Wohin mit dem überschüssigen Solar- und Windstrom? Wie sollen die Netze stabilisiert werden, wenn immer mehr Solar- und Windkraftanlagen die Versorgung übernehmen? Mit diesen Fragen hat sich die Plattform „Pumpspeicherwerke – Partner der Energiewende“ der Deutschen Energie-Agentur (Dena) beschäftigt. Sie sieht vor allem im Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken die Lösung. Sie seien die einzigen großtechnischen, erprobten und verfügbaren sowie besonders flexibel einsetzbaren Stromspeicher, erklären die Autoren der von der Dena herausgegebenen Studie „Netzstabilität und Versorgungssicherheit durch Pumpspeicherwerke“. „Außerdem stellen sie zuverlässig viele verschiedene Systemdienstleistungen für einen stabilen Netzbetrieb bereit“, betont die Agentur. „Insbesondere in Stunden mit geringer Residuallast, wenn geringe konventionelle Erzeugungsleistung am Netz ist, leisten Pumpspeicher einen wesentlichen Beitrag zum Ausgleich von Prognoseabweichungen und fördert darüber hinaus die Integration der Strommengen aus erneuerbaren Energien.“
Pumpspeicher benachteiligt
Deshalb fordern die Autoren der Studie auch, die Pumpspeicherkraftwerke endlich von den Netzentgelten zu befreien. „Im gesamten Prozess der Pumpspeicherung fällt das Netzentgelt doppelt an“, kritisiert die Dena-Plattform. Denn das Pumpspeicherwerk zahlt Netzentgelt, wenn es Strom aus dem Netz zieht, mit dem die Pumpen das Wasser ins obere Speicherbecken fördern. In diesem Pumpbetrieb wird es selbst als Letztverbraucher eingestuft. Wenn es Strom ins Netz einspeist, muss zwar der Betreiber des Pumpspeicherwerks kein Netzentgelt bezahlen. Jedoch verlangt der Netzbetreiber vom Stromkunden, der die Energie aus dem Pumpspeicherwerk verbraucht, abermals Netznutzungsentgelt. Darin sehen die Autoren der Studie eine erhebliche Benachteiligung der Pumpspeicherkraftwerke.
Die Studie ist das erste Ergebnispapier der Plattform. Das Problem: Werden die erneuerbaren Energien die Stromversorgung übernehmen, schaffen die Pumpspeicherwerke allein nicht mehr den Ausgleich. Denn wenn man bei einer installierten Solarstromleistung von 200 Gigawatt die Abregelung von Anlagen vermeiden möchte, müssen bei einer Überschussleistung von 70 Gigawatt täglich 500 Gigawattstunden gespeichert werden, haben die Experten von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin ausgerechnet. „Diese Energiemenge entspricht mehr als dem Zehnfachen der Speicherkapazität der heute in Deutschland in Betrieb befindlichen Pumpspeicherkraftwerke“, warnen die Berliner Wissenschaftler. Denn derzeit haben die deutschen Pumpspeicherkraftwerke eine Speicherkapazität von gut 40 Gigawattstunden.
Zentrale Speicher reichen nicht aus
Zwar gehen die Dena-Fachleute davon aus, dass derzeit in Deutschland Pumpspeicherkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 9.240 Megawatt zur Verfügung stehen. Dazu kommen noch 1.800 Megawatt in Österreich und 1.100 Megawatt in Luxemburg, die an das deutsche Stromnetz angeschlossen sind. Außerdem sind derzeit 23 weitere Pumpspeicherprojekte in Deutschland in der Planung. Doch deren Realisierung hängt vor allem von den Rahmenbedingungen ab, um diese Kraftwerke auch wirtschaftlich betreiben zu können.
Selbst wenn alle diese Projekte umgesetzt werden, wird dies nicht ausreichen, um den wachsenden Bedarf an Speicherkapazität bereitzustellen. „Zentrale Speicher werden in absehbarer Zeit nur einen Teil der Energiemenge aufnehmen können“, resümieren die Wissenschaftler von der HTW Berlin. „Langfristig stehen dann auch bei der Power-to-Gas-Technologie große Speicherkapazitäten zur Verfügung, da hier das Gasnetz als Speicher nutzbar gemacht werden kann.“
Solarstrom kommt im Pumpspeicher nicht an
Auch der Solarenergie-Förderverein (SFV) sieht keine Notwendigkeit, neue zentrale Pumpspeicherkraftwerke zu bauen. Er sieht das Pumpspeicherkraftwerk als einen Teil des alten Energiesystems. „Pumpspeicher waren im Zusammenwirken mit langsam regelbaren fossilen und atomaren Kraftwerken sinnvoll, weil sie auf kurzfristige Änderungen der Stromnachfrage schneller reagieren konnten und damit den schwer regelbaren Kraftwerken einen zeitlichen Spielraum verschafften, in dem die ihre Leistung dem sich ändernden Bedarf anpassen konnten“, erklärt der SFV. „Für diese direkte Hilfeleistung und wegen der hohen zu transportierenden Leistungen sind Pumpspeicher im Hochspannungsnetz angebunden.“ Doch mit der Energiewende hat sich diese Situation verändert. Denn viele Solaranlage speisen in den Mittagsstunden ihren Strom in das Nieder- und Mittelspannungsnetz ein. Bevor der Strom überhaupt im Hochspannungsnetz ankommt, an das die Pumpspeicherkraftwerke angeschlossen sind, machen die Mittel- und Niederspannungsnetze dicht und lassen keinen Solarstrom mehr ins Netz. Deshalb schlägt der SFV vor, sich stärker auf den Ausbau dezentraler Speicherkapazitäten zu konzentrieren. Denn diese sind in das Nieder- und Mittelspannungsnetz integriert und können damit den Solarstrom auch aufnehmen, was die Pumpspeicherkraftwerke nicht können, weil dieser Solarstrom bei ihnen gar nicht ankommt.
Auf der anderen Seite können die Pumpspeicherkraftwerke den Strom aus großen Windparks an Land und auf hoher See sowie aus großen Solarparks aufnehmen. Damit behalten sie auch ihre Bedeutung im Rahmen der Energiewende. Allerdings sollten ihre Möglichkeiten nicht überschätzt werden. (Sven Ullrich)