Der Hersteller von polykristallinen Solarzellen und Modulen Sovello in Wolfen-Bitterfeld hat beim zuständigen Amtsgericht Dessau-Roßlau Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens angemeldet. Das Unternehmen ist zahlungsunfähig. Insgesamt fehlen derzeit 35 Millionen Euro. „Wir haben alternative Szenarien auf ihre Tragfähigkeit hin geprüft, um die Zahlungsfähigkeit unseres Unternehmens wiederherzustellen“, erklärte Reiner Beutel, Vorsitzender der Geschäftsführung von Sovello.
Insolvenz in Eigenverwaltung
Das Unternehmen versucht, die Sanierung in Eigenregie gemäß Paragraph 270 der Insolvenzordnung zu schaffen. Die Unternehmensleitung bleibt weiter im Amt und hat weiter Verfügungsgewalt über die Vermögenswerte von Sovello. Das Gericht in Dessau-Roßlau hat lediglich den Rechtsanwalt Bernd Depping von der Kanzlei dnp Depping als vorläufigen Sachwalter an die Seite der Geschäftsführung gestellt. Bei ihm müssen die Gläubiger ihre Forderungen anmelden. Zusätzlich berät ein Team der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing unter Leitung des Düsseldorfer Anwalts Matthias Kampshoff die Geschäftsführung im Sanierungsprozess. „Auch wenn unsere Verschuldung gering ist: Wir schätzen die Lage so ein, dass das Unternehmen in dem schwierigen Marktumfeld, das von Förderkürzung, Überkapazitäten und Preisverfall geprägt ist, mit den Instrumenten der Insolvenzordnung nachhaltig saniert werden kann“, gibt sich Reiner Beutel optimistisch. „Je reibungsloser die Geschäfte kurzfristig fortgeführt werden können, desto mehr Chancen haben wir mittel- und langfristig, das Unternehmen zu sanieren“, ergänzt der vorläufige Sachwalter Depping. „Dazu gehört auch, dass wir das Insolvenzgeld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis einschließlich Juli 2012 zügig vorfinanzieren und unverzüglich Verbindung mit Lieferanten und Kunden aufnehmen. Nach erstem Augenschein gibt es wegen der technologisch sehr innovativen Produkte und der Marktposition der Sovello GmbH gute Gründe, die Gesellschaft in einem herausfordernden Marktumfeld sanieren zu können.“
Die gesamte Produktionskette unter einem Dach
Schließlich hat Sovello die gesamte Produktionskette vom Wafer über die Zelle bis zum Modul unter einem Dach. Das sichert Qualität und schafft Vertrauen beim Kunden. Bisher scheint Sovello alles richtig gemacht zu haben. „Man muss den Anteil der Eigenfertigung am Produkt, der derzeit oft unter zehn Prozent liegt, erhöhen, weil dies die Technologie schützt – das ist eine Geheimwaffe global erfolgreicher Unternehmen“, sagt Ulrich Blum, ehemaliger Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung mit Blick auf die Insolvenzwelle, die gerade durch die Welt der Photovoltaikproduzenten rollt. Selbst die Insolvenzanmeldung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Das befreit erst einmal von Kosten. „Nur muss man danach sehen, wie man das Unternehmen anders aufstellt“, erklärt Ulrich Blum. „Ich sehe eine erhebliche Chance darin, wenn die deutschen Unternehmen fusionieren, um eine kritische Größe zu erreichen. Kurzfristig muss preisliche Wettbewerbsfähigkeit das Ziel sein, langfristig die Entwicklung zum starken Anbieter in einer Nische.“
Lob von den Marktforschern
Schließlich bekam Sovello vor gerade mal drei Monaten auch noch Lob von EuPD Research. Das Bonner Marktforschungsunternehmen bewertete Sovello als „Top Brand PV“. „Das Siegel erhalten Hersteller, die von Installateuren weiterempfohlen und vom Endkonsumenten am stärksten als Marke wahrgenommen werden“, erklärte damals Thomas Olbrecht, Senior Research Manager bei EuPD Research. Doch selbst das half dem Unternehmen nicht weiter. Im letzten Jahr erwirtschaftete es einen Umsatz von 207,9 Millionen Euro. Allerdings fielen dabei keine Gewinne ab. Seit zwei Jahren schreibt Sovello rote Zahlen. Zwar wollte man dem begegnen, indem man üppig investierte – immerhin zuletzt 35 Millionen Euro in neue Hochtechnologieöfen. „Wir bieten den Chinesen Paroli“, sagte Reiner Beutel noch zu Beginn des Jahres. Man plante die Ausweitung der Produktionskapazität bis 2013 von derzeit 180 Megawatt pro Jahr auf 250 Megawatt. Sogar die jährliche Produktion von Solarmodulen mit einer Gesamtleistung von 300 Megawatt war im Gespräch. Doch scheint das in einem Marktumfeld, das von Produktionsüberkapazitäten und einem gnadenlosen Preiskampf beherrscht ist, nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein.
Dazu kommen noch die Unsicherheiten der politischen Rahmenbedingungen bei der Förderung der Photovoltaik in Deutschland, immerhin der größte Markt der Welt. Zwar hat der Bundesrat die Novelle des EEG erst einmal gestoppt. „Dies ist eine Signal an den Markt, dass wir Lösungen finden, die den deutschen Anbietern weiter Absatz sichern“, sagte der Sachsen-Anhaltinische Ministerpräsident Reiner Haseloff nach der Bundesratsabstimmung am vergangenen Freitag. Ob sich der Markt auf den Vermittlungsausschuss verlässt, bleibt aber offen, den das Problem ist noch lange nicht vom Tisch. Die Unsicherheit über die Förderbedingungen, mit der sich die ganze Branche herumschlagen muss, bleibt möglicherweise über Monate bestehen.
Es geht um 1.250 Arbeitsplätze
Zwar hat sich Sovello in diesem Jahr wacker geschlagen. Aber jetzt strauchelt innerhalb weniger Monate schon der zweite große Solarproduzent im Solar Valley Mitteldeutschland. In direkter Nachbarschaft zu Q-Cells stehen jetzt weitere 1.250 Jobs auf dem Spiel. Doch während man bei Q-Cells in die Produktionsoffensive geht, hat Sovello schon vor längerer Zeit seine Produktion auf ein Drittel ihrer eigentlichen Kapazität heruntergefahren und plant die Einführung von Kurzarbeit. (Sven Ullrich)