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Offshore-Netzanschluss

Haftungsfrage bleibt Reizthema

Ein aktueller Vorschlag aus dem Haus von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sieht nun vor, das Energiewirtschaftsgesetz zu ändern. Zur Diskussion steht eine Offshore-Umlage. Kein neues Instrument, betont eine Sprecherin auf Nachfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN: „Auch heute werden Offshore-Anbindungskosten über die Netzentgelte auf die Stromkunden umgelegt.“ Neu sei lediglich der Vorschlag, diese Kosten separat und transparent in der Stromrechnung auszuweisen.

Konkret plant Rösler aber auch, dass Windparkbetreiber bei nicht rechtzeitiger Netzanbindung oder bei Ausfall von Leitungen ab dem 15. Tag der Nichteinspeisung einen pauschalierten Schadensersatz in Höhe von 80 Prozent der gesetzlichen Einspeisevergütung erhalten sollen. Die Kosten dafür würde zwar zunächst der Netzbetreiber tragen – zusammen mit den Kosten für die Anbindungsinvestitionen soll er sie allerdings mittels der Offshore-Umlage bundesweit umlegen können. „Abhängig vom Verschuldungsgrad trägt der Netzbetreiber einen Eigenvorbehalt“, erläutert die Ministeriumssprecherin. Was wohl heißen soll, dass bei nachweisbarem Eigenverschulden des Netzbetreibers dieser nicht alle Kosten auf den Verbraucher abwälzen kann. Je nachdem, wie stark das Netzunternehmen für die Leitungsprobleme oder den verspäteten Ausbau verantwortlich ist, muss es einen höheren oder niedrigeren Eigenanteil an der Schadensersatzzahlung selbst finanzieren. Ziel sei es nun, im Rahmen der Ressortabstimmung zwischen den Ministerien Einvernehmen herzustellen.

Offshore-Stiftung hält Entwurf für unannehmbar

Als „völlig unannehmbar“ bezeichnet Jörg Kuhbier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Offshore-Windenergie, den Entwurf des Wirtschaftsministers. „Das würde bedeuten, dass die Parkbetreiber mit 20 Prozent für etwas haften müssen, was gar nicht in ihrem Einflussbereich liegt. Darauf lässt sich keine Bank ein, und damit bekommt man keine Finanzierung hin.“ Die von Philipp Rösler einberufene Arbeitsgemeinschaft AG Beschleunigung unter Moderation der Offshore-Stiftung hatte indes bereits Anfang des Jahres Lösungsvorschläge für die Haftungsproblematik erarbeitet – und fordert deutlich mehr: In ihrem Ende März vorgestellten Papier verlangen die Vertreter von Netzbetreibern, Windbranche und Wirtschafts- plus Bundesumweltministerium, dass die Betreiber ab dem achten Tag der unplanmäßigen Nichtverfügbarkeit des Netzanschlusses einen Ersatzanspruch von 95 Prozent haben sollen.

Eine ebenfalls von der AG erstellte Studie zeigt, dass die Netzbetreiber zahlreiche Risiken ohnehin versichern können und dass sich viele mögliche Schäden schon im Vorfeld durch prophylaktische Maßnahmen eingrenzen lassen. Allerdings: 40 der 80 untersuchten Risikoszenarien können innerhalb von drei Monaten behoben werden und liegen somit unter dem von Versicherungen üblicherweise geforderten Selbstbehalt, 13 weitere sind aktuell am Markt nicht versicherbar. Bei größeren Ausfällen können sich die Selbstbehalte und Restrisiken demnach auf 200 bis 1.400 Millionen Euro summieren. Fazit der Studie: Weder Parkbetreiber noch Übertragungsnetzbetreiber können diese Risiken komplett übernehmen.

Gesetzesinitiative bisher ohne Rücksprache mit Branche

„Wir brauchen eine zeitnahe Regelung“, betont Jörg Kuhbier. „Aber die muss auch auf Konsens stoßen. Sie muss die Risiken und Lasten fair auf die Parkbetreiber, die Übertragungsnetzbetreiber und die Stromkunden verteilen.“ Ursprünglich hatten Wirtschaftsminister Rösler und der damalige Umweltminister Norbert Röttgen zugesagt, sich vor der offiziellen Präsentation ihres Gesetzentwurfes im Juni noch einmal mit den Mitgliedern der AG Beschleunigung treffen zu wollen, um nach einer gemeinsamen Diskussion letzte Anpassungen an dem Schriftstück vorzunehmen. Auf eine Einladung zu einem solchen Treffen warte er bislang allerdings vergeblich, sagt Kuhbier. Sollte es doch noch dazu kommen, müsse ein gangbarer Kompromiss gefunden werden.

(Anne-Katrin Wehrmann)