Nach den Herstellern von Maschinen und Anlagen zur Produktion von Photovoltaikkomponenten hat sich die nächste Wertschöpfungsstufe zu Wort gemeldet. Die Hersteller von kristallinen Siliziumkristallen für die Produktion von Solarzellen wollen auch ihren Beitrag zur weiteren Erhöhung des Wirkungsgrades leisten. Auf ihrer jährlichen Konferenz, die dieses Mal im fränkischen Bamberg stattfand, stellen die Vertreter aus den Entwicklungsabteilungen der Hersteller ihre Forschungsprojekte vor.
Kristallfehler verringern
Ein zentrales Thema ist natürlich die Produktion von polykristallinem Silizium. Schließlich werden mehr als 80 Prozent der weltweit hergestellten Solarzellen aus diesem Rohstoff gefertigt. Mittels verschiedener Kristallisationstechnologien sollen die Wafer besser werden. Deshalb lag der fachliche Schwerpunkt der Konferenz auf der aktuellen Entwicklungen im Bereich des sogenannten High Performance Multi (HPM). Um dieses Siliziummaterial zu produzieren, stellen die Hersteller gleich am Anfang der Kristallisation des Siliziums ein feinkörniges Gefüge ein. Damit verringern sie die sogenannten Versetzungscluster, also Bereich, in denen der Kristall nicht homogen ausgebildet ist. Diese Versetzungscluster sind schließlich größtenteils für die geringeren Wirkungsgrade gegenüber monokristallinen Siliziumzellen verantwortlich. Mit dem HPM erwarten die Forscher eine Effizienzsteugerung der Solarzellen gegenüber dem heutigen Standard um mehr als 0,5 Prozent. Dabei steigen die Prozesskosten bei der Herstellung durch das kleinkörnige Gefüge nur marginal und werden durch den Gewinn an Effizienz schnell wieder amortisiert.
Quasi-Mono im Industriemaßstab
Bei der Produktion von monokristallinen Zellen dominiert heute ein Verfahren, dass vom polnischen Chemiker Jan Czochralski entwickelt wurde. Dabei wird der Kristall Schicht für Schicht an einem Kristallisationskern aufgebaut. Dieses Verfahren ist aufwändig, langwierig und energieintensiv. Aber es erlaubt die Herstellung reinster Kristalle mit sehr hohen Wirkungsgraden. Inzwischen haben die Forscher und Entwickler der Siliziumhersteller gezeigt, dass es auch anders geht. Sie haben bereits im industriellen Pilotmaßstab sogenanntes Quasi-Mono-Silizim hergestellt. Dabei erfolgt die Kristallisation auf monokristallinen Siliziumsubstraten. Zwar sind hier mehr Kristallfehler als im Chochralski-Silizium enthalten, aber deutlich weniger als im polykristallinen Silizium. Im Vergleich zur Chochralski-Methode ist die Herstellung des Quasi-Mono-Siliziums erheblich preiswerter. Die nächsten Schritte sind jetzt, die Kristallfehler im Industriemaßstab weiter zu reduzieren und die Kosten für dieses Verfahren weiter zu senken.
Einkristalle ohne Tiegel fertigen
Doch auch an der Verbesserung des Chochralski-Verfahrens arbeiten die Siliziumhersteller. Zwar erreichen Zellen aus dem reinen Siliziumkristall, der mit diesem Verfahren herstellt wird, die höchsten Wirkungsgrade. Doch der Ingot enthält verfahrensbedingt relativ viel Sauerstoff, der sich zwischen die Siliziumatome einlagert und zu Effizienzverlusten führt. Ein Grund für die Verunreinigungen ist, dass das Rohmaterial in einem Tiegel geschmolzen wird. Als Lösung sehen die Forscher und Entwickler die Produktion von monokristallinem Silizium ohne Tiegel. Forscher des Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik (CSP) in Halle haben schon gezeigt, wie das geht. Sie haben das sogenannte Float-Zonen-Verfahren zur günstigen Herstellung besonders reiner Siliziumkristalle bis zur Serienreife verfeinert. Dabei werden die Kristalle nicht mehr aus der Siliziumschmelze gezogen, sondern wachsen quasi in der Schwebe auf. Auch andere Forscher beschäftigen sich aktuell mit alternativen Kristallzüchtungsverfahren ohne Tiegel, die perspektivisch die kostengünstige Herstellung von monokristallinem, versetzungsfreiem und sauerstoffarmem Silizium ermöglichen.
Ein erhebliches Kostensenkungspotenzial liegt in der nächsten Herstellungsstufe – dem Schneiden der Wafer aus dem Kristall. Hier werden große Anstrengungen unternommen, um die Verluste beim Sägen zu reduzieren. Die Lösungen gibt es mit der Diamantdrahtsäge bereits. Doch jetzt muss diese die Sägetechnologie auf der Basis von Schleifmitteln komplett ersetzen. Mit den Diamantdrahtsägen ist es außerdem theoretisch möglich, die Wafer dünner als 100 Mikrometer zu schneiden. Das Problem ist allerdings, dass die Sägen mit Diamantkörnern besetzt und deshalb sehr teuer sind. Hier müssen vor allem die Herstellungskosten dieser Sägen sinken.
Wafer direkt aus der Schmelze
Eine zweite Variante ist, gleich auf das Sägen zu verzichten, indem die Wafer direkt aus der Schmelze gezogen werden. Ein solches sogenanntes Direct Wafer Verfahren hat 1366 Technologies aus Bedford, Massachusetts entwickelt. Dieses will Hanwha Q-Cells jetzt in die Serienfertigung einführen. „In den vergangenen 50 Jahren haben wir Silizium geschmolzen, aus dieser Schmelze Ingots gezogen, daraus Siliziumblöcke geformt und aus diesen Blöcken mit Drahtsägen Wafer geschnitten“, erklärt Frank van Mierlo, Geschäftsführer von 1366 Technologies. „Für diesen Prozess werden 18 verschiedene Maschinen benötigt. Außerdem ist der Materialverbrauch riesig und die Hälfte des Silizium bleibt als Sägeabfall zurück.“
Durch die direkte Produktion der Wafer aus der Siliziumschmelze bleibt kein Abfall und mit der Technologie wird nur noch eine Maschine benötigt. Dadurch brauche die Waferproduktion im Vergleich zur herkömmlichen Variante auch nur noch ein Viertel des Platzes in den Produktionshallen, betont van Mierlo. Diese ganzen Vorteile führen nach Angaben von 1366 Technologies dazu, dass die Kosten für die Waferfertigung auf die Hälfte im Vergleich zur herkömmlichen Produktion von Wafern sinken. Außerdem könne man mit der Direct Wafer Technologie gleichmäßigere Wafer fertigen, was wiederum ein erheblicher Vorteil bei der Zellproduktion ist, erklären die Amerikaner. Wie das Verfahren genau funktioniert, will van Mierlo aber nicht verraten. (Sven Ullrich)