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Kommentar

Wahlkampf ohne Klimaschutz – kein gutes Omen

Erinnern Sie sich an den Bundestagswahlkampf 2021? Klimaschutz war eines der wichtigsten Themen, Fridays-for-Future-Demos mobilisierten nicht nur Schülerinnen und Schüler, sogar die Wahl einer grünen Bundeskanzlerin erschien zwischenzeitlich möglich.

Und jetzt? In meinem Wohngebiet hängen die ersten Wahlplakate – und nicht mal die Grünen trauen sich, Klimaschutz draufzuschreiben. Mag sein, dass das noch anders wird, aber klar ist: Klimaschutz ist im Wahlkampf 2025 kein Thema. Im Gegenteil: Die Parteien fürchteten, es könne sich um ein Verlierer-Thema handeln, sagte jüngst Eva Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes und Mitglied der Klimaallianz.

Klima-Allianz fordert von Parteien Wettbewerb um die besten Klimaschutzideen

2024 war das wärmste je gemessene Jahr? Egal!

Angesichts der erschreckenden Nachrichten ist das mehr als fahrlässig. 2024 war das wärmste je gemessene Jahr, und das erste, in dem das in Paris festgeschriebene 1,5-Grad-Ziel überschritten wurde. Die Temperaturen steigen schneller, als Wissenschaftler:innen erwartet haben. Die Zeit, den Temperaturanstieg auf unter 2 Grad zu begrenzen, wird knapp.

Erstmals 1,5 Grad wärmer

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Nötig wäre es also nicht nur, die bereits beschlossenen Klimaschutzgesetze konsequent umzusetzen, statt sie zu verwässern. Vielmehr müssten größere Anstrengungen unternommen werden, um die vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Klimagerechtigkeit umzusetzen: Uns nachfolgende Generationen dürfen keinen beschädigten Planeten bewohnen müssen, nur weil wir zu bequem sind und unser Verhalten nicht ändern wollen.

Vorsorge ist schwer vermittelbar

Politiker:innen müssten also mutig sein und den Menschen sagen, was eigentlich jeder weiß: Ein Lebensstil, der mehr Ressourcen verbraucht, als nachwachsen können, ist früher oder später zum Scheitern verurteilt. An diesem Punkt sei kurz an die schwäbische Hausfrau erinnert, die so gern in Diskussionen um ausgeglichene Haushalte zitiert wird. Geht es um natürliche Ressourcen, hat sie leider nichts zu melden.

Aktuelle Studie: Agora Energiewende zeigt Wege zur Finanzierung der Energiewende

Doch so wie in der Medizin mit Vorsorge kaum ein Blumentopf zu gewinnen ist, ist es auch im Klimaschutz: Es fehlen fühlbare Erfolge. Dass etwas Schlimmes und wenig Greifbares nicht passiert, merkt halt keiner. Sich für ein messbares, aber nicht spürbares Ziel zu verändern, fällt schwer. Keine Anstrengung ohne Belohnung, so tickt das menschliche Gehirn. Umso mehr ist nicht nur die Politik gefordert, die für alle erkennbaren positiven Folgen des Klimaschutzes zu beschreiben: saubere Luft auch in der Stadt, erschwinglicher ÖPNV auch auf dem Land, Wertschöpfung im ländlichen Raum, neue Arbeitsplätze. Zu hören ist davon wenig.

Klimakanzler Merz?

Optimisten gehen davon aus, dass sogar Friedrich Merz zum Klimakanzler wird, weil er durch bestehende Gesetze, EU-Ziele und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz verpflichtet ist. Meine Befürchtung ist aber, dass eine neue Regierung nicht mehr Kraft aufbringen kann oder will als das Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP, um diese Verpflichtungen einzuhalten oder sogar zu verschärfen. Die öffentliche Aufmerksamkeit – und damit die der Politik – liegt auf anderen Themen. Dass der Klimaschutz in diesem Wahlkampf keine Rolle spielt, kann dazu führen, dass viele Wählerinnen und Wähler hier auch keine großen Taten von der künftigen Regierung erwarten. Stattdessen spielt die Erhaltung des Status quo die wichtigste Rolle. Und das ist eine schlechte Nachricht für den Klimaschutz, der von uns allen Veränderungen verlangt.

Katharina Wolf, freie Journalistin

Mark Mühlhaus | attenzione

Katharina Wolf, freie Journalistin