ERNEUERBARE ENERGIEN: Die Unsicherheit über die Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hat Anfang des Jahres zu einem Stopp im Auftragseingang der Turbinenhersteller für Windparks an Land geführt. Im Offshore-Bereich herrscht die Unsicherheit schon länger und führt zu Entlassungen. Bei Ihnen auch?
Stefan Lücking, Technischer Leiter bei RTS Wind AG: Wir sind der größte Anbieter von Zeitpersonal für die Offshore-Windkraft. Und weiterhin investieren wir in die Ausbildung und Ausstattung unserer Mitarbeiter im Bereich der Sicherheitstechnik nach einem geschlossenen Schulungskonzept, ehe die Mitarbeiter überhaupt in Einsatz gehen. Denn wir stellen nur qualifizierte Facharbeiter zur Verfügung. Aber natürlich ist es nicht so, dass uns die Turbinenhersteller oder Windparkprojektierer sagen, in einem halben Jahr geht der Ausbau des Offshore-Windparks los, da buchen wir jetzt schon einmal Kapazitäten in der Leiharbeit. Es ist nur so: Wir stellen nur Mitarbeiter im Gurt zur Verfügung, Leute, die draußen bei der Errichtung der Offshore-Windparks arbeiten. Und da sind wir am Ende der Wertschöpfungskette. Wir wissen daher, jetzt entwickelte Projekte werden in der Regel auch noch realisiert. Deshalb kommt bei uns der Einbruch der fehlenden Aufträge erst später an, wir erwarten den für 2015.
Können Leiharbeitsfirmen überhaupt ein Gradmesser für die Konjunktur der Windkraft sein….?
Stefan Lücking: Wenn die Branche unsicher ist, kann das auch dazu führen, dass die Unternehmen prinzipiell weniger feste Mitarbeiter an sich binden. Dann benötigen sie Facharbeiter aus der Leiharbeit, um die noch zu tätigenden Dinge abzuwickeln. Andererseits ist natürlich richtig: Wenn eine Firma wirklich strukturelle wirtschaftliche Probleme hat, wird sie in der Regel die Leiharbeiter wie ja in der Vergangenheit schon geschehen zuerst abmelden. …
Lesen Sie weitere Aussagen von Stefan Lücking, dem Technischen Leiter Windenergie beim Bremer Leiharbeitsunternehmen RTS Wind AG in der kommenden Magazinausgabe von ERNEUERBARE ENERGIEN ab 4. Februar. Der Personalverleiher hat derzeit mit 400 Mitarbeitern, darunter 70 Offshore-Kollegen, so viele Fachkräfte unter Vertrag wie nie. Der Verdienst liegt bei zehn Prozent unter dem der Kollegen, die bei den Kunden von RTS festangestellt sind.
Beteiligen Sie sich außerdem noch an der anonymisierten Umfrage unseres Kooperationspartners TGMC zur beruflichen Situation in der Windindustrie, zu Aufstiegsmöglichkeiten und Branchenperspektiven. TGMC hat die Frist zur Beteiligung an der Umfrage noch einmal verlängert.
Warnung der IG Metall Küste vor Massenentlassungen der deutschen Offshore-Windkraft im Sommer.
Die anhaltende Unsicherheit der Offshore-Windbranche in Deutschland über neue Fördergesetze in Europa und speziell für die Projekte in der friesischen Nordsee droht im Sommer zu Massenentlassungen zu führen. Darauf haben jetzt Gewerkschaftsführer der IG-Metall Küste hingewiesen.
Etwa 1.000 Mitarbeiter der Turbinenbauer aber auch ihrer Zulieferer sind von Kündigungen bedroht, teilte die IG Metall Küste in Interviews mit dem TV- und Radiosender Radio Bremen am Montag mit. Bis Mai, Juni oder Juli seien deren Arbeitsplätze im schlimmsten Fall fällig. Vor allem der Bremerhavener Windturbinenbauer Areva Wind ist demnach von akuten Kündigungen bedroht. Das Unternehmen hat keine neuen Aufträge mehr und erledigt derzeit noch begonnene Installationen der Nordseewindparks Trianel Borkum und Global Tech 1 mit Kapazitäten von jeweils 200 und 400 Megawatt (MW). Dafür liefert Areva Wind 120 Windturbinen der Fünf-MW-Klasse. Wobei der Windpark Borkum 2014 zunächst nur im ersten von zwei Bauabschnitten ans Netz gehen soll. Eine Order für den zweiten Bauabschnitt steht offenbar noch aus.
Wegen der mehrmaligen Verzögerungen in der Bereitstellung der Umspannplattform Dolwin Alpha für die Anbindung des Windparks Trianel Borkum hatte Areva immerhin noch einmal über Kompensationszahlungen einen „mittleren zweistelligen Millionenbetrag“ eingenommen, so eine Pressemitteilung aus dem vergangenen Jahr. Doch die eigentlichen Auslieferungen der Maschinen und damit deren Produktion waren schon im Februar abgeschlossen. Und ebenso wie die weitere Entscheidung bei Trianel für die nächste Bauphase von der Gesetzgebung im Sommer abhängen wird, muss Areva auch auf die finale Bauentscheidung des spanischen Windparkprojektierer Iberdrola noch warten. Endgültig für oder eben gegen den Bau des Vorhabens Wikinger in der Ostsee wollen die Iberer erst im Frühjahr votieren. Auch dieser Auftrag umfasst bis zu 80 Anlagen.
Unternehmer und Beschäftigte warten auf das EEG
Alle Entscheidungen hängen in Deutschland zumindest vorerst von der Bestätigung der Verlängerung der so genannten Beschleunigungsregelung ab. Sie garantiert eine forcierte, also höhere aber dafür verkürzte Vergütung der Einspeisung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), 19 statt 15 Cent pro kWh für fünf statt acht Jahre Laufzeit. Die Verlängerung dieser Regelung war von der neuen großen Koalition Ende 2013 nach einer vorangegangenen langen Hängepartie unter der Regentschaft der vorigen, konservativ-liberalen Koalition angekündigt worden.
Hinzu kommt, dass Areva mit Spaniens Turbinenbauer Gamesa ein Joint Venture eingehen wird, das ab Sommer sämtliche Produktionstätigkeit von Areva und das Offshore-Geschäft Gamesas übernehmen soll. Vorgesehen ist, dass beide ihre schon angekündigten neuen Fertigungsstandorte in Frankreich und Großbritannien auch realisieren wollen. Daher werden auch Aufträge für Gamesa/Areva aus den Ausschreibungsrunden für Offshore-Projekte in Frankreich nicht unbedingt zu mehr Beschäftigung in Deutschland führen. Aus dem Bremer Senat werden angesichts der Situation Arevas indes Stimmen laut, die für die Einführung staatlich geförderter Kurzarbeit als Überbrückungsmaßnahme für die auftragsfreie Zeit plädieren.
(Tilman Weber)