Grüner Wasserstoff gilt als ein Baustein der Energiewende. Schon heute können viele Anwendungen mit dem Gas abgedeckt werden. Doch muss auch eine Infrastruktur aufgebaut und betrieben werden. „Um unabhängig von fossilen Energieträgern und damit auch Gasimporten aus Russland zu werden, brauchen wir den schnellen Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft. Dies kann nur gelingen, wenn zügig die passende Leitungs- und Speicherinfrastruktur geschaffen wird“, betont Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
Ordnungsrahmen schaffen
Zum Teil können hierzu die vorhandene Gasinfrastruktur umgestellt und somit für den Kunden günstig weitergenutzt werden, erklärt Andreae. Doch ist auch ein Ausbau der Infrastruktur notwendig. „Die Fernleitungsnetzbetreiber stehen in den Startlöchern, damit Deutschland mit Wasserstoff neue Handlungsspielräume gewinnt. Industrie, Stadtwerke und Verbraucher erwarten jetzt Planbarkeit. Sobald der notwendige Ordnungsrahmen da ist, kann es losgehen“, ergänzt Thomas Gößmann, Vorstandsvorsitzender Vereinigung Fernleitungsnetzbetriebe (FNB) Gas.
Wie dieser Ordnungsrahmen aussehen kann und was zur Schaffung und zum Betrieb des notwendigen Wasserstoffnetzes wichtig ist, haben der BDEW und die FNB Gas zusammen dem Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) zusammengetragen.
1. Wichtig ist zuallererst ein verbindlicher und integrierter Prozess zur Netzentwicklungsplanung, wie er im Strombereich seit vielen Jahren etabliert ist. „Mit ihren Wasserstoffnetzmodellierungen im Rahmen des Netzentwicklungsplans Gas sind die Fernleitungsnetzbetreiber in den vergangenen Jahren bereits in Vorleistung gegangen“, erklärt Inga Posch, Geschäftsführerin der Vereinigung Fernleitungsnetzbetriebe (FNB) Gas, mit Blick auf die Bereitstellung von grünem Wasserstoff und Methan. „Damit unsere Umstellungs- und Ausbauvorschläge auch von der Bundesnetzagentur bestätigt und dann umgesetzt werden können, brauchen wir jetzt dringend eine gesetzliche Verankerung der integrierten Netzplanung Gas.“ Dann könne auch der regelmäßige Wasserstoffbericht entfallen, die die Betreiber von Wasserstoffnetzen jährlich abgeben müssen.
2. Vorher sollte aber noch ein Startnetz bestätigt werden, von dem die weitere Planung ausgeht. Dieses leitet sich aus den strategischen Schwerpunkten der Erzeugung und des Verbrauchs von grünem Wasserstoff ab.
3. Die Wasserstoff- und des Stromnetze sollten weiterhin getrennt geplant werden. Doch sollte es eine Abstimmung der beiden Planungsprozesse geben, damit die Wasserstoffinfrastruktur auch zum Stromnetz passt.
4. Entsprechend sollten auch die Netzentwicklungspläne zeitlich aufeinander abgestimmt und die gegenseitigen Wechselwirkungen einbezogen werden.
5. Grundlage der gesamten Netzplanung muss aber ein Energieszenario sein. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie das Energiesystem der Zukunft konkret aussieht, anhand dessen eine Wasserstoff- und Stromnetzplanung überhaupt ausgerichtet werden kann.
6. Dazu müssen auf der Erzeugerseite die optimalen Standorte für die Power-to-Gas-Anlagen gefunden werden. Auf der Verbraucherseite müssen aber auch die Wasserstoffkraftwerke strategisch so geplant werden, dass sie einerseits zur Strom- und Wasserstoffproduktion aber andererseits auch zum Strom- und Wasserstoffverbrauch passen.
7. Ganz wichtig sei ein Ordnungsrahmen und eine einheitliche Regulierung, die für alle Wasserstoffnetzbetreiber einheitlich verpflichtend gilt. Nur so könne die Zusammenarbeit im Rahmen der Wasserstoffnetzplanung gelingen und den Informationsaustausch möglich werden. Er muss alle Rechte und Pflichten beinhalten, die für den Betrieb eines Wasserstoffnetzes wichtig sind. Neben der Pflicht der Zusammenarbeit der Netzbetreiber bei der Ausarbeitung eines Netzentwicklungsplans muss dieser Ordnungsrahmen auch eine Pflicht zur Umsetzung der beschlossenen Netzausbaumaßnahmen umfassen.
8. Es müssen aber auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie sich die Wasserstoffnetze und deren Ausbau refinanzieren können. Hier ist vor allem die erste Phase wichtig, in der grüner Wasserstoff in den Markt kommt. Denn die Netzbetreiber wollen einerseits nicht auf den Investitionen sitzen bleiben. Andererseits müssen aber auch Netzkosten stehen, die wirtschaftlich tragbar sind.
9. Die beteiligten Verbände lehnen die Entflechtung zwischen Erdgas- und Wasserstoffnetzbetrieb ab. Statt dessen sollte der Netzbetrieb grundsätzlich von der Produktion und dem Verkauf des grünen Wasserstoffs getrennt werden.
10. Für den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur sind auch Regelungen notwendig, wie und wann die Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff erfolgen soll und kann. Dazu schlagen die Verbände vor, dass die Netzbetreiber eine rechtliche Handhabe bekommen, ganze Netzgebiete inklusive der dort angeschlossenen Verbraucher umstellen zu können.
11. Diese Umstellung muss auch im Netzentwicklungsplan berücksichtigt und durch diesen bestätigt werden. Dadurch kann die Umstellung – auch für die Verbraucher – verbindlich umgesetzt werden.
12. Schon im Vorfeld sollten die Verbraucher dazu verpflichtet werden, dass sie Geräte einbauen, die nicht nur Erdgas, sondern grundsätzlich auch grünen Wasserstoff nutzen können. Dies vereinfacht den Umstellungsprozess ungemein.
Den kompletten Maßnahmenkatalog und den aktuellen Wasserstoffbericht finden Sie auf der Internetseite der FNB Gas zum kostenlosen Download. (su)
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