Vattenfall CCSPilotanlage Schwarze Pumpe zur Kohlendioxid-Abscheidung von Vattenfall. Baupläne für ein größeres Projekt in Jänschwalde, Brandenburg, gab der Versorger 2011 wegen "fehlender rechtlicher Grundlagen" auf.Foto: Vattenfall
Nach neuem Beschluss soll das Gesetz zur Demonstration der Kohlendioxidspeicher bundesweit die Einlagerung von vier Millionen Tonnen CO2 jährlich erlauben. Höchstens 1,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid dürfen Betreiber einer einzelnen Demonstrationsanlage aus dem Smog der Kohleverbrennung im Jahr filtern, verdichten und in unterirdische Kavernen pumpen. Der ursprüngliche Entwurf, er wurde im September vom Bundesrat abgelehnt, sollte noch drei Millionen Tonnen je Anlage zulassen, bei einer bundesweiten Speichermenge von acht Millionen im Jahr.
Länder haften später
Einen Teilerfolg erzielten die Verhandlungspartner in der Haftungsfrage: Nachdem eine Speicheranlage stillgelegt wurde, liegt die Verantwortung für das Areal nun 40 Jahre lang beim Betreiber, statt wie bisher geplant 30 Jahre. Danach haftet das Land. Allerdings bleibt fraglich, ob und wann Schäden durch die eingelagerten Kohlendioxidmassen auftreten.
Erst 2011 warnten etwa verschiedene Experten vor der Technologie, die sich als Sachverständige in einer Anhörung des BMU äußerten: Der Geologe Ralf Krupp gab zu bedenken, dass durch die Gas-Verpressung salzhaltiges Wasser in den Gesteinsformationen verdrängt werden könnte. Die daraus resultierende Gefahr für Trinkwasserbestände sei „keine hypothetische Möglichkeit sondern eine zwingende physikalische Folge.“ Zudem kritisierte er die Ineffizienz der Technologie, denn sie sei so energieintensiv, dass es doppelt so viele Kraftwerke brauche um die gleiche Menge nutzbarer Energie zu erzeugen.
Brechende Erde, Höhepunkt der Ineffizienz
Kritik an der Effizienz der Methode übten vor zwei Wochen auch zwei US-Forscher der Stanford University. Um die Emissionen weltweit nennenswert zu reduzieren sei es laut den Geophysikern Mark Zoback und Steven Gorelick nötig 3,5 Milliarden Tonnen Kohlendioxid im Jahr zu speichern. Zudem könnte die Einlagerung genügend Druck verursachen, um die Erde aufzubrechen, wodurch das teuer abgeschiedene CO2 wieder seinen Weg in die Atmosphäre findet.
Immerhin können die Bundesländer durch den geänderten Beschluss nun selbst entscheiden, ob sie Land für das CCS-Experiment zur Verfügung stellen wollen oder nicht. Die sogenannte Länderöffnungsklausel erlaubt ihnen die Speicher nach Abwägung öffentlicher Interessen für zulässig oder unzulässig zu erklären. Und sollte kein Bundesland das Wagnis eingehen, besteht laut Gesetz noch die Möglichkeit, Pipelines in experimentierfreudigere EU-Länder zu verlegen und das Gas dort in unterirdische Endlager zu pumpen.
Power to GasIm Power-to-Gas-Verfahren wird Kohlendioxid nützlich: Mit Wind- und Solarstrom (1, 2) gewinnt ein Elektrolyseur (3) aus Wasser Wasserstoff. Der reagiert mit CO2 – es stammt meist aus Biogasanlagen (4) – zu Methan, das das Erdgasnetz (gelb) oder einen Gasspeicher (5) speist. Nach der Verstromung im Kraftwerk (6) steht die gespeicherte Energie den Haushalten (7) zur Verfügung. Grafik: Horst KolodziejczykZweitverwertung des Klimagases, eine Alternative?
Als Alternative zur risikoreichen Speicherung besteht daneben auch die Möglichkeit, das abgeschiedene CO2 für die Methanproduktion in der Power-to-Gas-Technologie zu verwenden. Beispielsweise in der von Solarfuel und Audi geplanten Pilotanlage, die jährlich 1,4 Millionen Tonnen nutzbares Methan produzieren soll. Rein rechnerisch werden zur Herstellung von Methan 20 Prozent Kohlendioxid benötigt – vier Wasserstoffmoleküle und ein CO2-Molekül. Mit einem Bedarf von knapp 300.000 Tonnen Kohlendioxid könnte die Testanlage von Solarfuel theoretisch etwa ein Fünftel der CO2-Menge aufnehmen, die ein CCS-Demosystem jährlich maximal abscheiden darf.
„Der Gedanke, das CO2 nach seiner Abspaltung als Rohstoff zu verwenden, ist nicht neu. Wir sehen den Charme der Power-to-Gas-Methode allerdings darin, Kohlendioxid aus der Biomethanproduktion zu nutzen“, sagt Mareike Jentsch Projektleiterin am Fraunhofer IWES, einem der Entwicklungspartner der Solarfuel-Technologie. Für die Ökobilanz des produzierten Methans, sagt Jentsch, hätte Kohlendioxid aus CCS keine positiven Auswirkungen, da es nur etwas länger gebunden wäre, bevor das Methan verbrannt und der Kohlenstoff erneut in die Atmosphäre geblasen wird. Die Entwickler der Methode bevorzugen daher CO2 mit neutraler Ökobilanz, das aus Pflanzen stammt und als Reststoff bei der Methanproduktion in Biogasanlagen frei wird.
Letzte Abstimmung beginnt
Eine echte Alternative zur Kohlendioxid-Einlagerung wird die Zweitverwertung im künstlich hergestellten Methan damit nicht. So bleibt nur noch eine letzte Alternative zum CO2-Speicher – kein CO2-Speicher: Laut der Tageszeitung Handelsblatt haben am 27. Juni nur 17 der 32 Vertreter im Vermittlungsausschuss für den Gesetzesentwurf gestimmt. Das entspricht der kleinstmöglichen Mehrheit. Eine abschließende Bestätigung von Bundestag und Bundesrat steht noch aus und zumindest in der Ländervertretung könnte der Vorschlag erneut auf Widerstand stoßen. Noch in dieser Woche sollen sich die beiden Häuser damit befassen, heißt es beim Bundesrat.
(Denny Gille)