„It’s time to put Climate first“ – unter diesem Motto hat heute die Hamburg Windenergy ihre Pforten geöffnet. Nachdem vor zwei Jahren nur eine Online-Variante der Messe stattfinden konnte, erwarten in diesem Jahr rund 1.400 Aussteller bis zu 30.000 Besucher aus 100 Ländern. Wie Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress bei der Eröffnungs-Pressekonferenz sagte, seien Aussteller- und Besucherzahlen ähnlich wie 2018, doch der Anteil internationaler Aussteller von 48 auf 55 Prozent gewachsen. Bis Freitag werde die Messe ihren Besuchern so viele Networking Events bieten wie noch nie, so Aufderheide. Ein Beweis, dass es den direkten Kontakt brauche. Zum ersten Mal findet parallel die H2Expo & Conference zum Thema Wasserstoff statt.
Krisen schlagen auch auf die Windbranche durch
Die Situation, in der die Windmessein diesem Jahr stattfindet, könnte kaum komplexer sein. Die Energiekrise, unter anderem ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, schlägt auch auf die Windbranche durch – sei es, weil Windenergie als einheimische Stromquelle eine neue strategische Bedeutung bekommt, oder weil die steigenden Rohstoff- und Energiepreise sowie die Probleme in den Lieferketten auch die Windindustrie treffen.
Habeck: Energiewende ist das A und O
„Die Bedeutung der Windenergie und des Ausbaus erneuerbarer Energien sei heute dringlicher und wichtiger denn je“, betonte Wirtschaftsminister Robert Habeck bei der Eröffnung: „Eine beschleunigte Energiewende ist das A und O für eine sichere und nachhaltige Energieversorgung, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Daran müssen wir mit ganzer Kraft arbeiten und den Ausbau Erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen.“
Kluft zwischen Zielen und Realität beim Ausbau
Lobenswert sei, dass sich viele Regierungen auch unter dem Eindruck der Krise ambitionierte Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren gesetzt hätten, lobte Ben Backwell, CEO Global Wind Energy Council. „Aber wir müssen die Pläne jetzt in die Tat umsetzen.“ Es tue sich eine Kluft auf „zwischen dem, wo wir sein sollten, und dem, wo wir sind.“ Backwell betonte, es sei beim Ausbau der Erneuerbaren jetzt keine Zeit mehr zu verlieren. „Wir haben keine weiteren zehn Jahre, der Klimawandel ist da.“
Hamburger Erklärung mit 5 Branchenforderungen
Welche Schritte dazu Ansicht nun nötig sind, machten die Branchenverbände GWC, BWE, Wind Europe und VDMA Power Systems in der „Hamburger Erklärung zur Reaktion auf die Energie- und Klimakrise“ in fünf Punkten deutlich:
- Windenergie und andere erneuerbare Energien sollten ins Zentrum der politischen Entscheidungen rücken.
- Die Genehmigung von Windenergieprojekten müsse durch Vereinfachung, Entbürokratisierung und Digitalisierung der Genehmigungsprozesse beschleunigt werden.
- Die nationale und regionale Industriepolitik müsse die Windenergie als strategisch wichtige Branche anerkennen und damit den Zulieferern auch uneingeschränkten Zugang zu den erforderlichen Rohstoffen ermöglichen.
- Die Politik müsse die Abwendung von fossilen Energieträgern zugunsten erneuerbarer Stromerzeugung sicherstellen und beschleunigen.
- Investitionen in die Stromnetze müssten beschleunigt werden.
Preisobergrenze nur, wenn sie für alle gilt
In der Diskussion um eine mögliche Preisobergrenze für Strom von 180 Euro pro MWh, wie sie die EU-Kommission vorgeschlagen hat, betonte Sven Utermöhlen, Vorsitzender von Wind Europe und CEO Offshore Wind der RWE Renewables, dass eine Hilfe für Familien und Industrie auf Verständnis in der Branche stoße. Aber sie könne nur erfolgreich sein, wenn sie für alle Stromproduzenten unabhängig von der Vermarktungsart und in allen EU-Ländern gleich gelte. „Wenn es zu viele Ausnahmen gibt, wird das Unsicherheit hervorrufen und Investitionen in die Erneuerbaren bremsen“, warnte er.
Nach Ansicht des BWE-Vizepräsidenten Björn Spiegel muss zudem klar sein, dass es sich um eine kurzfristige und zeitlich befristete Maßnahme handelt. Einer Übergewinnsteuer, die ebenfalls in der Diskussion steht, erteilte er eine Absage. Die Industrie brauche stabile Rahmenbedingungen und keine rückwirkend erhobene Steuer, um einen kurzfristigen Marktfehler zu beheben. Die Lösung der hohen Strompreise sei ein massiver Ausbau der Windenergie.
Auch grüner Wasserstoff braucht erneuerbaren Strom
Einen Ausbau der Windenergie forderte auch François Paquet, Impact Direktor der Renewable Hydrogen Coalition, um grünen Wasserstoff produzieren zu können. Grüner Wasserstoff sei ein Gamechanger: „Zum ersten Mal hat Europa eine skalierbare und nachhaltige Alternative, um seine Abhängigkeit von Importen fossiler Brennstoffe zu reduzieren und gleichzeitig die europäische Gemeinschaft zu stärken.“ Nun müsse die Politik reagieren. „Wir brauchen drei Dinge: Wir müssen die Nachfrage schaffen, das Angebot erhöhen und die Kostenlücke schließen.“
Die verbindlichen Ziele, die Europa in vorrangigen Sektoren eräge, seien der richotge Weg, um die Nachfrage zu befeuern. „ Auf der Angebotsseite brauchen wir schnelle Genehmigungen, gesunde Wertschöpfungsketten und vor allem einfache, aber robuste EU-weit harmonisierte Regeln für die Herstellung von Grünem Wasserstoff“, so Paquet. (kw)