In Deutschland sind etwa 265.000 Anlagen zur oberflächennahen Geothermie in Betrieb, allein 2011 wurden 24.400 Anlagen neu installiert. Angesichts restriktiver Genehmigungsverfahren und Auflagen für Erdsondenbohrungen werden horizontale Systeme wie Flächenkollektoren und Erdwärmekörbe immer interessanter, um die Vorteile einer erdgekoppelten Wärmepumpe wie die höhere Jahresarbeitszahl und den nahezu geräuschfreien Betrieb zu nutzen. Erdgekoppelte Wärmepumpen bieten zudem die Möglichkeit, ein Gebäude durch das so genannte Free Cooling mit sehr geringen Betriebskosten zu kühlen.
In der Geothermie werden horizontale Nutzungssysteme zur oberflächennahen Geothermie von vertikalen Systemen unterschieden: Horizontale Systeme wie Erdkollektoren, Erdregister, Erdwärmekörbe oder Grabenkollektoren werden bis zu einer Tiefe von fünf Metern eingebracht. Vertikale Systeme wie Energiepfähle und Erdwärmesonden werden je nach erforderlichem Wärmebedarf in Tiefen von zehn Metern (Pfähle) und bis 250 Metern (Sonden) versenkt. Bei der Auswahl eines Systems ist zunächst der Wärme- und Kältebedarf des Gebäudes entscheidend. Daneben gilt es, einige Rahmenbedingungen zu prüfen.
Nicht alle Böden sind gleichermaßen zur geothermischen Nutzung geeignet. Informationen zu den geothermischen Eigenschaften des Bodens bieten die Online-Geoportale der Länder (www.geoportal.de), die örtlichen Bauämter oder auch ortsansässige Geologen. Häufig hilft auch einfach die Frage bei Anwohnern, die bereits eine geothermische Anlage betreiben. Sollen Erdwärmekörbe oder Horizontalkollektoren verlegt werden, bringt bei einem Neubau ein Blick in die ausgehobene Baugrube die erforderlichen Informationen.
Böden bestimmen Entzugswerte
Neben der Art des Untergrunds (Körnung, Dichte) spielt insbesondere der Feuchtegehalt (Wärmeleitfähigkeit) eine Rolle. Besonders geeignet sind deshalb alle wassergesättigten Böden, bei denen spezifische Entzugsleistungen von bis zu 40 Watt je Quadratmeter erreicht werden können. Ungeeignet sind trockene, nichtbindige Böden wie Sand oder Kies. Bei Pfahlanlagen oder Erdsondenanlagen mit über 30 Kilowatt Entzugsleistung werden Thermal Response Tests zur Ermittlung der effektiven thermischen Leitfähigkeit des Bodens vor Ort vorgenommen, um genaue Daten für eine Auslegung und Simulation zu erhalten.
Grundwasser führt dem Rohr in der Erde permanent Wärme zu oder transportiert diese im Kühlfall ab. Deshalb ist auch die Höhe des Grundwasserspiegels zu beachten. Bei der hydraulischen Leitfähigkeit wird der Untergrund aus Locker- oder Festgestein nach Poren- und Trennfugendurchlässigkeit unterschieden. Bei Lockergestein (Porengrundwasserleiter) sind vor allem die Korngröße und Kornverteilung und bei Festgestein die Häufigkeit und Öffnungsweite der Trennfugen entscheidend für die hydraulische Leitfähigkeit.
Eine gute Durchfeuchtung durch versickerndes Regenwasser verbessert die Leistungsfähigkeit oberflächennaher Anlagen. Basis für die Planung und Auslegung der Anlagen ist die VDI 4640. Berücksichtigt werden dabei für Deutschland die 15 Klimazonen der DIN 4710.
Vorteile bei den Genehmigungen
Die Genehmigungsverfahren für den Bau von geothermischen Anlagen sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Gemeinsam ist allen Ländern, dass in den Wasserschutzzonen I und II generell nicht gebohrt werden darf. In der Zone III gelten strenge Auflagen. In diesen Zonen scheidet die Erdsonde als Energiequelle für Wärmepumpen häufig aus. In fast allen Ländern ist der Bau von geothermischen Anlagen zumindest meldepflichtig. Ansprechpartner sind zumeist die unteren Wasserbehörden. Bei Bohrungen ab 100 Metern gilt in Deutschland das Bergrecht. Dann sind zusätzliche Genehmigungen bei den Bergbauämtern einzuholen.
Einige Kommunen beschränken auch die Bohrtiefe auf beispielsweise 60 Meter. Dadurch werden möglicherweise mehr Bohrungen notwendig, um den Wärmebedarf eines Gebäudes zu decken. Es ist deshalb zu empfehlen, vor der Auftragserteilung einer Bohrung eine Anfrage an die untere Wasserbehörde zu stellen. Die Installation horizontaler geothermischer Systeme wie Erdwärmekörbe oder Erdkollektoren ist in den meisten Kommunen melde-, aber nicht genehmigungspflichtig. Auskunft erteilt dazu die untere Wasserbehörde.
Ausreichend Fläche entscheidet
Nicht nur die geologischen und genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen sind für die Auswahl eines geothermischen Wärmepumpensystems relevant. Vor allem bei Bestandsgebäuden stellt sich häufig die Frage, ob das Grundstück und seine Lage für Erdabsorber geeignet sind.
Große Grundstücke mit möglichst wenig Neigung sind ideal für Horizontalkollektoren. Ein Horizontalkollektor benötigt etwa die 1,5- bis zweifache Kollektorfläche im Verhältnis zur Fläche, die temperiert werden soll. Sprich: Um 150 Quadratmeter Wohnfläche zu beheizen oder zu kühlen, sind zwischen 225 und 300 Quadratmeter Kollektorfläche notwendig. Ein Erdwärmekorb benötigt deutlich weniger Platz. Zu rechnen ist mit etwa 30 Quadratmetern pro Korb inklusive des umschließenden Erdreichs und Abstandsflächen. Der Vorteil: Selbst Einfamilienhäuser mit relativ kleiner Grundstücksfläche können ohne aufwändige Bohrgenehmigung mit geothermischer Energie heizen und kühlen. Auch die Rohrqualität hat Einfluss auf den Flächenbedarf.
Kollektorrohre aus hochwertigem, hochdruckvernetztem Kunststoff PE-Xa müssen nicht eingesandet werden. Dies reduziert nicht nur Kosten und Zeit bei der Verfüllung, sondern erhöht auch die Energieeffizienz des Kollektors, denn das Erdreich hat in aller Regel einen deutlich höheren Wärmeleitwert als Sand. Damit kann die Kollektorfläche gegenüber Lösungen mit anderen Rohren reduziert werden. Die Fläche über Horizontalkollektoren und Erdwärmekörben sollte möglichst nicht überbaut werden. Eine Regeneration des Erdreichs durch die Sonne und Niederschläge ist sonst weitgehend ausgeschlossen.
Erheblicher Aufwand zur Verlegung
Parkplätze oder Gehwege können beispielsweise mit wasserdurchlässigen Rasengittersteinen ausgeführt werden. Eine Bepflanzung der Flächen ist problemlos möglich. Bäume oder Sträucher mit tiefen Wurzeln sind jedoch ungeeignet. Die Wurzeln könnten das Kollektorrohr zerstören. Die Pflanzen würden die Anlage zudem verschatten, was die Regeneration erschwert. Es müssen also ausreichend freie Flächen wie Rasen zur Verfügung stehen.
Die Erdwärmesysteme unterscheiden sich ganz erheblich, wenn man den Aufwand ihrer Verlegung betrachtet. Horizontalkollektoren werden mit einem Bagger eingebracht. Dazu werden entweder Gräben gezogen, um darin die Rohre zu verlegen, oder es wird eine größere Grundstücksfläche vollständig beräumt. Anschließend wird die Kollektoranlage ähnlich einer Fußbodenheizung eingebracht. Dabei ist auf ausreichende Flächen zur Zwischenlagerung der großen Aushubmenge zu achten. Einige Anbieter bieten auch die Verlegung im Pflug- oder Fräsverfahren an, bei denen die Zwischenlagerung des Aushubs weitgehend entfällt. Dies rechnet sich aber nur bei größeren Flächen, da die Maschinen selbst einen großen Platzbedarf zum Arbeiten benötigen. Vielfach werden die Schachtarbeiten in Eigenregie oder durch einen Garten- oder Tiefbauer durchgeführt.
Aushub zwischenlagern
Bei Erdwärmekörben ist ein Aushub von drei Metern Durchmesser und einer Tiefe von vier bis fünf Metern notwendig. Dabei sind einige Kubikmeter Aushub zwischenzulagern. Bei Sondenbohrungen wird das Grundstück mit einem schweren Bohrgerät befahren. Dazu hat in der Bauphase genügend Platz zur Verfügung zu stehen. Eines der wichtigsten Entscheidungskriterien ist die geplante Nutzungsart der Wärmepumpenanlage: Grundsätzlich wird zwischen Heizbetrieb, Kühlbetrieb (aktiv), Kühlbetrieb (passiv) oder Heizen und Kühlen im Dualbetrieb, aber auch Wärme- und Kältespeicherung unterschieden. Die Wärmepumpe muss natürlich zum Kühlen geeignet sein oder man braucht eine zusätzliche Station zur passiven Kühlung (Free Cooling).
Da in Einfamilienhäusern meist nur Anlagen mit weniger als 30 Kilowatt installiert werden, sind für kleinere Wohngebäude alle Nutzungsarten möglich. Für die Übergabe der Umweltwärme an die Räume empfehlen sich Flächenheizungssysteme wie Fußbodenheizungen oder Wandheizflächen. Im Kühlfall sind sie unbedingt notwendig, um die Wärme schnell aus dem Raum in die Hydraulik und die Erdkollektoren zu bringen. Im energieeffizienten Neubau ist eine Flächentemperierung meist bereits geplant, in Bestandsgebäuden kann man sie oft nachrüsten. Der Markt bietet geeignete Renovationssysteme für Fußboden, Wand und Decke an, für den Trockenbau und Nassbau, auch mit geringen Aufbauhöhen.
Passiv Kühlen im Sommer
Viele Neubauten haben während der Wintermonate heute nur noch einen geringen Heizwärmebedarf. Durch die starke Dämmung der Gebäudehülle entweicht kaum noch Wärme. Das ist im Winter ein großer Nutzen, kann allerdings in den Übergangszeiten und im Sommer als unbehaglich empfunden werden. Neben hohen solaren Lasten durch großflächige Verglasung bringen auch Bewohner, Computer, Großbildfernseher, Beleuchtung und andere elektrisch betriebene Geräte innere Wärmelasten in das Gebäude ein. Diese Wärme muss im Sommer wieder abgeführt werden.
Die passive Kühlung gilt als energieeffiziente Form der Kühlung von Gebäuden und ist in aller Regel nur mit einer geothermischen Anlage möglich. Viele Hersteller bieten dazu komplette Lösungen an, beispielsweise mit Erdwärmekörben und einer Pumpengruppe. Mit einer Umwälzpumpe, einem kompakten Wärmetauscher und einem Drei-Wege-Mischventil nimmt die Pumpengruppe Kälte aus der geothermischen Quelle auf. Denn selbst in den Sommermonaten erwärmt sich das Erdreich um den Erdwärmekorb in zwei bis drei Metern Tiefe nur auf etwa zwölf bis 13 Grad Celsius.
Komfort und Wohlbefinden
Die im Erdwärmekorb zirkulierende Sole nimmt diese Kälte auf und kühlt über den Wärmetauscher das Wasser im Flächenheizsystem auf die benötigte Temperatur. Dabei wird die nach ISO 7730 empfohlene Oberflächentemperatur des Fußbodens von 20 Grad Celsius nicht unterschritten. So steigert die passive Kühlung das Wohlbefinden der Bewohner und den Wohnwert des Gebäudes.
Dieses System ist auch bei den meisten älteren Anlagen nachrüstbar, die mit Öl- oder Gaskesselanlagen betrieben werden. Voraussetzung ist eine Flächenheizung, die mit einer entsprechenden Regelung für den Kühlfall und einer Taupunktüber-wachung ausgerüstet ist oder nachgerüstet werden kann. Diese passive Kühlung des Gebäudes über eine geothermische Anlage kommt ohne aktive Kühltechnik aus, also ohne Verdampfer, Ventilatoren und Lüftungskanäle. Zudem benötigt die Lösung im Betrieb gegenüber herkömmlichen Klima-Splitgeräten nur etwa drei Prozent der Stromkosten, denn es laufen nur die Heizkreispumpe der Fußbodenheizung und die Förderpumpe im Solekreis des Erdkollektors. Zudem werden elektrisch betriebene Kühl- oder Lüftungsgeräte von den meisten Menschen wegen der Geräusche und des Luftzugs als unangenehm empfunden – ganz abgesehen von ihrem vergleichsweise hohen Energiebedarf.
Die Frage nach der richtigen Wärmequelle kann man nicht pauschal beantworten. Aber überall dort, wo Boden und Grundstück den Einsatz von Erdwärmekörben zulassen, sind diese eine interessante Alternative zur Erdsonde. Geothermieanlagen haben in aller Regel eine lange Nutzungsdauer. Einmal installiert, verrichten sie viele Jahre ihre Arbeit. Sie stehen auch noch zur Verfügung, wenn die erste Wärmepumpe ausgetauscht werden muss. Zudem eignen sie sich für die kostengünstige passive Kühlung, die insbesondere im mitteleuropäischen Markt an Bedeutung gewinnt. Die Investition ist ein großes Stück Zukunftssicherheit.
Markus Steiner
Manager Business Development CE
Uponor GmbH
Dieser Beitrag erschien erstmals in der Mai-Ausgabe 2013 von ERNEUERBARE ENERGIEN - Das Magazin.