Grüner Wasserstoff soll im Energiesystem der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Denn das mit überschüssigem Ökostrom hergestellte Gas eignet sich sowohl als saisonaler Energiespeicher als auf als Brennstoff für Elektrofahrzeuge. Selbst im Luftverkehr könnte Wasserstoff in Zukunft der Treibstoff der Wahl sein.
Produktion muss skaliert werden
Allen Anwendungen gemeinsam ist die Notwendigkeit der kalten Verbrennung des grünen Wasserstoffs in Brennstoffzellen. Denn dies ist der beste Weg, um aus dem Gas wieder Strom zu machen. Entsprechend wird auch der Bedarf an Brennstoffzellenstacks steigen. Das sind Stapel einzelner miteinander verschalteter Brennstoffzellen, um ausreichend elektrische Leistung zu erreichen. „Die Automatisierung bei der Produktion von Brennstoffzellen steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Bisher hat die Fertigung eher Manufakturcharakter“, weiß Friedrich-Wilhelm Speckmann. Er ist Gruppenleiter Wasserstofftechnologie am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA).
Elektrochemische Eigenschaften bestimmen
Das Forschungszentrum für intelligente Wasserstoff-Kreislaufwirtschaft H2BlackForest des Fraunhofer IPA hat deshalb zusammen mit dem IFF der Universität Stuttgart und des Campus Schwarzwald Institut ein Forschungsprojekt zur Qualitätskontrolle von Brennstoffzellenstacks in der Massenfertigung gestartet. Am Ende des Projekts soll ein Demonstrator für einen Prüfstand stehen, mit dem sich die elektrochemischen Eigenschaften eines Stacks mit Hilfe von innovativen Technologien schnell und effizient ermitteln lassen. „Wenn die Energiewende gelingen und vor allem im Schwerlastverkehr grüner Wasserstoff als Energieträger genutzt werden soll, dann brauchen wir so bald wie möglich effiziente Fertigungslinien sowie schnelle und kostengünstige Qualitätsprüfungen für Brennstoffzellenstacks“, begründet Speckmann die Notwendigkeit.
Qualitätskontrolle ist aufwändig
Denn ausgerechnet die Qualitätskontrolle ist bisher das Nadelöhr in der Produktion. Roboter können Brennstoffzellen zwar schnell und präzise aufeinanderstapeln, doch dann muss jeder dieser Stapel an verschiedene Messgeräte angeschlossen und durchgecheckt werden, beschreiben die Forscher:innen den Istzustand in der Produktion. Das kostet viel Zeit. Denn im ersten Schritt wird getestet, ob der Stapel dicht ist oder ob Gas, das unter Druck in die Zellen einströmt, entweicht. Im zweiten Schritt wird eine Leistungskurve gemessen. Daraus geht hervor, bei welchen Spannungen welche Stromdichte auftritt. Im jetzt gestarteten Projekt wollen die Forscher:innen erforschen, wie sich diese Prozesse optimieren lassen. Ein Ansatz ist es, die beiden Schritte zusammenzufassen.
400 Brennstoffzellen übereinander stapeln
Dazu nutzen die Forscher:innen eine vollautomatische Stackinganlage, die gerade auf dem Campus Schwarzwald aufgebaut wird. In der Pilotanlage stapelt ein Roboterarm die einzelnen Schichten aufeinander. Denn jede Brennstoffzelle besteht aus zwei dünnen Elektroden, die durch eine Membran getrennt sind. Die einzelnen Zellen sind über Bipolarplatten elektrisch miteinander verbunden. Durch sie wird außerdem später Wasserstoff und Luftsauerstoff zugeführt.
Durch die Automatisierung der Anlage entsteht in nur 15 Minuten ein Stack aus etwa 400 einzelnen Brennstoffzellen, das zusammengepresst und verspannt wird. „Da in diesem Demonstrator jeder Fertigungsschritt digital dokumentiert wird, steht uns ein umfangreicher Datenschatz zur Verfügung, den wir für die Qualitätssicherung nutzen können“, erklärt Speckmann.
Qualität am digitalen Zwilling prüfen
Schließlich wird die Produktionsanlage und Prüfeinrichtung mit umfangreicher Messtechnik ausgestattet. Diese liefert Sensordaten in Echtzeit, die wiederum in ein Simulationsmodell einfließen. Der so entstehende digitale Zwilling beinhaltet nicht nur die Fertigungsprozesse, sondern bildet auch jedes Bauteil detailliert ab. Auf Basis der umfangreichen Daten lassen sich die elektrochemischen Eigenschaften einzelner Zellen und kompletter Stacks prognostizieren. „Die virtuell berechneten Leistungskennlinien müssen dann nur noch durch punktuelle Messungen überprüft werden“, erklärt Speckmann. „Lange Messreihen lassen sich auf diese Weise vermeiden, vermutlich genügt es, Einzelmessungen durchzuführen. Stimmen diese mit den Vorhersagen überein, sind keine weiteren Tests erforderlich.“ Dadurch können die Forscher:innen den Zeitaufwand deutlich reduzieren – ein echter Gewinn für die Hersteller von Brennstoffzellen. (su)