Es klingt verlockend: Einfach mit einem CO2-Rechner die Emissionen der geplanten Flugreise errechnen und dann mit einem geringen Geldbetrag Aufforstungsprojekte oder die Produktion von grünem Treibstoff unterstützen, um klimaneutral zu reisen. Ein gutes Gewissen trotz Fernreise – das verspricht unter anderem die Lufthansa mit ihrem CO2-Rechner.
Dreistes Greenwashing, nennt hingegen die deutsche Umwelthilfe diese Praxis und hat die Deutsche Lufthansa AG jetzt vor dem Landgericht Köln auf Unterlassung verklagt. Die Fluggesellschaft bewerbe ihre Flugreisen damit, dass Kunden die beim Flug entstehenden CO2-Emissionen durch einen Beitrag zu Kompensationsprojekten ausgleichen könnten. Damit signalisiere Lufthansa, dass Flüge durch einen CO2-Ausgleich keine klimaschädlichen Auswirkungen hätten. Die angegebenen Waldschutz- und Kochofenprojekte reichten für den versprochenen Ausgleich allerdings nicht aus, so die DUH.
Kompensation über die Website möglich
Tatsächlich stellt die Lufthansa auf ihre Website einen CO2-Rechner zur Verfügung. Reisende können für ihre Flugreise wählen, ob sie für ein Klimaschutzprojekt oder die Nutzung von so genanntem Nachhaltigem Flugkraftstoff (SAF) zahlen wollen. So könnten die Kunden dazu beitragen, Ihre Flüge schon heute nachhaltiger zu gestalten und CO2-neutral zu fliegen, heißt es dort.
Nicht alle Umwelteinflüsse berücksichtigt?
Doch das bezweifelt die DUH. Im Kompensationsmodell der Lufthansa werde nur ein Bruchteil der schädlichen Klimawirkungen berücksichtigt. In ihren Berechnungen unterschlage die Fluggesellschaft Klimagase wie Ozon, die Auswirkungen der Kondensstreifen und weitere schädliche Aspekte eines Fluges. Beziehe man diese Aspekte ein, seien die Klimawirkungen eines Fluges bis zu viermal so groß, wie durch den Kompensationsrechner der Lufthansa ermittelt. Die Klimawirkungen eines Fluges werde bei der Lufthansa ohne einen ausreichenden Hinweis auf den reinen CO2-Ausstoß reduziert, was mit der Realität der Klimawirkungen von Flügen nichts zu tun habe.
Kompensationsprojekte unzureichend, kritisiert DUH
„Die von Lufthansa zur Kompensation angegebenen Projekte erfüllen nicht das, was sie versprechen: CO2-Emissionen verbleiben für viele Jahrhunderte in der Erdatmosphäre. Waldschutzprojekte können jedoch nicht garantieren, dass sie für diesen langen Zeitraum betrieben werden“, kritisiert Agnes Sauter, Leiterin ökologische Marktüberwachung bei der DUH. Auch die angegebenen Kochofenprojekte in Afrika würden hinsichtlich ihres Einsparpotentials völlig überschätzt. „Wie lokale Familien diese Kocher dauerhaft nutzen, können wir nicht wissen“, so Sauter. Die Projekte seien gut und wichtig. „Sie sollen aber nicht dafür herhalten, dass die westlichen Industrieländer ihren hohen CO2-Verbrauch beibehalten.“
Lufthansa will sich zum konkreten Verfahren nicht äußern
Die Fluglinie wollte mit Verweis auf das laufende Verfahren keine Stellung nehmen. Grundsätzlich verfolge Lufthansa fortlaufend Projekte und Maßnahmen mit dem Ziel, die Umweltauswirkungen des Fliegens zu reduzieren und benötigte Ressourcen stets so effizient wie möglich einzusetzen, so ein Sprecher. Man sei sich bewusst, dass sich die Gesamtauswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima nicht nur auf die Wirkung der CO2-Emissionen beschränkten. Um das Ausmaß besser zu verstehen, beteilige sich das Unternehmen an mehreren Forschungsprojekten. Zudem setze die Lufthansa Group auf ein differenziertes Klimaprojekt-Portfolio zur CO2-Kompensation, das fortlaufend weiterentwickelt werde und derzeit 15 Projekte umfasse. (kw)