Am 1. Juni war die 40. Areva-Windenergieanlage nach einer knapp elf Monate währenden Turbinen-Installationsphase in Betriebsbereitschaft gegangen. Der 200 Megawatt (MW) leistende Windkraftpark hätte nach den ursprünglichen Plänen allerdings schon Ende 2012 und damit vor eineinhalb Jahren stehen sollen. Doch nicht zuletzt Lieferschwierigkeiten bei den großen Unterwasserkonstruktionen der Turbinen, den so genannten Tripods, sowie ein zu geringes Tempo bei der Fertigung der großen Umspannplattform für den Stromtransport an Land verzögerten das Projekt mehrfach. Die stürmischen Wetterverläufe im vergangenen Herbst sowie Anfang 2014 hatten zudem maßgeblich zu Verzögerungen auch beim Errichten der einzelnen Anlagen auf den schon installierten Tripods geführt. „Zwischen Mitte Dezember 2013 und Mitte Januar 2014 ließ das Wetter nur die Errichtung von zwei Anlagen zu“, erklärte Trianel-Pressesprecher Mauritz Fänger offiziell. Doch optimale Witterungsbedingungen im Frühjahr sowie die gemäß den wachsenden Erfahrungen vorgenommenen Verbesserungen der Logistik halfen beschleunigten den Prozess wieder. Areva und das Betreiberunternehmen der Errichterschiffe MPI konnten das Tempo wieder anziehen und stellten zuletzt sogar eine Anlage im 24 Stundenrhythmus auf.
Investierende Stadtwerke vermeiden voreilige Bilanz
Mit triumphierenden Wertungen hält sich Trianel freilich zurück. Von „Erfolg“ ist in den Verlautbarungen auch am zweiten Tag nach Abschluss der Bauarbeiten noch keine Rede. „Jetzt fehlt nur noch, dass die Umspannplattform Dolwin Alpha den Testbetrieb aufnimmt und der Netzanschluss durch Netzbetreiber Tennet erfolgt“, betonte Klaus Horstick, der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Trianel Windkraftwerk Borkum. Denn noch im März hatte Trianel in Aussicht gestellt, den Vollbetrieb des Windparks im Sommer zu erreichen. Nun erwarten die Stadtwerke, dass Tennet den Betrieb der Fünf-MW-Windenergieanlagen im August und damit am Sommerende zulässt – und zwar dann erst im Testbetrieb der Umspannplattform.
Warum der Netzanschluss weiter auf sich warten lässt, scheint zwischen den Partnern nicht endgültig geklärt zu sein. Bei Trianel ließ eine Pressesprecherin wissen, dass auch die Stadtwerke mit Informationen darüber nicht ausreichend versorgt seien.
Inzwischen antwortete Tennet auf Anfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN aber, die jüngsten "Verzögerungen im Projekt Dolwin1", wie die für Trianels Offshore-Projekt zuständige Umspannplattform heißt, sei "nicht zuletzt der Komplexität des Projektes und der Offshore-Konverterstationen geschuldet". Jede dieser Umspannstationen sei "ein Einzelstück mit anspruchsvollen technischen Komponenten" - und demzufolge offenbar nur schwer gemäß vorher abgesteckten Zeitplänen zu installieren. Dabei stellt Tennet nun konkret in Aussicht, dass der Probebetrieb vielleicht schon Ende Juli, spätestens Anfang August starten solle - und nach zehn bis zwölf Wochen für den kommerziellen Betrieb bereit sei: Spätestens im November demnach, nicht aber vor Oktober.
Finale Investitionsentscheidung auch nach Kassenlage?
Aber auch Trianel schiebt die weitere Entwicklung des auf insgesamt 400 MW konzipierten Windparks auf. Eine finale Investitionsentscheidung und erst recht die weiteren Zeitpläne für Trianel Windpark Borkum II stehen noch aus. „Wir konzentrieren uns nun darauf, dass Tennet jetzt den Netzanschluss auch bereitstellt. Die Investitionsentscheidung für die zweite Windparkhälfte treffen wir erst, wenn der Park am Netz liegt“, erklärt die Sprecherin.
Dabei dürfte auf der Hand liegen, dass die nächste Investitionszusage wesentlich auch von der finanziellen Situation der Kommunen abhängen wird, die nun erst einmal ihre finanziellen Möglichkeiten prüfen müssen. Mit einem eventuellen Abwarten der Verabschiedung einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im August und damit der genauen künftigen Einspeisevergütungen habe das Zögern der Stadtwerke nichts zu tun, heißt es bei Trianel. Die Investition des ersten Abschnitts kostete über eine Milliarde Euro, gut 200 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant. Allerdings sind in diesen Kosten bereits Vorarbeiten für den zweiten Bauabschnitt enthalten, weil die Projektpartner bereits Bodenvoruntersuchungen die parkinterne Umspannplattform oder etwa Genehmigungen für beide Parkhälften zugleich erledigten. Insgesamt war der Windpark auf ein Investitionsvolumen von 1,6 Milliarden Euro taxiert.
(Tilman Weber)