Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Forwind – ein Forschungsverbund der Universitäten Bremen, Oldenburg und Hannover – und das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) haben mit der Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages offiziell den Forschungsverbund Windenergie gestartet. Ziel ist es, mit mehr Personal und durch die Vernetzung der Kompetenzen, langfristige und strategisch wichtige Großprojekte in der Windenergieforschung zu realisieren. Mit der Kooperation entsteht eine gemeinsame Forschungslandschaft an 14 Standorten in sieben Bundesländern. Die Kooperationspartner können dabei auf 42 Institute und Abteilungen mit insgesamt mehr als 600 Mitarbeitern zurückgreifen. „Die Kooperation soll uns in der internationalen Windenergieforschung und im Rahmen internationaler Verbundprojekte stärken“, erklärt Ulrich Wagner, Vorstand für Energie und Verkehr am DLR. „Über allem steht der Erhalt und der Ausbau der Technologieführerschaft.“
Geldmittel effizient einsetzen
Mit der Kooperation der drei Einrichtungen „entsteht eine große Forschungsinfrastruktur, in die viel Geld fließt“, sagt Stephan Barth, Geschäftsführer von Forwind. Den Partnern geht es jetzt darum, dass diese Geldmittel auch effizient eingesetzt werden. Mit dieser Infrastruktur können sich die Kooperationspartner in der Forschung thematisch breiter aufstellen. Das reicht vom Wind selbst, wo es vor allem um Fernerkundungssysteme geht, um die komplizierten Strukturen im Windpark zu verstehen und damit den besten Standort und das beste Design für einen Windpark zu finden, bis zur Frage, wie der erzeugte Strom am besten ins Netz eingespeist wird. Dazwischen liegen noch weitere Themen wie das Design der Gondel. „Da sind noch Fragen offen, wie Getriebe und Generatoren optimiert werden können und welche Kräfte auf sie wirken“, erklärt Stephan Barth.
Windböen gezielt ausregeln
Eines der wichtigsten Themen, die im Forschungsverbund bearbeitet werden sollen, ist die Effizienz der Anlage. „Schließlich ist die Windenergie ein zentrales Thema bei der Energiewende“, betont Ulrich Wagner. „Wenn wir über 50 oder mehr Gigawatt erneuerbare Energien reden, wissen wir, wie wichtig jeder Prozentpunkt bei der Effizienz der Anlagen ist.“ Dabei geht es gegenwärtig um das Design und die Technik der Rotorblätter als erstes gemeinsames Projekt der Forschungspartner. Mit sogenannten Smart Blades (intelligenten Rotorblättern) versuchen die Forscher, die einwirkende Last zu mindern und damit ein aerodynamisch optimiertes Design von Windenergieanlagen zu ermöglichen. Das würde nicht nur die Material- und Logistikkosten reduzieren. „Wir wollen Anlagen konstruieren, die mehr Vollaststunden erreichen“, erklärt Stephan Barth. „Dabei haben wir immer die industrielle Umsetzung mit im Blick.“ Mit Rotorblatthinterkanten, die ihre Form verändern können, und Klappen, die bei Bedarf den Wind umlenken, können die inzwischen bis zu 85 Meter langen Rotorblätter gezielt Windböen ausregeln und Leistungsschwankungen verringern. Solche Mechanismen erhöhen die Effizienz der Anlage, die bei zu starkem oder böigem Wind aus dem Wind gedreht wird. Sie reduzieren aber auch die Schadensanfälligkeit, was letztlich die Lebensdauer der Anlage erhöht. Die große Forschungsaufgabe ist dabei, Smart Blades zu entwickeln, die durch ihre aktiven Mechanismen nicht fehleranfälliger, schwerer und wartungsintensiver werden, was Anlagenbetreiber bisher vom Einsatz solcher intelligenten Rotorblätter abhielt.
Akzeptanz mitdenken
Aber nicht nur die Energieeffizienz steht hinter der Entwicklung von Smart Blades. Die Forscher haben auch die Akzeptanz von Onshore-Windenergieanlagen im Blick. Sie wollen die Rotorblätter so optimieren, dass die Schallwirbelablösungen an der Spitze des Rotorblattes vermieden werden. Dadurch würden die Anlagen leiser. Bisher konzentrierte man sich vor allem darauf, die Blätter so zu optimieren, dass sie eine größtmögliche Energieausbeute erreichen. „Wir wollen eine Geometrie einsetzen, die aeroakustisch optimiert ist, die aber bisher ertragsmindernd waren“, erklärt Ulrich Wagner. „Es ist zum Beispiel denkbar, einzelne Schallquellen zu eliminieren, die als störend empfunden werden.“ Die Vermeidung störender Geräusche bei gleichen Erträgen erhöht die Akzeptanz und kommt dem Betreiber zugute, der solche Blätter dann auch einsetzt, wenn er keine Ertragseinbußen dabei hat. Für das Forschungsprojekt sind zwölf Millionen Euro veranschlagt und es ist auf eine Laufzeit von 39 Monaten angelegt. (Sven Ullrich)