Die EEG-Umlage steigt im nächsten Jahr um fast 50 Prozent von derzeit 3,592 auf 5,277 Cent pro Kilowattstunde. Das gaben die vier Betreiber der Übertragungsnetze Ampirion, Tennet, 50Hertz und TransnetBW heute bekannt. Insgesamt errechnen die Übertragungnetzbetreiber einen Umlagebetrag von 20,36 Milliarde Euro. Als Grund für die erheblichen Steigerungen geben die Netzbetreiber die zu erwartende deutliche Steigerung der Einspeisung regenerativen Stroms bei weiter sinkenden Vermarktungseinnahmen an. Dabei entfallen auf die Photovoltaik eine Erhöhung um etwa 0,35 Cent pro Kilowattstunde, auf die Windenergie eine Erhöhung von etwa 0,3 Cent pro Kilowattstunde und auf die Biomasse eine Erhöhung von etwa 0,25 Cent pro Kilowattstunde. Außerdem verlangen die Übertragungsnetzbetreiber von den Verbrauchern 0,3 Cent mehr für jede Kilowattstunde, um die Unterdeckung des EEG-Kontos aus diesem Jahr auszugleichen. Die betrug am 30. September 2,6 Milliarden Euro. Ein weiterer Kostenfaktor ist die sogenannte Liquiditätsreserve, mit der die Schwankungen zwischen der Prognose und der tatsächlichen Einspeisung von erneuerbaren Energien ausgeglichen werden sollen. Auch die Befreiung der energieintensiven Betriebe von der EEG-Umlage ist ein nicht unerheblicher Posten in der Kalkulation der Übertragungsnetzbetreiber. Da diese Ausnahmeregelungen für Betriebe mit hohem Energieverbrauch zum 1. Januar 2013 ausgeweitet werden sollen, erhöht sich die EEG-Umlage um weitere 0,14 Cent pro Kilowattstunde.
In der Kostendebatte werden entscheidende Punkte verschwiegen
Heftige Kritik an der Erhöhung kommt von den Verbänden. So hat der Bundesverband Wind Energie (BWE) schon am Samstag während einer Großkundgebung im Berliner Regierungsviertel klar gemacht, dass die erneuerbaren Energien nicht der Kostentreiber bei der EEG-Umlage sind. Vor allem bemängelt der BWE, dass in der Kostendebatte vor allem die Beträge nicht genannt werden, die überhaupt nicht bei den Betreibern von erneuerbare Energieanlagen ankommen. Immerhin fließt mit 2,26 Cent pro Kilowattstunde noch nicht einmal die Hälfte des Geldes in die eigentliche Förderung der erneuerbaren Energien. Ein Viertel der gesamten EEG-Umlage ergibt sich allein aus der Befreiung energieintensiver Unternehmen. Der Rest resultiert aus dem System der Stromvermarktung, das auf die Integration der erneuerbaren Energien überhaupt nicht angelegt ist. Die Merrit Order, nach der der Strom an der Leipziger Strombörse vermarktet wird, berücksichtigt bei der Preisbildung vor allem die Brennstoff- und Betriebskosten, die für die Stromerzeugung benötigt werden. Da diese aber bei den erneuerbaren Energien fast Null sind, sinkt der Preis an der Strombörse, was vor allem den Kunden zugute kommt, die ihren Strom direkt dort kaufen und nicht von einem Stromlieferanten bekommen. Da die festen Vergütungssätze für die erneuerbaren Energien aber aus den gerade durch sie sinkenden Vermarktungserlösen und der EEG-Umlage bezahlt werden, steigt die Umlage für die Verbraucher, je weiter der Strompreis sinkt. „Mit unserer Aktion wollen wir die Verbraucher über diese Tatsachen aufklären“, erklärt Hermann Albers, Präsident des BEW. „Sie soll auch ein Signal an die Politik sein, von der wir uns erhoffen, dass sie die tatsächlichen Kosten der Erneuerbaren Energien besser erklärt.“
Nicht nur ein Kommunikationsproblem
Für den Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) ist es aber nicht nur ein Kommunikationsproblem. „Die EEG-Umlage steigt im kommenden Jahr stärker als nötig“, sagt Dietmar Schütz, Präsident des BEE. „Daran ist aber nicht in erster Linie der Ausbau der erneuerbaren Energien schuld, wie dieser Tage von den Kritikern der Energiewende permanent behauptet wird. Vielmehr hat die Politik die Umlage mit immer neuen Zusatzkosten aufgebläht. Umgekehrt werden die preissenkenden Effekte der erneuerbaren Energien bisher nicht an die Privatkunden weitergegeben“, kritisiert Schütz. Der BEE beziffert den Preis am Spotmarkt der Leipziger Strombörse in den ersten drei Quartalen dieses Jahres auf 4,3 Cent pro Kilowattstunde. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres betrug er noch 5,1 Cent pro Kilowattstunde. Dieser Preisvorteil kommt aber nicht bei den Verbrauchern an, sondern verschwindet in den Kassen der Stromversorger. Wenn die ihre gesunkenen Einkaufspreise der letzten Jahre an die Privatkunden weitergeben würden, läge der aktuelle Strompreis um rund zwei Cent pro Kilowattstunde niedriger. „Der kommende Anstieg der EEG-Umlage wäre damit mehr als ausgeglichen“, so Schütz. Auch hält der BEE die Kosten, die sich aus der Befreiung energieintensiver Unternehmen ergeben, für zu niedrig angesetzt. Während die Übertagungsnetzbetreiber diesem Faktor eine Erhöhung der EEG-Umlage um 0,14 Cent pro Kilowattstunde zuschreiben, rechnet der BEE mit 0,3 Cent pro Kilowattstunde mehr als bisher.
Gefahr für die Akzeptanz
Die sinkenden Einkaufspreise der Stromversorger, die nicht bei den Verbrauchern ankommen, in Verbindung mit der Befreiung der energieintensiven Industrie zu Lasten der Verbraucher schadet nach Einschätzung der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) dem Image der Energiewende. Zwar erfreuen sich die erneuerbaren Energien in der Bevölkerung immer noch hoher Akzeptanz. „Da aber faktisch nur noch die Hälfte der EEG-Umlage dem Ausbau der erneuerbaren Energien dient, der übrige Teil der Umlage jedoch vor allem industriefördernde Funktionen hat, gerät diese Akzeptanz in Gefahr“, warnt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der AEE. „Um sie zu erhalten, kommt es jetzt darauf an, die Umlagegerechtigkeit nicht aus den Augen zu verlieren.“
Versachlichung der Debatte gefordert
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) verlangt eine Versachlichung der Debatte und einen ehrlichen Kosten-Nutzen-Vergleich und geht mit den politisch Verantwortlichen hart ins Gericht. „Deutschland sollte die einmalige Chance der Energiewende nutzen und sie nicht durch Strompreispropaganda im Vorwahlkampf zerreden“, mahnt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Ein ehrlicher Vergleich der Kosten zeigt: Würde man bei der dringend notwendigen Erneuerung veralteter deutscher Kraftwerke nicht auf erneuerbare Energien setzen, sondern weiterhin vor allen Dingen neue Kohle- und Gaskraftwerke bauen, wären Investitionen in etwa gleicher Größenordnung erforderlich“, erklärt er. Der BSW-Solar verweist darauf, dass das Bundesumweltministerium die Einsparungen der Energiewende im Vergleich zur Weiterführung der fossilen Energieversorgung auf 570 Milliarden Euro bis 2050 beziffert. (Sven Ullrich)