In Österreich gelten ab 1. Juli dieses Jahres neue Regeln für den Anschluss von Erzeugungsanlagen an das Verteilnetz – sowohl für Nieder- als auch für Mittelspannung. Die Regelungen sind für alle Photovoltaikanlagen anzuwenden, die an eines der beiden Netze angeschlossen werden. Die Grenze liegt bei einer Netzspannung von 110 Kilovolt. Solarparks, die in höhere Netzebenen einspeisen, müssen trotzdem nach diesen Regelungen angeschlossen werden, wenn sie eine Einspeiseleistung von 50 Megavoltampere auf der Wechselstromseite nicht überschreiten. Für noch größere Anlagen gelten dann die Regelungen für Großkraftwerke.
Speicher gelten als Erzeugungsanlage
Die Regulierungsbehörde für den Strommarkt E-Control hat die Vorschläge aus den betroffenen Branchen in die Neufassung des Teils D4 der technischen und organisatorischen Regeln (TOR) für Betreiber und Benutzer von Netzen eingearbeitet. In diesem Teil der TOR wird detailliert beschrieben, wie Erzeugungsanlage ans Netz angeschlossen werden und wie sie dort zu betreiben sind. Eine zentrale Änderung ist, dass die Regelungen jetzt nicht nur Photovoltaikanlagen, sondern auch für Speicher gelten. Diese „sind in ihrer Wirkung auf das Verteilnetz grundsätzlich auch als Erzeugungsanlagen zu werten“, gibt die TOR D4 vor. Auch wenn die Speicher in der Regel dazu genutzt werden, den Eingenverbrauch zu erhöhen und den Strom nicht ins Netz einzuspeisen, reicht allein die Möglichkeit, dass sie dies tun könnten, aus, um sie technisch als Erzeugungsanlagen zu werten.
Dreiphasig ab 3,68 Kilovoltampere
Für die Betreiber von Solaranlagen mit integriertem Speicher ist das von zentraler Bedeutung, da die Leistung beider beim Anschluss an das Verteilnetz addiert wird. Damit werden solche Systeme kaum noch als Kleinanlagen durchgehen. Das ist entscheidend, da Anlagen mit einer Leistung von mehr als 3,68 Kilovoltampere auf der Wechselstromseite nicht mehr einphasig ans Netz angeschlossen werden dürfen. Bisher galt die Grenze von 4,6 Kilovoltampere. Damit hat E-Control aber den Vorschlag aus der Solarbranche in die Regelungen aufgenommen. Denn ursprünglich wollte die Regulierungsbehörde die Grenze für den einphasigen Anschluss auf drei Kilovoltampere senken.
Blindleistung bereitstellen
Eine zweite Neuerung ist, dass jetzt auch Anlagen am Niederspannungsnetz Blindleistung einspeisen können. Das gilt auch für Generatoren mit einer Leistung von bis zu 3,68 Kilovoltampere. Der Blindleistungsbereich hängt jedoch von der Leistung der Solaranlage selbst ab. Doch für alle Anlagen gilt: Die Blindleistung der Erzeugungsanlage muss innerhalb der Mindestanforderung für den Grenzblindleistungsbereich frei einstellbar sein und einer vom Netzbetreiber vorgegebenen Regelstrategie folgen können. Trotz der Kritik aus der Solarbranche bleibt die die Frage weiterhin offen, wie die Blindleistungbereitstellung vergütet wird. Denn diese geht zu lasten der Wirkleistung. Die Anlagen speisen in Zeiten, in denen sie Blindleistung bereitstellen, weniger Solarstrom ins Netz ein, was die Rendite für den Anlagenbetreiber schmälert. Dafür ist bisher kein Ausgleich vorgesehen.
Wirkleistung spannungsgeführt begrenzen
Neu ist auch, dass die Wirkleistung der Anlage jetzt nicht mehr nur in Abhängigkeit von der Netzfrequenz abgesenkt werden kann, sondern auch in Abhängigkeit von der Spannung im Netz. Steigt die Netzspannung auf über zehn Prozent des Sollwertes, müssen die Solaranlagen linear abregeln. Liegt die Netzspannung zwölf Prozent über dem Sollwert, müssen die Anlagen komplett abschalten. Dazu müssen die Anlagen aber über entsprechende Kommunikationsschnittstellen verfügen, was erhebliche Mehrkosten vor allem bei kleineren Generatoren und Speichern zu Folge hat. Allerdings gibt es Hoffnung für Betreiber von Kleinanlagen. Denn die spannungsgeführte Wirkleistungsbegrenzung ist nicht obligatorisch, sondern kann vom Netzbetreiber gefordert werden, wenn er dies für erforderlich hält. (Sven Ullrich)