Nicole Weinhold
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die heute vom Bundeswirtschaftsministerium vorgestellte Gasstrategie als wirtschafts- und klimapolitische Sackgasse. Die Empfehlungen aus Peter Altmaiers Ministerium lassen den dringend notwendigen Umstieg auf erneuerbares Gas weitgehend außen vor. Diese Lücke schließt der „Fahrplan für erneuerbares Gas“, den die DUH gemeinsam mit Unternehmen und Wissenschaft sowie Akteuren aus dem Bereich Umwelt und Erneuerbare Energien entwickelt hat. Sie sind sich einig, dass die Zukunft der Gaswirtschaft erneuerbar sein muss und schlagen konkrete Schritte zum Aufbau einer Infrastruktur für erneuerbares Gas vor.
Fahrplan bis 2030
Bisher unterzeichneten den Fahrplan neben der DUH, der Bundesverband Erneuerbare Energien, Enertrag AG, Germanwatch, die Technische Universität Berlin und der WWF Deutschland. Fossiles Erdgas müsse von erneuerbarem Gas abgelöst werden, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Wie beim Strom, brauchen wir einen Zielwert für erneuerbares Gas für 2030. Mit dem Fahrplan setzen wir auf einen nachhaltigen Umbau der Gaswirtschaft." Unabdingbar für den Umstieg sei ein wirksamer CO2-Preis, ein steigender Anteil erneuerbaren Stroms sowie eine Anschubförderung für den Aufbau und Betrieb von Power-to-Gas-Anlagen.
Altmaier setzt auf schmutzigen Wasserstoff
Power-to-Gas-Anlagen stellen in einem Elektrolyse-Verfahren aus erneuerbarem Strom erneuerbares Gas her. Durch die Einspeisung ins Gasnetz wird der normale Gasmix so Stück für Stück „grüner“. Das Bundeswirtschaftsministerium setzt zur Gewinnung von Gas vor allem auf den Import von so genanntem „blauen Wasserstoff“. Als „blauer Wasserstoff“ wird Wasserstoff bezeichnet, der mittels CO2-Abscheidung und Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) aus Erdgas gewonnen wird.
Auch Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, übte scharfe Kritik. Sie sagte zu dem Thema: "Das BMWi verpasst mit seiner Strategie "Gas 2030" die Chance, frühzeitig die notwendigen Weichen für eine komplette erneuerbare Energieversorgung zu stellen." Damit unternehme die Bundesregierung keine ausreichenden Anstrengungen, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. "Wir brauchen eine ambitionierte Energieeffizienzpolitik, die den Energiebedarf in allen Anwendungen senkt." So sei auch ein zügiger Abschied vom fossilen Gas möglich. Der Gebäudesektor beispielsweise könne ganz ohne Gas auskommen. "Den Weg dorthin zeigen wir Grüne in unserem Aktionsplan "Faire Wärme" auf." Blauer Wasserstoff dürfe nicht als vermeintlich klimafreundliches Feigenblatt herhalten, um die Erdgasnutzung unnötig in die Länge zu ziehen. Stattdessen müssten dringend Investitionen für Power-to-Gas, den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie, um eben jenen Ökostrom für PtX-Technologien verfügbar zu haben, sowie in erneuerbare Wärmeversorgung vorangebracht werden.
Biomethan als Alternative zu Erdgas anerkannt
Horst Seide, Präsident des Fachverband Biogas, kommentiert: „Wir freuen uns, dass zu Biomethan aufbereitetes Biogas als wichtige Alternative zu Erdgas und als Ergänzung strombasierter Erneuerbarer Gase anerkannt wird." Bei der Vorstellung des Berichts bestätigte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, dass Biomethan wichtig für den Klimaschutz ist. "Das sehen wir als Branche ganz genauso: Biomethan ist Klimaschutz! Denn als erneuerbares und klimaneutrales Gas ist Biomethan schon jetzt eine wichtige Option, um fossile Gase zu ersetzen." Doch man könne und wolle als Branche noch einen größeren Klimaschutzbeitrag leisten. Damit das Potenzial von Biomethan vollumfänglich ausgeschöpft wird, schlägt Seide mit dem Fachverband Biogas weitere Maßnahmen vor: "Zum Beispiel ließe sich etwa durch die Umrüstung von Vor-Ort-Verstromungsanlagen und die Ergänzung um einen Elektrolyseur zur Erzeugung von synthetischem Methan weitaus mehr Biomethanpotenzial mobilisieren als im Verlaufe des Dialogprozesses vom BMWi angenommen wurde." Trotz dieser positiven Eindrücke fehlten in dem ersten Bilanzbericht noch viele Details und Ausführungen. Die Biogasbranche wolle noch mehr Verantwortung übernehmen und appelliert an Altmaier, diesen Prozess intensiv weiter zu verfolgen, die Maßnahmen auszugestalten und schnellstmöglich in die Umsetzung zu bringen.