Die Solarcomplex AG hat in Lautenbach ein Nahwärmenetz eingerichtet, das den ganzen Ort mit Wärme aus Holz und Biogas versorgt.
Lautenbach ist ein Bioenergiedorf. Es liegt etwa zwölf Kilometer nördlich des Bodensees, eine Gemeinde mit rund 300 Einwohnern. Laut Wettbewerbs-Definition Bioenergiedörfer 2010 des Bundeslandwirtschaftsministeriums wird ein Ort dann als Bioenergiedorf bezeichnet, wenn er seinen Strom- und Wärmebedarf überwiegend aus erneuerbaren Energien deckt, die in der Region erzeugt sein müssen. Die neue Nahwärmeversorgung in Lautenbach besteht aus einem zwei Kilometer langen Leitungsnetz, an das alle Haushalte angeschlossen sind.
Kein regionales Phänomen
Die Wärmeenergie liefern zwei Hackschnitzelkessel mit Leistungen zu je 450 Kilowatt. Die Grundlast wird gedeckt über die Abwärme aus der Verstromung von Biogas aus der örtlichen Biogasanlage. Sie beläuft sich auf mindestens zwei Millionen Kilowattstunden im Jahr. Solarcomplex richtete das Holzheizwerk, das Wärmenetz und die Wärmeübergabestationen an allen Abnahmestellen ein. Für das Unternehmen aus Singen ist Lautenbach bereits das fünfte Bioenergiedorf, in dem es ein Nahwärmenetz auf Basis regionaler Energieträger realisiert. Es betreibt Netze in Mauenheim, Lippertsreute, Schlatt und Randegg. Allesamt gelegen am Bodensee. In diesem Jahr sollen zwei weitere Nahwärmenetze in der Region in den Ortschaften Weiterdingen und Messkirch folgen. Der Bioenergiedorfausbau am Bodensee ist aus Deutschlandsicht keinesfalls ein regionales Phänomen. Er wird überall in der Republik vorangetrieben.
Dörfer punkten mit Nahwärmenetzen
Das brandenburgische Örtchen Feldheim mit seinen 145 Einwohnern beispielsweise wurde im November vergangenen Jahres zum Bioenergiedorf 2010 gewählt. An dem Wettbewerb hatten 35 Bioenergiedörfer aus ganz Deutschland teilgenommen. Feldheim besitzt ein drei Kilometer langes Nahwärmenetz, das mit Abwärme aus der Verstromung von Biogas der örtlichen Biogasanlage gespeist wird. Angeschlossen sind alle Haushalte und ein Industriebetrieb. Andere Wettbewerbsteilnehmer punkteten auch mit Nahwärmekonzepten auf Basis von regional erzeugten erneuerbaren Energien. Ein weiterer Gewinner, Jühnde-Barlissen in Niedersachsen, setzt auch auf eine Nahwärmeversorgung mit Grundlastwärme aus der Abwärme der Biogasverstromung der lokalen Biogasanlage.
Motiv: verlässliche Preise
Ursprünglich war ein solches Netz zu bauen gar nicht die Absicht der Feldheimer. Man wollte eigentlich nur den Industriebetrieb und ein landwirtschaftliches Unternehmen mit der Abwärme aus der Verstromung von Biogas versorgen. Doch dann kamen die Haushalte von sich aus auf die Akteure zu. Ein Grund für die Feldheimer Initiativbewegung: die Aussicht auf verlässliche Wärmepreise. In der Tat scheint als ökonomisches Motiv nicht so sehr die Höhe des Preises aus örtlich bereit gestellter Energien und daraus erzeugter Wärme ausschlaggebend, sondern langfristig die Verlässlichkeit, sprich: die Stabilität des Preises verbunden mit der regionalen Erzeugung.
Vorbild für viele
Viele Kommunen in Deutschland könnten Lautenbach und die Bioenergiedörfer 2010 zum Vorbild nehmen. Feldheim zählt 145 Einwohner, Jühnde-Barlissen 1.080. Lautenbach 300. Die meisten Orten in Deutschland zählen weniger als 2.000 Einwohner. Laut Statistischem Bundesamt (Stand Ende 2008) ist die stärkste Gemeindegrößenklasse Deutschlands mit 2.187 Gemeinden die der mit 500 bis 999 Einwohner. Zum Vergleich: Die sechs Größenklassen, die alle Gemeinden in Deutschland mit 10.000 und mehr Einwohnern in sich vereinen, kommen nur auf 1.574 Kommunen. Die Solarcomplex AG hat sich zum Ziel gesetzt, die Bodenseeregion bis zum Jahr 2030 auf erneuerbare Energien umzustellen. Das Bioenergiedorf Lautenbach ist auf diesem Weg ein weiterer Meilenstein. (Dittmar Koop)