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Offshore-Windkraft-Wasserstoff

Wasserstoffstrategie: Politik muss Fokus nun auf Meereswindstrom richten

Tilman Weber

Die Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Offshore-Windparkbetreiber (BWO), Catrin Jung, forderte an die Adresse der deutschen Bundesregierung gerichtet, diese müsse die Offshore-Windkraft in die angekündigte nationale Wasserstoff-Strategie einbeziehen. Anlässlich der Berliner Tagung zur „Rolle der Offshore-Windenergie im Übergang in eine Wasserstoff-Wirtschaft“ in Deutschland und Großbritannien betonte Jung gemäß einer Befragung durch den BWO vor dem Beginn der Veranstaltung: In Bezug auf die zusätzlich jüngst beschlossene Anhebung des bisherigen Offshore-Windkraft-Ausbaudeckels bis zum Zieljahr 2030 von 15 auf 20 Gigawatt (GW) und auf das ebenso jüngst beschlossene Klimapaket durch die Bundesregierung müsse der Ausbau der Windkraft auf See auch über die 20 GW hinaus forciert werden. Es dürfe zugleich aber nicht passieren, dass im Falle einer tatsächlichen Einbindung der Offshore-Windkraft in die Erzeugung grünen Wasserstoffs als künftiger klimaneutraler Energierohstoff dies als Argument gegen den „dringend notwendigen Netzausbau“ verwendet werde, sagte Jung.

BWO: Wasserstoffnutzung und Netzausbau wichtig

Der Hinweis der Branchenvertreterin, die beim Energiekonzern Vattenfall den Konzernbereich Marktentwicklung Offshore leitet, zielt auf die klimaneutrale Erzeugung von Wasserstoff aus überschüssigem Wind- wie auch Sonnenstrom. Dies gilt in der Erneuerbaren-Branche, aber längst auch in der Energiewirtschaft allgemein als Strategie, um insbesondere einer Überlastung der Stromleitungen bei hoher Erneuerbaren-Strom-Produktion und zugleich zu geringer Stromabnahme entgegenzuwirken. Wasserstoff lässt sich in Brennstoffzellenantrieben in Fahrzeugen einsetzen oder beispielsweise auch rückverstromen. Geeignet ist Wasserstoff allerdings aus wirtschaftlichen Gründen eher für große Verkehrsmittel wie Züge, Busse, Schiffe oder vielleicht in Zukunft auch im Flugverkehr. Eine wichtige Anwendung ist auch der Einsatz des klimaneutralen Brennstoffes in industriellen Produktionsanlagen zum Beispiel in der chemischen Industrie. Dort kommt Wasserstoff beispielsweise auch als Zugabe in chemischen Prozessen zum Einsatz. In den offiziellen deutschen Netzentwicklungsplänen ist die Abzweigung überschüssigen Grünstroms zur Wasserstoffproduktion oder durch andere Power-to-X-Umwandlungen zum Beispiel des Grünstroms in Wärme bisher nicht eingerechnet. Immerhin hat der Gesetzgeber aber die Erleichterung der Wasserstoffproduktion als eine netzdienliche Systemdienstleistung bereits ins Auge gefasst. Der Ausbaudeckel von zuerst 15 und nun 20 GW für 2030 für Meereswindparks in Deutschland richtet sich indes exakt nach dem vorgesehenen Tempo des Netzausbaus und den daraus zur Verfügung gestellten Stromnetzkapazitäten.

Stetige Erzeugung ist optimale Voraussetzung

Der Leiter der Abteilung Portfolio-Entwicklung Offshore-Windenergie beim baden-württembergischen Energiekonzern EnBW, Holger Grubel, erklärte zum selben Thema: Es biete sich „Offshore-Wind eignet sich … optimal, weil die stetige Stromerzeugung für eine Wasserstoffproduktion geeignet ist. Dafür braucht es einen regulatorischen Rahmen, der dies fördert und nicht wie heute unterbindet.“

Mit Verweis auf die Bedeutung der Tagung und ihres Themas einer Wasserstoffproduktion aus Offshore-Windstrom sagte der britische Botschafter Sebastian Wood: „Wasserstoff kann gerade in den Bereichen einen Beitrag leisten, in denen eine Emissionsminderung in Großbritannien und Deutschland am nötigsten ist – in der Industrie, im Schwerlastverkehr und bei der Wärmeerzeugung in Gebäuden“. Der BWO-Geschäftsführer Uwe Knickrehm ermahnte allerdings die Branche, um grünen Wasserstoff wirtschaftlich zu erzeugen und zu vermarkten, müsse Offshore-Windstrom noch günstiger werden.

Branche verlangt Absicherungen für höheres Ausbauziel

Als Veranstalter hatten der BWO und die Britische Botschaft in Berlin für Mittwoch in die Räume der Botschaft zu der Tagung eingeladen. Am Dienstag hatte der BWO bereits von der Bundesregierung „wirksame Absicherungen“ verlangt, damit der Ausbau einer Offshore-Windkraftkapazität auf 20 GW bis 2030 auch wirklich gelinge. So dürften von „vorneherein nicht auszuschließende Einzelprobleme die Zielerfüllung nicht gefährden“.

Im Detail verlangt der BWO demnach, dass Deutschland das sogenannte Küstenmeer der Ostsee für weitere, auch näher zum Ufer entstehende Offshore-Windparks öffne und zügig offene regulatorische Fragen dazu kläre. Mit einem Mengen- und einem Zeitpuffer müssten neue Kapazitäten an Konvertern zum Umspannen des Windstroms auf See für den Transport an Land sowie die zusätzlichen Windparkkapazitäten frühzeitig ausgeschrieben werden. Mit einem kontinuierlichen Monitoring müsse die Regierung klarstellen, dass notwendige technologische Anpassungen an den größeren Ausbaubedarf rechtzeitig erfolgten. Beispielsweise die Errichtung größerer Umspannstationen als bisher geplant müsse damit mit einer ausreichend modernisierten Technik gewährleistet werden.

Auch Ausbauetappen bis 2050 definieren

Um Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, müsse die Regierung zudem nun auch die nächsten Ausbauetappen bis 2050 bereits definieren, damit die Branche künftig ohne Fadenrisse in den Projektierungen vorankomme. Alle Beteiligten am Offshore-Windkraft-Ausbau einschließlich der Akteure in Ministerien und Regierung müssten dazu rechtzeitig Konsultationen aufnehmen.