Der britische Netzbetreiber und Energieversorger wird National Grid in diesem Jahr noch Verträge für 200 Megawatt Speicherkapazität vergeben. Denn angesichts des steigenden Anteils erneuerbarer Energien im Netz von National Grid will der Versorger diese Kapazitäten zur Stabilisierung des Netzes nutzen. Eine entsprechende Ausschreibung hat das Unternehmen bereits gestartet. Dies berichten die Analysten des Pariser Beratungsunternehmens Clean Horizon.
Die Marktexperten sehen für die Projektierer von Solarstromanlagen eine gute Chance, sich breiter aufzustellen. Denn gerade in Großbritannien ist die Gefahr, dass der Solarmarkt in diesem Jahr regelrecht zusammenbricht, nachdem er im vergangenen Jahr der größte in ganz Europa war. Das liegt daran, dass London die Förderung für Solarparks einstellt, die den größten Teil des Zubaus 2015 ausgemacht haben. Zudem müssen weitere Solaranlagen besser in den Strommarkt integriert werden. Die jetzt veröffentlichte Ausschreibung sei für Projektentwickler eine gute Chance, in den Markt für mittlere und große Speicher einzutreten, der sogar eine inhaltliche Nähe zur Kernkompetenz von Projektierern von Solarparks aufweise, betonen die Analysten von Clean Horizon.
Netzdienstleistung ist Haupteinnahmequelle
Der Verkauf unterstützender Netzdienstleistungen wird in Zukunft ein der Haupteinnahmequellen für mittelgroße Energiespeicher für kommerzielle und industrielle Stromverbraucher sein. Großspeicher rechnen sich sogar komplett mit dem Verkauf von Systemdienstleistungen ohne dass noch eine zweite Wirtschaftskomponenten wie das Abschneiden von Spitzenlasten in Gewerbebetrieben dazu kommt. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie, die Clean Horizon gerade erstellt hat.
In dieser Studie haben sich die Analysten mit den verschiedenen potenziellen Einnahmequellen für Energiespeicher beschäftigt. Gerade in Großbritannien werden mit dem steigenden Ausbau von volatilen Energiequellen wie Photovoltaik und Windkraft Speicher zunehmend wichtiger. Denn auf der einen Seite ist das Wetter auf den Inseln unbeständiger, so dass die Stromerzeugung aus Photovoltaikanlagen noch stärker schwankt als auf dem Kontinent. Auf der anderen Seite heizen viele britische Haushalte mit Strom, was für das Netz eine zusätzliche Belastung bedeutet, die bisher mit den rotierenden Massen der konventionellen Kraftwerke ausgeglichen wurde. Geht diese konventionelle Erzeugungsleistung zurück, können die Netzbetreiber dann auf Stromspeicher zurückgreifen. Außerdem ist das Netz in Großbritannien ziemlich labil. Mit der Integration von Stromspeichern können die Netzbetreiber dann viel Geld sparen, dass sie sonst in den Ausbau der Leitungen stecken müssten.
Frequenzregelung macht Speicher wirtschaftlich
Die Trends des britischen Speichermarktes gehen aus der Studie von Clean Horizon klar hervor. Sie haben mehr als 15 Projektentwickler und Verteilnetzbetreiber im Vereinigten Königreich befragt, um die Herausforderungen bei der Entwicklung von Speicherprojekten besser zu verstehen. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen sieht in der Frequenzregulierung des Netzes einen grundlegenden Ansatz zur Wirtschaftlichkeit von Speicherprojekten. Nur 16 Prozent sehen in der Vermeidung von Netzentgelten einen Anreiz, in Speicherprojekte zu investieren. Vor allem darauf zielt die Investition in einen mittelgroßen Speicher ab, der für Gewerbe- und Industriebetriebe interessant ist.
Markt wird wachsen
Deshalb ist der Markt für mittelgroße Speicher im Vereinigten Königreich noch nicht so weit entwickelt wie der für Großspeicher und kleine Heimspeicher. Diese beiden Segmente sind in Großbritannien bereits weit entwickelt. „Einige Erstanwender kaufen Heimspeicher und die Ausschreibung zur Frequenzregulierung wird aller Voraussicht nach ein gutes Geschäftsmodell für Großspeicher schaffen“, beschrieben die Analysten den derzeitigen Speichermarkt in Großbritannien. „Das Segment der mittelgroßen Speicher wird beeinflusst von zwei sich abzeichnenden Veränderungen. Erstens wird die Anzahl der Verbraucher, die spezifische Verteil- und Übertragungsnetzentgelte bezahlen müssen, in den kommenden Jahren durch die von Ofgem (die britische Strom- und Gasregulierungsbehörde, d. Red.) eingeleitete Elektrizitätsabrechnungsreform steigen. Zweitens, werden die Übertragungsnetzentgelte durchschnittlich um 15 Prozent jedes Jahr bis 2020 steigen.“
Diese beiden Faktoren werden dazu beitragen, dass in den kommenden Jahren der Markt für mittelgroße kommerzielle und industrielle Stromspeicher einen regelrechten Schub erleben wird. Bis dahin werden die anderen beiden Segmente dafür sorgen, dass der Speichermarkt in Großbritannien weiter wächst. Die Analysten von Clean Horizon gehen sogar davon aus, dass das Vereinigte Königreich in diesem Jahr der größte Markt für Stromspeicher wird. (Sven Ullrich)