Bisher ist der grüne Wasserstoff meist im Zusammenhang mit großen industriellen Anwendungen im Gespräch. Doch die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) zeigen mit einem modernen Energiesystem in einer Siedlung in der Schweiz, dass Wasserstoff durchaus auch ein Teil der dezentralen Energiewende ist.
Solardächer liefern den Strom
Das Herz des Energiesystems in der Mehrgenerationensiedlung Seebrighof in Hausen am Albis sind Solaranlagen auf den Dächern des Gebäudeensembles. Diese besteht aus einem sanierten Bauernhaus aus den 17. Jahrhundert und Nebengebäuden. Dazu gehört noch ein ehemaliger Stall, den der Bauherr und Besitzer in ein modernes Wohngebäude umgebaut hat. Insgesamt 28 Wohnungen sind auf diese Weise entstanden, die fast komplett mit dem eigenen Solarstrom versorgt werden.
Für den Sommerabend reicht der Lithiumspeicher
Denn wenn die Sonne abends oder an eine trüben Tag nicht scheint, nutzen die Bewohner der Siedlung im Aargau, nur wenige Kilometer nordwestlich von Zürich, den Strom aus einem Lithiumionenspeicher, der vorher als Überschuss aus den Solaranalgen dort eingelagert wurde. Doch die Solaranlagen sind so groß, dass auch dieser Speicher irgendwann voll ist. Zudem ist die Batterie vor allem für die Verschiebung des Sonnenstroms von den Tages- in die Abendstunden vorgesehen.
Überschussstrom fließt in die Elektrolyse
Deshalb haben die EKZ und der Bauherr zu einer ungewöhnlichen Lösung gegriffen. Mit dem Sonnenstrom, der noch übrig ist, wenn alle Verbraucher im Quartier versorgt und der Batteriespeicher voll ist, wird ein Elektrolyseur betrieben. Dieser spaltet Wasser in seine Bestandteile. Der dadurch entstehende Wasserstoff wird in handelsüblichen Gasflaschen gelagert. Wenn in der kalten und dunklen Jahreszeit der Wärmebedarf steigt und gleichzeitig die Solarstromproduktion sinkt, nutzen die Bewohner der Siedlung den Wasserstoff. Mit einer Brennstoffzelle produzieren damit Wärme und Strom.
Zusammenspiel der Technologien ist wichtig
Mit diesem Projekt wollen die EKZ zeigen, dass sich diese Form des Energiesystems durchaus rentiert, da damit auch die Netz entlastet werden. Es geht um die Antwort auf die Frage, ob solche dezentralen Wasserstoffspeicher einen wesentlichen Beitrag zur Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern leisten und die Versorgungslücke im Winter überbrücken können. Das gesamte System läuft schon seit März 2022. Bis zum Ende des ersten Monats war der Wasserstoffspeicher bereits zu fünf Prozent gefüllt. „Ich glaube, die Lösung für die Energiewende liegt im Zusammenspiel sämtlicher Technologien und Instrumente, die uns zur Verfügung stehen“, betont Martin Nicklas, Leiter EKZ Energiecontracting. „Der Wasserstofftank wird Ende Herbst zu 100 Prozent gefüllt sein, obwohl wir ihn auch schon während kälterer Sommertage zur Stromproduktion nutzen wollen“, ist er sich sicher.
Es geht nicht um Autarkie
Doch weder der Eigentümer noch die EKZ streben volle Autarkie an. Sie gehen davon aus, dass zur Überbrückung der Winterversorgungslücke des Seebrighofs der Wasserstoff nicht ganz ausreichen wird, was aber auch noch nicht die Absicht sei, erklärt Nicklas. „Wir sammeln hier im Kleinen jene Erfahrungen, die uns zukünftig beim Einsatz von Wasserstoff in größeren Projekten sehr nützlich sein könnten“, sagt er. (su)
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