Ob Nordex, Gamesa, Vestas oder auch Enercon: Die vier wichtigsten nicht von größeren Konzernen geführten europäischen Windradbauer schreiben beeindruckend schwarze Zahlen und erzielen mittlerweile ohne Unterbrechung vierteljährlich Gewinne.
Nordex, Vestas und Gamesa, die anders als Enercon auch Quartalszahlen veröffentlichen, dokumentierten jetzt deftige Umsatzzunahmen aus dem Geschäftszeitraum Januar bis März – und zwar von 17 bis 43 Prozent. Aus den von 500 Millionen bei Nordex, über 820 Millionen bei Gamesa bis 1,5 Milliarden Euro bei Vestas reichenden Einnahmen sprangen als Gewinn durchweg zweistellige Millionensummen heraus: 14,8 Millionen (Nordex-Konzernergebnis bei einem „operativen Ergebnis“ von 24 Millionen Euro), 44 Millionen und 56 Millionen Euro. Und das mit Informationen gewohnt sparsame Auricher Unternehmen Enercon hatte noch im April ein ebenfalls trendgerechtes Gesamtergebnis 2014 bekannt gegeben. Die Ostfriesen hielten die Gewinne nach eigener Auskunft stabil, nach einem Konzernjahresüberschuss von 473 Millionen aus dem Vorjahr 2013. Die Gewinnzahl selbst nannte der deutsche Marktführer Enercon für 2014 allerdings nicht. Der bereinigte Jahresumsatz war von 4,1 auf 4,4 Milliarden Euro um sieben Prozent gewachsen.
Gestärkt aus Krisenjahren hervorgegangen
Die Zahlen belegen, dass die Windturbinenbauer gestärkt aus den vorangegangenen Krisenjahren hervor gegangen sind. Sie haben insbesondere das globale Rezessionsjahr der Windkraft, 2013, für sinnvolle Umstrukturierungen genutzt. Sie haben seit spätestens 2012 mit der technologischen Verfeinerung ihrer Anlagenplattformen für eine Trendwende gegen das Preisdumping durch branchenweite Überkapazitäten gesorgt. Ihre neuen, durch Großrotoren ausgestatteten Binnenlandturbinen sowie andererseits inzwischen auch spezialisierte Starkwind-Küstenanlagen kommen weltweit gut an. Selbst in eher niederpreisigen Marktregionen wie Süd- und Mittelamerika oder gar Indien kaufen die Kunden solche Qualitäts-Turbinen. Und die entweder vollständige Trennung vom riskanten Offshore-Geschäft oder seine Auslagerung in für Risiko-Kapital und Großkonzern-Investoren besser geeignete Joint-Venture scheint sich ebenso bezahlt zu machen.
Wäre die Branche noch transparenter, könnten die gesammelten Wirtschaftsberichte mit ihren Daten über Gewinne in verschiedenen Märkten und die dort jeweils meistverkauften Anlagentypen zur Goldgrube werden: Dann ließe sich aufzeigen, mit welchen Markt- und Technologiestrategien im Detail die Erfolge wachsen – und mit welchen weniger.
Jede Region taugt zum erfolgbringenden Spezialmarkt
Doch fest steht: Die auf Windenergieanlagen-Bau spezialisierten Unternehmen bedienen zusammen inzwischen fast jeden Markt. Sie sind nun aber geostrategisch so zielgerichtet aufgestellt, dass sie ihr Wachstum auf jeweils voneinander unterschiedlichen Märkten erzielen. Zur Erinnerung: In den vergangenen zwei Jahren hatten sich von für sie riskanteren Märkten teilweise wieder zurückgezogen oder dortige Fertigungen geschlossen. Das sparte nicht nur Kosten, sondern reduzierte auch die Verkäufe zu Billigpreisen, bloß um vorhandene Produktionskapazitäten auszulasten.
So erzielte Enercon 2014 das Wachstum vor allem in Europa sowie Kanada. Nordex konnte den Umsatz besonders dank Mehr-Absatz in der Region Europa und Afrika erhöhen. Gamesa hat sich das Plus des ersten Quartals mit Erfolgen in Indien und China, aber auch in Europa verdient. Vestas kann sich seit Ende 2013 zunehmend auf das US- und Gesamt-Amerika-Geschäft stützen. Auch die Neuaufträge dieses Quartals weisen bei diesen reinen Windenergieanlagen-Herstellern in die ähnliche (Wachstums-)Richtung.
Probleme bei konzerngeführten Herstellern
Dagegen kontrastiert ausgerechnet das vom Siemens-Konzern geführte Windkraftgeschäft. So stellte zwar auch Siemens für den Abrechnungszeitraum Januar bis März eine im Umsatz um sechs Prozent gewachsene Bilanz vor. Doch wie schon im Schlussquartal des Kalenderjahres 2014, das in der Siemensbilanz das erste Quartal des neuen Geschäftsjahres ist, gingen die Aufträge zurück. Von Januar bis Ende März 2015 erhöhte sich sogar das Negativergebnis des Bilanzbereichs für Wind- und andere erneuerbare Energien vom Vorjahr um minus 3 auf minus 44 Millionen Euro. Und insbesondere rückläufige Großaufträge aus Deutschland und den USA machen die Erwartungen auch für die Zukunft ungewisser.
„Speziell in der Windenergie-Sparte schreibt Siemens rote Zahlen und hinkt damit den reinen Windenergie-Unternehmen hinterher“, beobachtet so der Nachrichtendienst Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR). Natürlich müssen faire Analysen gegenrechnen, dass Siemens zeitgleich die Serienfertigung der neuen Sechs-Megawatt-Direktantriebsturbine D6 aufbaut und schon in deren Fortentwicklung zur Sieben-MW-Anlage investiert. Außerdem sorgen noch Überprüfung und Austausch von Hauptlagern nach einem Serienschaden an einer Direktantriebs-Landanlage für hohe Kosten. Allerdings bereiten nicht nur solche Sondereffekte Probleme: Angeführt werden laut Medienberichten von Siemens auch die „anhaltend hohen Produktions- und Installationskosten“.
Zweifellos ist Siemens mit 1,26 Milliarden Euro Umsatz des jüngsten Quartals auch dieses Jahr wieder ein Hauptkonkurrent für Weltmarktführer Vestas im Kampf um Marktanteile. Gemessen an ausgelieferten, aber noch nicht ans Netz angeschlossenen Windturbinenkapazitäten hatte Siemens nach Beobachtung einiger Marktanalysedienste 2014 sogar schon die Weltspitze übernommen. Und die Siemens-Windkraft-Technologie darf weiterhin als besonders fortschrittlich und branchenweit gut angesehen gelten.
Mittelstandskurs von Vorteil?!
Andererseits zeigt das Beispiel, welche Gefahren für Windturbinenhersteller darin liegen, überall dabei und führend sein zu wollen. Belastungsdimensionen wie das nicht ausgelagerte Offshore-Geschäft plus Bewältigung eines Serienschadens plus Einführung neuer Technologie in Zeitgleichheit konnten zuvor auch die reinen Windturbinenhersteller nicht mehr bewältigen. Für konzerngeführte Windturbinenbauer wie Siemens kommt es nun darauf an ihren Windkraftsparten zu erlauben, sich räumlich und technologisch auch mal zu konzentrieren. Und dass diese auch Zeit für Konsolidierung erhalten. Der Druck das Ruder unbedacht herumzureißen könnte auf einen börsengetriebenen Konzern rasch wachsen. „Die Analysten von Morgan Stanley sehen auch das volatile Windenergie-Geschäft von Siemens kritisch“, heißt es bereits pauschal im News-Dienst Dow Jones.
Es wird also darauf ankommen, dass die Konzerne ihre Windenergiesparten mittelständischer und weniger an reinen Kennzahlen orientiert so zu arbeiten erlauben wie die reinen Windturbinenbauer. Auch letzteren können indes Serienschäden immer wieder Geschäfte verhageln – Risiken wie diese sind wohl grundsätzlich einzupreisen.
(Tilman Weber)