Wie die Daten der vom Erneuerbare-Energien-Institut Fraunhofer ISE gepflegten Statistik Energy-Charts bereits Mitte Dezember verraten, dürfte die Windkraft die Messlatte auf Höhe von 100 TWh in den nächsten Tagen reißen. So zeigte das ISE-Barometer am Abend des 15. Dezember eine Einspeisung von bereits 7,66 TWh im Abschlussmonat des nun ausgehenden Jahres 2017 an. Damit haben die mit inzwischen einer Erzeugungskapazität von zusammen rund 50 Gigawatt (GW) ihren Strom produzierenden knapp 30.000 Windturbinen bereits fast 97 TWh ins öffentliche Stromnetz abgegeben. Würden sie in der zweiten Hälfte nur ebenso gut arbeiten, wie in den ersten 15 Tagen des Monats, käme die eingespeiste Elektrizität aus dem Wind in Deutschland 2017 auf ein Volumen von gut 104 TWh. Dabei fehlt noch die Erzeugung von einer Nacht und einem weiteren halben Tag, bis die Monatsmitte wirklich erreicht ist.
Verantwortlich für die rasante Zunahme der Windstromerzeugung ist nicht zuletzt der gewaltige Zubau neuer Windparks: So erzeugten die noch im vergangenen Jahr mit wieder über fünf GW an Land und im Meer hinzu gekommenen Turbinen ihre ersten vollständigen zwölf Monate lang. In diesem Jahr werden gemäß Erwartungen der Fachagentur Windenergie an Land sogar rund sechs GW hinzugekommen sein, wovon zumindest ein bedeutender Teil ebenfalls schon zum hohen Windstromaufkommen beitrug. Zudem waren 2017 auf dem Meer neue Windparks in die gewöhnliche Einspeisephase übergegangen: Insbesondere der seit seinem Bau vor sieben Jahren unter technischen Problemen leidende Windpark Bard erzeugt seit April stabil Strom und wird alleine 0,9 bis eine TWh beigetragen haben. Grob gepeilt geben die Offshore-Daten des Energy Charts eine jährliche Erzeugung von schon zehn TWh her. Zum Vergleich: 2016 waren es noch gut 40 bis 50 Prozent weniger.
Verantwortlich für den gewaltigen Anstieg der Verstromung der Energie aus der Luft waren nicht zuletzt auch mehrere Stürme im Herbst. Der ebenfalls wieder windige Dezember allerdings kam bisher ohne Orkane derselben Intensität wie die Sturmtiefs vor allem im September und Oktober zu einer starken Erzeugung.
Bemerkenswert auch, dass die Windparks den monatlichen Wert von zehn TWh 2017 mit Sicherheit bereits drei Mal erreichten und im Oktober mit 12,64 TWh sogar deutlich übertrafen. Mit dem Dezember winkt nun der vierte Monat mit Minimum 10 TWh Erzeugung. So hoch war die Einspeisung bisher ohnehin nur erst in einem einzigen Jahr zuvor: 2015 gab es nur zwei Monate und damit halb so viel oberhalb der Marke von 10 TWh.
An der sogenannten Nettostromerzeugung – der Stromproduktion aller ins öffentliche Netz einspeisenden Kraftwerke in Deutschland abzüglich des anfallenden Eigenverbrauchs dieser Anlagen – würde die Windkraft damit gemessen an der öffentlichen Nettostromerzeugung aller Kraftwerke in Deutschland im vergangenen Jahr einen Anteil von 17 bis 18 Prozent erreichen. Herangezogen sind hier die Nettostromerzeugungsdaten laut öffentlichem Statistikdienst Statista. Damit treibt die Windkraft übrigens auch die Erzeugung der Erneuerbaren insgesamt zu neuen Rekordanteilen. Einen Anteil aller Erneuerbaren-Anlagen an der Jahresstromerzeugung von 38 Prozent – Stand Mitte September – kalkuliert hier das Fraunhofer Ise. Dessen Daten sind allerdings immer ein wenig positiver gerechnet sind als die von Statista. Laut Fraunhofer ISE wiederum haben die Erneuerbaren schon in drei Wochen des nun bald vollständigen Jahres einen Anteil von 50 Prozent und mehr an der Stromerzeugung erreicht. Das erste und bisher einzige Mal davor kam die Grünstromerzeugung nur in einer Woche im Jahr 2015 auf die Hälfte der gesamten Einspeisung.
Erstmals hat die Windkraft übrigens wie schon berichtet auch die Steinkohleverstromung eines ganzen Jahres übertroffen. Nur die Braunkohlekraftwerke erzeugen somit in Deutschland noch mehr als die Windturbinen. Allerdings übertraf die Windkraft die bei CO2-Emissionen vorne liegenden Braunkohleverstromer in diesem Jahr schon in zwei Monaten. Und Dezember könnte zum Jahreswechsel der dritte Monat geworden sein – jedenfalls übertraf die eingespeiste Windstrommenge die Stromeinspeisung aus den Braunkohlekraftwerken am 15. Dezember bereits um mehr als zwei TWh.
Während allerdings konventionelle Brennstoffe wie Steinkohle und Atomenergie-Brennstäbe tatsächlich jährlich weniger zur Erzeugung beitragen, bleibt die Einspeisung aus der Kohle aus den Tagebaugruben – wo die Braunkohle gewonnen wird – auf hohem Niveau. Bis November hatte sie mit gut 123 TWh fast exakt den Wert des Vorjahres nach ebenfalls elf Monaten wieder erreicht. Die Atomenergie hingegen wird im kommenden Jahr erneut ein wenig Kapazitäten des deutschen Stromnetzes für die zunehmende Einspeisung aus Erneuerbaren freimachen: Ende 2017 schaltet der Kernkraftwerksblock B im bayerischen Gundremmingen entsprechend dem deutschen Atomkraftausstiegsplan ab.#
(Tilman Weber)