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Condition Monitoring

Sanfter und mehr Strom ernten

Kaum ein Turbinenhersteller mehr setzt nicht auf ein eigens erprobtes so genanntes Condition-Monitoring-System (CMS), wie das Magazin ERNEUERBARE ENERGIEN mit einer Umfrage getestet hat. Der Schlüssel hierzu sind offenbar die zunehmend für Turbinenbauer interessanter werdenden Vollwartungsverträge mit den Anlagenkäufern. Müssen doch die Turbinenbauer diese Anlagen während der vertraglich vereinbarten Laufzeiten von bis zu 15 Jahren so warten und technisch aufrüsten, dass eine vorher festgelegte hohe Verfügbarkeit eingehalten wird oder gar bestimmte Stromerzeugungsmengen herauskommen. Das aber übernehmen die Turbinenhersteller nur noch, wenn sie die Maschinen dauerhaft mit CMS überwachen dürfen. Erstes Ziel hierbei: beginnende Getriebeschäden frühzeitig zu entdecken. Sie müssen repariert werden, bevor sich der Schaden zu einer sehr teuren Panne mit Stillstandszeiten durch Großreparaturen auswächst.

Hinzu kommt nun nach Beobachtung von Branchenexperten wie Zertifizierungsdienstleister Germanischer Lloyd (GL), dass ein Dutzend Entwickler und Spezialproduzenten von CMS an einem Markteintritt für Systeme arbeitet, die sich mit der Steuerung verbinden lassen. Die elektronische Anlagensteuerung, so lautet die Grundidee, kann dann die Windturbine noch effizienter, präziser und vor allem schonender in den Wind ausrichten - anhand der mit dem CMS gemessenen Vibrations-, Temperatur-, Materialdehnungs- oder Drehmomentwerte in den Anlagenbauteilen. Der GL selbst hat den Trend übrigens in eine neue Version seiner Condition-Monitoring-Richtlinie aufgenommen, die im April veröffentlicht werden soll.

Viele Beispiele für derartige intelligente Steuerungen gibt es noch nicht. Doch Einzelfälle weisen schon in die nähere Zukunft; etwa wenn Windturbinenhersteller beobachten, dank CMS hätte ein Windpark jüngst auch durch einen Sturm manövriert werden können um im Schonbetrieb etwas vermindert Strom zu erzeugen. Anders als früher hätte er nicht als Vorsichtsmaßnahme ganz abgeschaltet werden müssen.

Eno Energy: CMS in absolut jeder Turbine

Was abseits solcher Sonderfälle Realität ist, belegt beispielsweise der Rostocker Windenergieanlagenhersteller Eno Energy: In allen aus dem Werk rollenden neuen Windrädern, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit, sei ein CMS integriert. Mit acht bis neun Sensoren sei jede Anlage ausgestattet, betont Eno-Entwicklungsleiter Stefan Bockholt. „Der Kunde kann Anlagen bei uns nicht ohne die Systeme bestellen. Er kann allerdings vor der Herstellung seiner Anlage ein anderes als von uns vorgesehenes CMS verlangen.“

Die konstante Korrektur der Anlagensteuerung mit CMS-Daten hält Bockholt für Zukunftsmusik. Weil die hochfrequentige Messung der Schwingungen der Getriebewellen oder beispielsweise der Temperaturschwankungen im Generator gewaltige Datenmengen erzeuge, könnten CMS-Daten bisher nur im Wortsinne scheibchenweise verarbeitet werden. Soll heißen: Nur wenn die Daten bestimmte Toleranzgrenzen überschreiten, wird bisher das Gemessene in kurzen Zeitabschnitten analysiert. „Das lässt sich online dann nicht mehr in Echtzeit verwerten“, sagt Bockholt. „Am Ende einer solchen Analyse kritischer Daten muss heute im Zweifelsfall immer noch ein alter Hase raus in den Windpark und mit dem Ohr am Getriebe den Schaden prüfen“, sagt der Eno-Mann.

Er hat indes einen ganz anderen CMS-Wert im Sinn: Die Daten, sagt Bockholt, seien hilfreich dabei, die im Teststand der Getriebehersteller gemessenen Antriebstrang-Werte an der Windturbine zu überprüfen. Und daraus könnten die Ingenieure noch bessere und genauere Triebstrangtests entwickeln. „Dann erst wird man wirklich im Vorfeld einer Windturbinenerrichtung schon sagen können: Das Getriebe läuft richtig.“

(Tilman Weber)

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