Die Stadtwerke und auch der VKU loben, das EEG 2014 gehe in die richtige Richtung. Nun ist das EEG 2014 da – und alles gut?
Hans-Joachim Reck: Auf jeden Fall ist es ein richtiger Schritt, um die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien sukzessive auf den Weg zu bringen. Es ist notwendig, dass die erneuerbaren Energien im zukünftig von ihnen dominierten System mehr Verantwortung übernehmen. So ist es beispielsweise vorstellbar, auch die Erzeugung aus Erneuerbaren in Kombination mit Speichern an die Nachfrage anzupassen. Die Markt- und Systemverantwortung hat für die erneuerbaren Energien aufgrund des Einspeisevorrangs und der festen Marktvergütung unabhängig von den Preisen an der Strombörse EEX bis vor einigen Jahren auch gar keine Rolle gespielt. Zukünftig wird die Synchronisation von erneuerbaren Energien- und Netzausbau eine viel stärkere Rolle spielen müssen, unabhängig davon, dass es heute noch Netze gibt, die bis auf weiteres noch keine Probleme mit der Aufnahme eingespeister erneuerbarer Energien haben, innerstädtische Regionen natürlich, …
… in denen genug Energie sofort wieder verbraucht wird und keine Windparks sehr große Leistungen punktuell einspeisen.
Hans-Joachim Reck: Große Herausforderungen allerdings bestehen bereits in vielen ländlichen Regionen.
Sie sprechen von Systemverantwortung. Wie aber ist diese künftig zwischen den Stadtwerken und den Netzbetreibern aufzuteilen und zu regeln?
Hans-Joachim Reck: Ja, es geht um Systemverantwortung. Dass die erneuerbare Energien diese selbst jederzeit gewährleisten können, ist derzeit noch eine Vision. Hier geht es um die Wahrnehmung, was Windenergie selbst tragen können wird und was wir als Stadtwerke residual zur Verfügung stellen müssen, und zwar durch geeignete technische Möglichkeiten wie zum Beispiel RONTs.
– EINFLUSS AUF AUSSCHREIBUNGSMODELL GEWINNEN –
Sie meinen die zunehmend installierten Regelbaren Ortsnetztransformatoren, abgekürzt Ronts. Residual heißt, die Stadtwerke müssen die Unterdeckung zwischen Verbrauch und der Einspeisung volatiler Strommengen der erneuerbaren Energien ausgleichen. Und mit den Ronts können Sie noch mehr Grünstromeinspeisung im Ortsnetz zulassen als bisher. Müssen Sie aufgrund ihrer Systemverantwortung auch Einfluss auf die ab 2017 geplanten Ausschreibungen von Erneuerbar-Energien-Projekten haben?
Hans-Joachim Reck: Die Kommunen gehen davon aus, dass wir als Wirtschaftsverband uns an der Entwicklung des Ausschreibungsmodells so beteiligen, dass kleinere Stadtwerke und Bürgerenergiegemeinschaften sich an ihnen beteiligen können. Es geht um Ausschreibungsgemeinschaften, für die wir den Kommunen als Vermittler oder als Dienstleister zur Verfügung stehen. Oder ob wir für die Kommunen oder Bürgerenergiegenossenschaften bereitstehen, um dann ein Pooling zu machen. Und zwar nicht nur ein Pooling für eine gemeinsame Teilnahme an der Ausschreibung, sondern auch ein Pooling für die Direktvermarktung des erzeugten Erneuerbare-Energien-Stroms.
Wie aber soll die Ausschreibung mit so einem Einfluss der Stadtwerke aussehen?
Hans-Joachim Reck: Ich könnte mir vorstellen, dass Ausschreibungen auch in unterteilten Regionen – wie zum Beispiel mehreren Bundesländern – durchgeführt werden. Durch die Zusammenarbeit von Bund und Ländern ließe beispielsweise klären, dass in Süddeutschland ein besonderer Nachholbedarf herrscht und man mit den Kommunen zusätzlich bestimmte Vorgehensweisen bei den Raumordnungs- und Bebauungsplanungen verabredet. Ausschreibungslose sollten außerdem in solchen Größen zugeschnitten sein, dass sich sowohl Kommunen, Bürgerenergiegenossenschaften oder auch Stadtwerke ohne großen administrativen Aufwand daran beteiligen können.
– ENERGIEBÜRGER NICHT VERLIEREN, GEMEINSAM KLIMASCHUTZZIELE ERREICHEN –
So wird es ja aber nicht laufen, dass abgegrenzte, vielleicht sogar stadtteilgenaue Ausschreibungen stattfinden.
Hans-Joachim Reck: Ja richtig, aber Kommunen haben beispielsweise auch bislang schon Flächen für Photovoltaikanlagen auf Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden bereitgestellt. Kommunen könnten sich mit Bürgern, die kleine Beträge investieren wollen, über ihre Stadtwerke – die ihrerseits darüber hinaus auch Anleihen herausgeben können – an den Ausschreibungen beteiligen. Und im Erfolgsfall bauen die Stadtwerke mit diesen Investoren gemeinsam einen Bürgerwindpark.
… oder ein Solarstromprojekt. Auch, um sich als Miteigenverbraucher zu profilieren? Oder um bei Solarstromprojekten dafür zu sorgen, dass die Bürger nicht ihren Strom unabhängig von den Stadtwerken selbst verbrauchen, sondern dass die Bürger auch beim Selbstverbrauch dann Kunden der Stadtwerke bleiben?
Hans-Joachim Reck: Das ist ein Stück weit richtig. Aber manche wollen auch, dass sie mehr Möglichkeiten haben, um die Energiewende der Region zu Gute kommen zu lassen. Wer investieren möchte, sollte in der Region investieren. In diesem Zusammenhang kann das gesamte Potenzial auch dazu beitragen, dass das Stadtwerk perspektivisch den Verbrauch für dieses Jahr decken kann.
– PROJEKTE MIT VIER PROZENT RENDITE GEWOHNT –
Warum aber lohnt es sich jetzt?
Hans-Joachim Reck: Wir diskutieren über den Klimaschutz, über Kraft-Wärme-Kopplung. Es geht darum, möglichst viel Unterstützung zu erhalten, um die Klimaschutzziele der Gemeinde und damit auch des Bundes zu erreichen. Dabei können die Stadtwerke mehr mit Kraft-Wärme-Kopplung machen, vorausgesetzt die – gegenwärtig nicht guten – wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Natürlich können Stadtwerke keine Projekte machen, die nicht wirtschaftlich sind. Es ist vor der Novellierung des EEG 2014 oft gesagt worden, es lohne sich nach der Reform nicht mehr. Wir wollten daher von den Banken wissen, ob sie Erneuerbare-Energien-Projekte weiterhin finanzieren werden. Und die haben auf unseren entsprechenden Informationsveranstaltungen die Auskunft gegeben: Wir können auch weiterhin Erneuerbare-Energien-Projekte finanzieren, das rechnet sich und ist noch attraktiv. Stadtwerke sollten durchaus prüfen, in solche neuen Projekte zu investieren. Zukünftig können zwar nicht mehr wie früher acht bis neun Prozent Rendite – wie bisher bei Projektierern üblich – in Aussicht gestellt werden. Allerdings sind durchaus Verzinsungen in den Größenordnung von drei bis vier Prozent realisierbar, was auch den allgemeinen Renditeerwartungen der kommunalen Eigentümer entspricht.
Das Gespräch führte Tilman Weber