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Konsolidierung Offshore-Windkraft

Kommentar Offshore: Fusionen dürfen Konkurrenz der Technologien nicht bedrohen

Technologisch haben Senvion und Adwen beziehungsweise Areva die deutsche Offshore-Windkraft bereichert. Das haben die jüngsten Erfolgsmeldungen aus den Nordseewindparks Nordsee Ost mit 48 Senvion-Anlagen des Sechs-Megawatt-Typs 6M126 und Global Tech I mit 80 Areva-Turbinen AD 5 – 116, fünf Megawatt (MW), belegt. Wer noch berücksichtigt, dass beide Windturbinentypen inzwischen auch mit größeren Rotorblättern erhältlich sind, darf sich ohnehin auf die kommenden Entwicklungen beider Firmen freuen: Diese Rotordurchmesser vergrößern sich um 16 bis 20 Prozent und die Erträge werden gemäß den physikalischen Regeln wohl noch deutlich mitwachsen.

Allerdings ist diese Freude schon wieder getrübt. Denn kein Geheimnis ist mehr, dass der global unumstrittene Weltmarktführer, der deutsche Großkonzern Siemens, den spanischen Windturbinenhersteller Gamesa kaufen will. Und ebenso öffentlich bestätigt ist, dass GE aus den USA – als Konzern ähnlicher Größe ein gewichtiger Siemens-Rivale – ebenfalls an Adwen dran ist. Davon sind beide in Nordsee Ost und Global Tech 1 eingesetzten Technologien bedroht. Zumindest in ihrem Nutzwert, die Konkurrenz auf dem Markt der Offshore-Windkraft zu beleben. Genau auf diese aber sind die Offshore-Windkraftindustrie und die Politik angewiesen, um die heute noch zu teure Erzeugung von Meereswindstrom schnell günstiger werden zu lassen.

Französicher Windmarkt ein Ziel

Von einer Konsolidierung der Offshore-Windkraftszene ist schon länger die Rede. Und die in den vergangenen zwei Jahren hier geschehenen Fusionen sind auch allesamt begrüßt worden. Worin aber liegt die Brisanz der Kaufflirts beider Großkonzerne mit Gamesa beziehungsweise Adwen?

Zunächst einmal haben beide Windkraft betreibenden Technologie-Konzerne aus strategischem Blickwinkel vieles gemeinsam – einschließlich einer jungen Vorgeschichte: Schon 2015 hatten sie um den französischen Konzern Alstom gerungen, dessen große neue getriebelose Offshore-Windenergieanlage mit sechs MW Leistung bereits den Markteintritt geschafft hat. Beide Konzerne wollten damit den Einstieg in den französischen Meereswindkraftmarkt schaffen, weil Frankreich im nationalen Ausschreibungssystem bisher exklusiv französische Hersteller bedenkt. GE hatte das Ringen gewonnen, Siemens war 2015 noch leer ausgegangen.

Siemens und GE wiederholen Clinch

Nun wiederholt sich das Ringen also bei Adwen, das Joint Venture von Areva und Gamesa. Dabei ist der Vorstoß von Siemens komplex: Einerseits will der Konzern sich zunächst Gamesa kaufen, einen der größten fünf Onshore-Anlagenhersteller. Das Ziel dürfte sein, sich den Zugang zu den besonders attraktiven Märkten zu holen, die Gamesa bisher wenn nicht exklusiv so doch mit einer Führungsposition abgesichert hat: China, Indien und Lateinamerika. In diesen Niedrigpreismärkten kommt die Siemens-Onshore-Sparte bislang nicht voran – möglicherweise auch, weil die Onshore-Turbinensparte laut Branchenberichten aktuell ohnehin schon zu niedrige Margen einbringt und daher mit Preisnachlässen für diese interessanten Märkte vorsichtig sein muss.

Doch bei Adwen will sich Siemens zugleich den Areva-Anteil einholen, der auch den Zugriff auf die andere Hälfte des französischen Offshore-Marktes  brächte. Konkurrent GE hingegen, der erklärtermaßen drittgrößter Offshore-Windmarkt-Zulieferer werden will und doch bislang noch keinen einzigen Windpark auf See realisiert hat, will sich offenbar die Startposition mit der Komplettbeherrschung eines wichtigen nationalen, nämlich des französischen Marktes absichern.

Technologisches Interesse?

Auch die technologische Vorgeschichte ist bei beiden Konzernen ähnlich: GE-Tochter Alstom und Siemens selbst kauften vor einem runden Jahrzehnt – bei Siemens sind es wenige Jahre mehr – einen kleineren aber feinen Windturbinenhersteller ein, dessen Technologie für die Offshore-Windkraft interessant ist. Beide sind heute mit getriebelosen Windturbinen mit sechs beziehungsweise sieben MW und einem Rotordurchmesser von rund 150 Metern im Wettbewerb. Im Tratsch von Wissenschaftlern und Konkurrenten der Branche ist manchmal die Rede davon, dass Siemens wie auch GE´s Alstom nur leider an der Weiterentwicklung ihrer getriebelosen Anlagen zur inzwischen neuen Leistungsgröße der Branche von acht MW scheitern. Zu groß würde der Generator bei den Getriebelosen, heißt es, weil ja hier die Frequenz und Leistung sich nicht wie beim Getriebe mit hoher Rotationsgeschwindigkeit erzeugen lassen, sondern eben mit mehr Magneten. Tatsächlich hatte Alstom erst im vergangenen Sommer den Abschluss einer kleinen technischen Krise bilanziert: Die Generatorenfertigung hatte zunächst die Gewalt der Kräfte in den sehr großen Komponenten bei so viel Leistung und Drehmoment unterschätzt. Inzwischen aber seien die Generatoren nachgebessert und funktionstüchtig.

Mit einem Kauf der Adwen-Technologie, so geht dieses Argument zu Ende, würden GE oder Siemens eine sehr interessante Technologie ergänzend für größere Leistungsbereiche erlangen. Adwen arbeitet derzeit an der Markteinführung einer Acht-MW-Anlage mit der Rekordrotorgröße von 180 Metern.

Bisherige Konsolidierungsmanöver stärkten Branche

Bei all diesen nachvollziehbaren Interessen bedeutet das Geschacher um Gamesa beziehungsweise Adwen aber eine neue – gefährliche – Qualität: Vorige Konsolidierungen sorgten dafür, dass Offshore-Windturbinenbauer die richtige Größe für den kapital- und planungszeitintensiven Wettbewerb bekamen: GE hatte Alstom geholt, ohne selbst eine wirklich marktreife Technologie zu besitzen und Alstoms Offshore-Technologie davor bewahrt, zusammen mit dem kriselnden französischen Konzern Alstom unterzugehen. Siemens hatte den dänischen Hersteller AN Bonus gekauft – ebenfalls ohne selbst eine Technologie zu besitzen die Technologie unter dänischen Ingenieuren zur Marktbeherrschung gebracht. Mit der Windsparte von Areva und Gamesa hatten sich zwei kleinere Anbieter zu Adwen zusammengeschlossen, Senvion wiederum holte sich Investoren vom Finanzmarkt. Schon etwas früher hatte Vestas mit Mitsubishi zusammen den Joint Venture MHI Vestas gegründet. Dieser führt die Vestas-Offshore-Technologie eines komprimierten Triebstrangs fort – und lässt Mitsubishi weiter an einer Einführung eines hydraulischen Windturbinenantriebs forschen. Alle daraus entstandenen Player bieten eine andere Technologie an, die in der Branche Anerkennung erzielt.

Adwen entscheident für gesunden Wettbewerb

Doch nun würde eine dieser Technologien ihre Funktion als Konkurrenz-Faktor verlieren. Der dann übrig gebliebene kleinste Offshore-Turbinenbauer Senvion liefe sofort Gefahr, in der neuen Wettbewerbssituation kaum mehr wahrnehmbar zu sein. Hier sind die Monopolwächter daher nun gefragt, sehr wachsam auf die Siemens- und GE-Pläne zu schauen und eventuell sie auch abzulehnen. Auch Landespolitiker und Verbände sollten jetzt die richtigen Diskussionen über Vielfalt und Technologie in der Offshore-Windkraft neu beleben.

(Tilman Weber)