Die gebäudeintegrierte Photovoltaik geht in die nächste Runde. Der litauische Modulhersteller Via Solis in Vilnius hat eine Produktionslinie für die Herstellung von Solarmodulen in Betrieb genommen, die individuell an die Anforderungen des Architekten angepasst werden. Via Solis ist in der Lage, kristalline Module in unterschiedlichen Größen, Farben und Formen zu produzieren. Die Linie mit einer Kapazität von 50 Megawatt jährlicher Produktion entstand im Rahmen den europäischen Projektes Smart Flex. Daran sind neben Via Solis auch der litauische Glashersteller Glassbel in Klaipeda, das Applied Research Institute for Prospective Technologies (ProTech) in Vilnius, das Photovoltaik-Institut Berlin und der Entwickler von Planungssoftware Creative Amadeo mit beteiligt. Außerdem wird die Berliner Agentur Sunbeam Communications im weiteren Projektverlauf Workshops veranstalten, in denen das neue Produktionsverfahren diskutiert und Prototypen getestet werden sollen.
Flexibel und automatisiert
„Architekten stehen immer wieder vor dem Problem, dass ihre Vorstellungen von Solarelementen für die Fassade technisch nicht oder nur sehr teuer umsetzbar sind. Unsere Produktionslinie soll das nun ändern und so auch ausgefallene Solarfassaden ermöglichen“, erklärt Rimvydas Karoblis, Geschäftsführer von Via Solis. „Die gewünschten Formen, Farben und Größen der Solarelemente werden von der Planungssoftware des Architekten direkt an die Produktionslinie übermittelt“, ergänzt Juras Ulbikas vom ProTech, der das Smart-Flex-Projekt leitet.
Die Herausforderung bei der Produktion individueller Solarmodule ist, den Herstellungsprozess möglichst zu flexibilisieren und dabei einen möglichst hohen Automatisierungsgrad zu erhalten. Via Solis hat 37 Millionen Euro investiert, um eine solch flexible Produktionslinie aufzubauen. Jetzt kann der Modulbauer Paneele mit einer Größe von bis zu 1,7 mal 3,5 Meter und einer maximalen Modulleistung von 750 Watt produzieren. Die unterschiedlichen Farben erreicht Via Solis über farbige Modulgläser, die der Glashersteller Glassbel im litauischen Klaipeda liefert. Glassbel setzt seine Gläser schon lange in normale Glasfassaden ein. Mit der Integration von Solarzellen geht das Unternehmen zusammen mit Via Solis jetzt einen Schritt weiter. Außerdem nutzt der Modulhersteller in Vilnius verschiedenfarbige Laminationsfolien oder unterschiedlich gefärbte Solarzellen, um die Farbvarianten auszuweiten. Die Gläser können außerdem im Siebdruckverfahren bedruckt werden. Per Digitaldrucktechnik kann auf die gesamte Fassade beispielsweise auch ein flächendeckendes Foto aufgebracht werden.
Der Kunde gibt die Farbe vor
Auf die Herstellung von Solarmodulen für die Gebäudeintegration mit Dünnschichttechnologie setzt hingegen das EWE Forschungszentrum für Energietechnologien (Next Energy) in Oldenburg. Die Forscher entwickeln Solarzellen mit Teiltransparenz und spezieller Farbgebung. „Der Anspruch an das Erscheinungsbild eines Solarmoduls hat sich mittlerweile extrem gewandelt“, erklärt Martin Vehse, Leiter des Themenfeldes Alternative Substrate und Lichtmanagement bei Next Energy. „Deshalb erforschen wir verschiedene Materialien und neue Zellkonzepte, die es ermöglichen, das Aussehen der Solarzellen auf individuelle Kundenwünsche abzustimmen.“
Die Herausforderung ist dabei vor allem mit der Farbgebung der Module möglichst nah an die Kundenwünsche heranzukommen. Dabei verfolgen die Oldenburger Forscher drei Ansätze. „Die gewünschte Farbgebung in den Modulen erreichen wir durch die präzise Einstellung der Schichtdicken der Kontaktschichten“, beschreibt Martin Vehse einen dieser Ansätze. „Damit ist keine weitere Integration von Farbstoffen oder farbigen Folien mehr erforderlich.“ Ein zweiter Ansatz ist die Integration von semitransparenten Modulen in gefärbte Glasscheiben für Fenster. Weil durch dieses Verfahren keine zusätzliche Färbung der Module mehr erforderlich ist, wird zudem eine Beeinträchtigung der Lichtabsorption vermieden. Damit sind die theoretischen Vorarbeiten bereits weit gediehen. So weit wie die Litauer ist man in Oldenburg noch nicht. Die aktuellen Arbeiten drehen sich deshalb um die Optimierung der Produktionsprozesse. „Wir verwenden unter anderem ultradünne Germaniumabsorber oder elektrochemische Abscheidemethoden, um die Herstellungskosten von Solarzellen möglichst gering zu halten“, erklärt Vehse.
Normales Bauelement ist Konkurrent
Solche individuellen Solarmodule konkurrieren dabei nicht mit Standardmodulen aus der Massenfertigung. Vielmehr sind die Kosten von gewöhnlichen Baumaterialien der Maßstab für die gebäudeintegrierte Photovoltaik. Dabei sind die Hersteller und Forscher schon ein ganzes Stück vorangekommen. Denn die Kostenunterschiede zwischen Bauelementen mit und ohne Photovoltaik sind schon heute nur noch geringfügig. „Der Quadratmeterpreis für Trapezbleche, wie sie zum Beispiel für Carportdächer genutzt werden, Bitumenbedachungen oder Ziegel ist mit dem Preis für ein Solarmodul mittlerweile durchaus vergleichbar“, sagt Martin Vehse. „Dadurch wird auch der großflächige Einsatz, zum Beispiel auf Häuserdächern, interessant und für einen vergleichbaren Preis eine umweltfreundliche Energiequelle ins Gebäude integriert.“ (Sven Ullrich)