Die angekündigte Neuausrichtung beim bisherigen reinen Windkraftentwickler PNE Wind aus Cuxhaven lässt fast nichts aus: Weniger Megawatt (MW), mehr Stromqualität, bessere Strompreise, mehr Dienstleistungen für Dritte, Anlagenerrichtungen als Generalunternehmer, mehr Globalanbieter sein für viele Energieversorgungsarten mit großen Firmen als Endkunden – und ein Aufbau eigener Kapazitäten von Sektorkopplungsanlagen, genauer: von Kombikraftwerken, die Wind- und Sonnenenergieanlagen kombinieren und deren zeitweisen Energieüberschüsse in Wasserstoff umwandeln. So ließe sich laut dem Sprecher des Unternehmens, Rainer Heinsohn, die jetzt vom Unternehmen in einer längeren Pressemitteilung beschriebene geschäftliche Orientierung ab 2018 zusammenfassen. „Die PNE Wind AG richtet ihr operatives Geschäft strategisch neu aus und stellt ihre Aktivitäten national wie international auf eine deutlich breitere Basis“, heißt es da. Der PNE-Vorstandsvorsitzende Markus Lesser lässt sich mit der genaueren Erklärung zitieren: „Wir werden uns vom Spezialisten für Projektierung, Bau und Betrieb von Windparks zum Anbieter von Lösungen für saubere Energie weiterentwickeln.“ PNE werde damit „Clean Energy Solution Provider“.
Die Nordniedersachsen begründen den Strategieschwenk direkt mit dem stark erhöhten Wettbewerbsdruck aufgrund stark abschmelzender Vergütung und rückläufiger staatlicher Förderung in vielen Ländern. Insbesondere auch das zunehmende Risiko des Projektgeschäftes infolge der in immer mehr Ländern eingeführten Ausschreibungen der künftig zu bauenden Windparks erwähnt PNE als Motiv für die Neuausrichtung. PNE wolle somit auch Marktrisiken minimieren und „mittelfristig vor allem die bisher sehr volatilen Ergebnisse verstetigen“ – die geschäftlichen Ergebnisse sollen also somit stetiger ausfallen.
Als besonderen Clou will PNE Wind deshalb auch Kombikraftwerke zur Sektorenkopplung entwickeln, aufbauen und selbst betreiben – und dabei überschüssige Energie aus Wind- und Photovoltaikanlagen in Wasserstoff umwandeln und so diese Energie speichern. Mit dem Wasserstoff will PNE Wind dann die Energieverbrauchssektoren Wärme und Verkehr beliefern, also den Wasserstoff in Gasleitungen einspeisen oder zum Betanken von Wasserstoffautos anbieten. Bioenergieanlagen will PNE allerdings weiterhin nicht planen oder betreiben, wie Heinsohn erklärt.
Auch direkter Stromvermarkter und Stromlieferant wollen die Cuxhavener werden. In so genannten Power Purchase Agreements (PPA), Stromlieferungsverträgen für große Firmen, wollen sie große Strommengen zu langfristig gesicherten Preisen direkt absetzen. In Deutschland brauche es dazu aber noch gesetzliche Änderungen, betont Heinsohn. In einigen Auslandsmärkten des Unternehmens wie Frankreich, Schweden und vor allem USA sieht der Sprecher hingegen schon jetzt mehr Geschäftsgelegenheiten dafür. Der reine Verkauf von Windstrom an den Strombörsen hingegen bringt hingegen seit längerem keine rentablen Kilowattstundenpreise ein.
Dennoch will PNE auch noch ein Portfolio von 200 Megawatt (MW) an internationalen Edelwindparkprojekten aufbauen und im klassischen Projektgeschäft verkaufen. Bis 2020 soll dieser Aufbau einer neuen Kapazität beendet. Durch ganz besonders genaues Einhalten der geplanten Projektphasen und durch eine bestmögliche Übereinstimmung der Wind- und Ertragsprognosen für die neuen Standorte mit den tatsächlich zu erzielenden Ergebnissen will PNE Wind besonders hochwertige Projekte schaffen. Soll heißen: Und sicherlich dafür dann auch eine besonders gute Rendite erzielen.
Der Projektierer will zudem auch noch neue Auslandsmärkte anstreben: In vom Zustand der Wirtschaft und Infrastruktur her als „Schwellenländer“ eingestuften Staaten will PNE nach eigenen Angaben insbesondere angreifen. Denkbar seien hierbei Märkte sowohl im mittleren wie fernen Osten Asiens, in Lateinamerika und in Afrika.
Seit eineinhalb Jahren folgt das Unternehmen PNE Wind einem Kurs der kontinuierlichen Konsolidierung: Nach einem chaotischen Führungsstreit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand – wobei die Konfliktlinien teils auch zwischen den Personen beider Gremien verliefen – gab es im Frühjahr 2016 eine personell fast komplett neue Zusammensetzung der Führungsposten. Außerdem stiegen in diesem Jahr zwei größere Kapitalinvestorengesellschaften ein: die Luxemburger Active Ownership Capital, und die Hamburger SPSW Capital. SPSW hatte danach auch zwei eigene Wunschkandidaten im Aufsichtsrat positionieren können. Der am 16. Februar auf einen Tiefstpreis von 1,67 Euro abgesackte Aktienwert der einzelnen Wertpapiere des Projektierers stieg seither auf niedrigem Niveau aber kontinuierlich an – und erreichte in dieser Woche erstmals seit Sommer 2014 wieder Werte von über 1,90 Euro.
PNE-Sprecher Heinsohn betont auf Anfrage, dass PNE die Neuausrichtung des Geschäfts und den Aufbau beispielsweise von Sektorkopplungsanlagen aus eigenen Mitteln bestreite. Man werde hingegen nicht auf Kapital der Großinvestoren des Unternehmens zurückgreifen: „Wir haben uns eine sehr gute Liquidität gesichert.“ Tatsächlich meldete das Unternehmen noch am Freitag, 17. November, es habe eine Eigenkapitalfinanzierung durch die IKB Bank von 25 Millionen Euro gesichert – um damit den geplanten Aufbau des Portfolios von 200 Megawatt internationaler Windenergieprojekte zu starten.
(Tilman Weber)