Der erste Windenergieerlass in der Geschichte des Landes soll den Ausbau der Windenergienutzung im Südwesten beschleunigen und gleichzeitig eine einheitliche Richtschnur für Behörden, aber auch für Planer, Kommunen, Investoren und Bürger sein. Er fasse die geltenden planerischen und rechtlichen Anforderungen für die Installation von Windenergieanlagen zusammen. Dies führe zu einer besseren Orientierung für Auslegungsspielräume, teilte das Umweltministerium mit. „Für die nachgeordneten Behörden wie etwa die Immissions- und Naturschutzbehörde ist der Erlass verbindlich“, sagte Ministeriumssprecher Frank Lorho. Ende März soll der Erlass nach Aussagen des Ministeriums in Kraft treten.
Die Vizepräsidentin des Bundesverbandes Windenergie, Sylvia Pilarsky-Grosch, begrüßte im Gespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN derweil grundsätzlich die in dem Entwurf formulierten Zielsetzungen und das Bekenntnis zum Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg. Allerdings sei noch eine Reihe offener Detailfragen dringend zu klären: „Dazu gehören etwa wichtige Konkretisierungen beim Thema Bürgerwindparks und klare Richtlinien, die das Verhältnis zwischen Windenergie und Naturschutz angemessen regeln. Der Bundesverband Windenergie wird daher die Zeit bis Februar nutzen und der Landesregierung seine Stellungnahme diesbezüglich vorlegen“, sagte Pilarsky-Grosch.
Erklärtes Ziel des Umweltministeriums in Stuttgart ist es, bis zum Jahr 2020 den Anteil des Stroms aus Windkraft auf zehn Prozent zu erhöhen. 2009 lag die Quote gerade mal bei 0,8 Prozent. Die Landesregierung will in den nächsten Jahren rund 1.200 neue Windenergieanlagen mit einer durchschnittlichen Leistung von drei Megawatt installiert sehen, sodass zusammen mit den bestehenden Anlagen etwa sieben Terawattstunden Strom pro Jahr durch Windkraft zur Verfügung stehen.
Bis zum 10. Februar 2012 hat die Öffentlichkeit nun die Möglichkeit, auf den Windenergieerlass zu reagieren und Anmerkungen oder Einwände zu formulieren. Ende September war von der Landesregierung in Stuttgart bereits eine Änderung des Landesplanungsgesetzes von 2003 beschlossen worden. Damit wurde festgelegt, dass die Regionalverbände nur noch wie bisher Vorranggebiete für Windparks, aber keine Ausschlussgebiete mehr ausweisen dürfen – mit Ausnahme von Natur- und Landschaftsschutzgebieten. Die Kommunen sollen künftig bei Bedarf vor Ort angemessene Entscheidungen treffen, so das Ministerium. Die bisherigen Abstandsregelungen zu Siedlungen und ein Verbot von Windparks in Vogelschutzgebieten bleiben bestehen, da sie Natur- und Vogelschutzrichtlinien betreffen. So bleibt ein Abstand von 200 Metern zu Naturschutzgebieten, Nationalparks, Naturmonumenten oder Biosphärengebieten verbindlich. Im Einzelfall kann nun jedoch auch anders entschieden werden. Bei Wohngebieten beträgt der Abstand zudem mindestens 700 Meter, eine bisher in den Regionalplänen festgehaltene Regierungsempfehlung von 450 Metern Abstand zu kleineren Splittersiedlungen wird nicht mehr erwähnt. Antragsteller können aber, wenn ihre Anlagen definierte Immissionsschutzwerte auch bei einem geringeren Abstand einhalten, grundsätzlich entsprechende Anträge stellen.
(Regine Krüger)