Viele Verteilnetzbetreiber stehen zunehmend vor der Herausforderung, ihre Netze fit für die Energiewende zu machen. Schließlich speisen immer mehr dezentrale Erzeuger ihren Strom ein. Die Netzbetreiber stehen dann vor der Aufgabe, diesen Strom aufzunehmen und so zu verteilen, dass es zu keinen Schieflagen im Netz kommt.
Kraftwerk in zwei Containern untergebracht
Um diesem Problem zu begegnen, entscheiden sie sich immer häufiger für die Integration von großen Speichern, deren hauptsächliche Aufgabe es ist, das Stromnetz stabil zu halten, auch wenn viele dezentrale Produktionsanlage unstet Strom in das Netz schieben. Jetzt ist die Energiewende auch im tiefsten Allgäu angekommen. Im entlegenen Ortsteil Bruck der Gemeinde Bad Hindelang bei Sonthofen steht seit Kurzem das erste Batteriekraftwerk. Es besteht aus zwei Speichern von ADS Tec aus Nürtingen. Insgesamt haben die zwei Speichercontainer, in denen sowohl die Batterien als auch die komplexe Steuerung, die gesamte Leistungselektronik, der Trafo und die Klimatisierungstechnologie untergebracht ist, eine Maximalleistung von 1,5 Megawatt. Mit dieser Leistung können die Speicher insgesamt 1,25 Megawattstunden Strom aufnehmen oder wieder ins Netz einspeisen, wenn die Last die Erzeugung übersteigt. Der Großspeicher ist in das europäische Verbundnetz eingebunden und übernimmt seit Februar 2018 Aufgaben der Netzstabilisierung.
Batteriespeicher sind flexibler als alte Kraftwerke
Bisher haben die fossilen Kraftwerke solche Netzdienstleistungen übernommen. „Der Ausbau von Großbatteriespeichern zur Stabilisierung der Stromnetze nimmt heutzutage eine immer wichtigere Rolle ein, sei es zur Sicherung der Industrie oder des Tourismus in beliebten Skigebieten“, betont Patrick Weiß, Projektingenieur bei ADS Tec. Im Vergleich zu den fossilen Kraftwerken sind sie sogar noch besser geeignet, die Stromnetze stabil zu halten. Denn die Reaktionszeit eines Lithium-Ionen-Batteriespeichers ist in Gegensatz zu einem großen Kohle- oder Gaskraftwerk sehr schnell und flexibel. Im Bruchteil von Sekunden kann eine große Menge an Strom aus dem Netz aufgenommen und wieder abgegeben werden. Auch aus wirtschaftlichen Gründen biete diese Technologie heute schon Vorteile, betonen die Speicherexperten von ADS Tec.
Ohne Fördermittel gebaut
Doch um die Speicher wirtschaftlich betreiben zu können, sind die Netzbetreiber auf ein zusätzliches Geschäftsmodell angewiesen. Schließlich wurde das Kraftwerk komplett ohne Fördermittel errichtet. Deshalb wurden auch der Großspeicher in Bruck für den Regelenergiemarkt präqualifiziert. Seit seiner Inbetriebnahme liefert er Primärregelleistung für das regionale Mittelspannungsnetz. Die Wartung der Anlage hat ADS Tec übernommen. Betrieben wird die Anlage von Allgäuspeicher, einer vom Allgäuer Überlandwerk und vom Berliner Vermarkter von Speicheranlagen am Regelleistungsmarkt Enesto eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft. Das Speicherkraftwerk sei aus betriebswirtschaftlichen Gründen errichtet worden, erklären die Projektbeteiligten. Die technische und kaufmännische Betriebsführung liegt in den Händen der Allgäuer Kraftwerke. (Sven Ullrich)