Die Regierungskoalition hat sich auf einen neuen „Kompromiss“ zur Einführung der EEG-Umlage auf selbst verbrauchten Solarstrom geeinigt. Das gibt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) bekannt. Demnach soll die sogenannte „Sonnensteuer“ jetzt schrittweise in Kraft treten. So sollen die Betreiber neuer Photovoltaikanlagen, gleichgültig wann sie ihre Anlage bauen, bis zum Ende 2015 zunächst nur 30 Prozent EEG-Umlage auf ihren selbst verbrauchten Strom bezahlen. Bis zum Ende des Jahres 2016 wird die „Sonnensteuer“ für alle Anlagen, die nach dem 1. August dieses Jahres errichtet werden, 35 Prozent der dann aktuellen EEG-Umlage betragen. Ab 1. Januar 2017 soll dann die ursprünglich vorgesehene EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch von 40 Prozent in Kraft treten. Als zweiten entscheidenden Teil der Einigung haben die Regierungskoalitionäre wieder die Bagatellgrenze ins Gesetz geschrieben. So werden Anlagen mit einer Leistung von bis zu zehn Kilowatt von der „Sonnensteuer“ befreit. Es sei denn, ihre Anlage produziert mehr als 10 Megawatt Solarstrom pro Jahr.
Keine Lösung
Für die Branche ist eine solche Einigung noch längst keine Lösung. Zwar sind die Eigenheimbesitzer jetzt wieder auf der sicheren Seite. Doch es sind die mittelgroßen Dachanlagen auf Gewerbegebäuden, die einen großen Teil des Photovoltaikmarktes in Deutschland ausmachen. „Bürger und Mittelstand waren bislang die Treiber der Energiewende“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Soalr. „Sie jetzt mit einer ‚Sonnensteuer‘ zu belasten, wenn sie Ökostrom für den Eigenbedarf oder die Mieterversorgung erzeugen wollen, ist unbegreiflich.“ Der BSW-Solar stellt nochmals klar, dass die Regelung einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nicht Stand halten wird. Vor allem angesichts der Tatsache, dass nach den Beschlüssen der Regierungskoalition sowohl der Kohlebergbau als auch die großen industriellen Verbraucher fossiler Energie von der EEG-Umlage weitgehend befreit werden sollen. „Es ist verfassungsrechtlich höchst angreifbar, dass gleichzeitig die größten Verursacher des Klimaproblems weder für den verursachten Schaden aufkommen noch für die Energiewende zahlen müssen“, betont Carsten Körnig.
Bevölkerung lehnt Sonnensteuer ab
Die Branche weiß die Bevölkerung hinter sich. Denn entgegen der Behauptung der Bundesregierung, die Bürger ohne eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach würden sich gegenüber den Solaranlagenbetreibern benachteiligt fühlen, ergibt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emid, dass drei Viertel der Bundesbürger die „Sonnensteuer“ grundsätzlich ablehnen. Denn die Bevölkerung fällt nicht auf die Scheinargumente der Regierung herein, eine EEG-Umlage auf selbst verbrauchten Solarstrom würde die Strompreise merklich senken. Dafür würde sie aber die Investitionen in die Photovoltaik mit ihren preissenkenden Effekten an der Strombörse verhindern. Das wissen offenbar die meisten Bundesbürger. Statt dessen fordern sie von der Regierung, die Belastung des Mieterstroms mit der EEG-Umlage zu beenden, um auch den Nichtbesitzern von Dächern für Photovoltaikanlagen die Möglichkeit zu geben, Solarstrom direkt zu verbrauchen.
Markttreibendes Segment wird behindert
Die Solarwirtschaft befürchtet einen weiteren Marktrückgang und sieht in der „Sonnensteuer“ eine Innovationsbremse. Intelligente Formen der Direkt- und Nahstromvermarktung sowie die erforderliche Markteinführung von Speichersystemen würden nun deutlich erschwert. „Über all diese Bedenken und Nachbesserungswünsche des Bundesrates hat sich die Koalition nun mit einem Handstreich im Eilverfahren hinweggesetzt. Eine sachgerechte Interessenabwägung hat nicht stattgefunden“, kritisiert Körnig. „Wir sind schockiert und zutiefst betroffen, wie die Energiewende und das Gemeinwohl mit Füßen getreten werden“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Wenn jetzt der Bundesrat das Ruder nicht in letzter Minute noch herumreißt, wird aus einem Gesetz zum Ausbau erneuerbarer Energien ein Gesetz zum Vorrang der Kohle. Mit dem Fuß auf der Bremse ist die Energiewende nicht zu schaffen. Klimaschützer werden bestraft, Klimasünder finanziell entlastet. Das ist eine verkehrte Welt. Das hat mit Umwelt- und Verbraucherschutz nichts zu tun. Anstatt die Bürger vor den Folgen des Klimawandels zu schützen und die Energiewende voranzutreiben, schützt die Politik die Interessen weniger fossiler Energiekonzerne. Diese stemmen sich gegen den Verlust weiterer Marktanteile und wollen mit aller Macht verhindern, dass die Menschen und Unternehmen die Energieerzeugung zunehmend selbst in die Hand nehmen.“
Bundesrat kann EEG-Novelle stoppen
Die EEG-Novelle steht für den kommenden Freitag um 9:00 Uhr auf der Tagesordnung des Bundestages. Eine namentliche Abstimmung wird gut eine Stunde später stattfinden. Der Bundesrat soll bis zum 11. Juli über das Gesetz abstimmen. Es ist zwar nicht zustimmungspflichtig. Doch das Ländergremium kann mit einfacher Mehrheit den Vermittlungsausschuss anrufen. Sollten sich die beiden Parlamente nicht einigen, kann der Bundesrat mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit die Novelle zu Fall bringen, wenn der Bundestag keine eigene Zwei-Drittel-Mehrheit zustande bekommt, um das Gesetz gegen den Willen der Bundesländer durchzusetzen. Die Chancen stehen nicht schlecht. Denn der Bundesrat hat sich zwar nicht grundsätzlich gegen die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch ausgesprochen. Doch die Ausschüsse des Ländergremiums haben vorgeschlagen die Bagatellgrenze auf 30 Kilowatt Anlagenleistung anzuheben. Der Umweltausschuss des Bundesrates fordert sogar eine Bagatellgrenze von 100 Kilowatt.