H2ready oder nicht? Sind die festen LNG-Terminals, die derzeit für Flüssiggas aus dem Boden gestampft werden, wirklich in der Lage, auch erneuerbare Energieträger wie Ammoniak oder Wasserstoff aufzunehmen? Eine neue Studie des Fraunhofer ISI im Auftrag der European Climate Foundation (ECF) kommt zu dem Ergebnis: Es gibt erhebliche Unsicherheiten.
Andere physikalische Eigenschaften sorgen für technische Herausforderungen
Sowohl Ammoniak als auch flüssiger Wasserstoff stellten die Terminalinfrastruktur vor technische Herausforderungen, so die Studie: Ammoniak hat eine günstigere Siedetemperatur als LNG und daher geringere Anforderungen an die thermische Isolation, ist aber korrosiv und giftig. Flüssiger Wasserstoff hingegen hat einen noch niedrigeren Siedepunkt als LNG, kann Materialversprödung verursachen und geht aufgrund des Explosionsrisikos mit hohen Sicherheitsanforderungen einher.
Von „ready“ kann keine Rede sein
Auch wenn die LNG-Infrastruktur manchmal im Hinblick auf die künftige Verwendung von Ammoniak oder Wasserstoff als „ready/bereit“ gilt, erfordere die Umstellung erhebliche technische Anpassungen und ziehe zum Teil hohe Kosten nach sich, ermittelten die Forschenden. Es sei nicht möglich, die entsprechenden Terminalkomponenten gleichzeitig mit verschiedenen Energieträgern zu betreiben oder flexibel ohne Anpassungen von einem zum anderen zu wechseln.
Im Falle von Flüssigwasserstoff führen das Fehlen praktischer Anwendungen im großindustriellen Maßstab – es gibt nur einen Prototyp eines Importterminals in kleinerem Maßstab in Kobe, Japan – und die geringe oder fehlende Nachfrage und der fehlende Markt für Flüssigwasserstoff zu weiteren Unwägbarkeiten.
Erneuerbare Energieträger bei der Planung mitdenken
Matia Riemer, Ko-Autorin der Studie, unterstreicht die Ungewissheit bei der Frage, ob sich die LNG-Importterminals in klimaneutralen Energiesystemen einsetzen lassen: „Derzeit ist unklar, ob die Terminals mit ihren hohen Investitionskosten in Zukunft weiter nutzbar sind. Um dieses Risiko gering zu halten, sollte bereits in der Planungsphase der LNG-Terminals ein Konzept für deren Umstellung auf andere Energieträger erstellt und bei der Material- und Standortwahl berücksichtigt werden.“
So könnten kompatible Materialien wie spezieller Edelstähle für den Lagertank zu Einsatz kommen, das mit Abstand teuerste Bauteil. Laut Schätzungen lassen sich von den Investitionskosten, die für den Bau des LNG-Terminals ursprünglich anfielen, etwa 70 Prozent bei der Umrüstung in ein Ammoniak-Terminal übertragen, wenn denn die Umrüstung in der Planungsphase mitgedacht wurde.
Bei flüssigem Wasserstoff ist neben der Materialkompatibilität eine zusätzliche thermische Isolierung des Tanks erforderlich oder es muss ein höherer Boil-off in Kauf genommen werden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind schwieriger abzuschätzen, da es an Erfahrungen mit Infrastrukturen im industriellen Großmaßstab fehlt. Durch die hohen Kosten des LNG-Tanks ist jedoch davon auszugehen, dass sich etwa 50 Prozent der ursprünglich in das LNG-Terminal investierten Kosten übertragen lassen, wenn beim Bau des Tanks die Materialverträglichkeit berücksichtigt und ein höherer Boil-off in Kauf genommen wird.
Nicht nur technische Probleme sind zu lösen
Dr. Florian Schreiner, der das Projekt am Fraunhofer ISI koordiniert hat, stellt klar, dass die die Frage nach der Machbarkeit der Umrüstung von LNG-Terminals auf Flüssigwasserstoff- oder Ammoniak-Terminals hängt von vielen Faktoren abhänge: „Zum einen ist die zukünftige Nachfrage nach beiden Energieträgern ungewiss und wir benötigen verlässlichere Bedarfsprognosen, um die Planungssicherheit zu verbessern. Darüber hinaus hängt die Machbarkeit auch von individuellen Merkmalen der Terminals und ihren Standorten ab.“ So könnten zum Beispiel Industrieparks in der Nähe zum Austausch wertvoller „Energieabfallströme“ beitragen oder Verteilinfrastrukturen wie Pipelines bieten.
Das Zusammenbringen von Industrie, Infrastrukturentwicklern, Wissenschaft, Politik und anderen Stakeholdern sei daher unabdingbar, so die Wissenschaftler, um sowohl eine langfristige Festlegung auf die fossile Infrastruktur zu vermeiden als auch die Planungssicherheit für Investoren zu verbessern, da die Infrastruktur über Jahrzehnte genutzt wird und eine wichtige Rolle im Rahmen des Umbaus des Energiesystems hin zu einer klimaneutralen Zukunft spielt. (kw)
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