hochfahren der Anlagen beginnen. Dieser Prozess werde noch 45 bis 90 Tage dauern, teilte der Energieversorger mit.

Drei Missverständnisse

Ebenfalls am 11. Februar hat EWE die Vorwürfe des Netzbetreibers schon gekontert. Gleich drei Fallstricke werden in der Auseinandersetzung sichtbar:

  • Vorwurf von Tennet: Die Planung der Seekabeltrasse durch den Windparkbetreiber habe zu hohen Mehrkosten geführt. Die Position von EWE: Fast die Hälfte der Mehrkosten habe sich Tennet selbst zuzuschreiben. Denn Tennet habe bekanntlich erst sehr spät mit den Räumungsarbeiten begonnen. Richtig ist: Im August 2012 war angesichts der damals schon bekannten Munitionsfunde in den Medien das Fehlen eines Konzeptes zum Beseitigen der Blindgänger kritisiert worden.
  • Vorwurf von Tennet: Tennet habe 2011 bei der Übernahme des Netzes von Eon die vom Windparkbetreiber geplante Trasse „ohne Änderungsmöglichkeit übernehmen müssen“. Die Position von EWE: Die Kabeltrasse für Riffgat sei „vor Jahren von der zuständigen Landesbehörde unter Prüfung zahlreicher Belange und Kriterien festgelegt worden“. Und diese habe „aus insgesamt zehn Trassenvarianten die heutige ausgewählt“ – auch weil Munitionsräumung ja technisch möglich sei. Das „Missverständnis“: die Trasse legt die Genehmigungsbehörde fest und nicht wie von Tennet wohl so suggeriert der Windparkbetreiber. Neun andere Trassenvorschläge hatte dieser schon abgelehnt. Aber er hatte die Munitionsräumung als technisch lösbare Aufgabe damit in Kauf genommen – suggeriert wiederum EWE.
  • Vorwurf von Tennet: Statt vier in der ersten Untersuchung durch den Windparkbetreiber erwähnter metallischer Objekte habe Tennet 1.400 aufgespürt. Die Position von EWE: Die von Tennet erwähnte Voruntersuchung habe bekanntlich allein der Bodeneignung für die Verlegung der Kabel gedient. Auf die Gefahr von Munitionsfunden sei gleichwohl hingewiesen worden: „Wir haben den Rechtsvorgänger von Tennet daher auch bereits im Sommer 2009 sehr klar darauf hingewiesen, dass sich daraus keinerlei Rückschlüsse auf Kampfmittelbelastungen ergeben.“ Fazit: Entweder hat die Informationsweitergabe zwischen Eon und Nachfolger Tennet nicht funktioniert oder Windpark- wie Netzbetreiber haben wohl zu wenig zur Klärung des Sachverhalts beigetragen.
  • (Tilman Weber)