Den USA droht ein neuer Solarhandelsstreit – dieses Mal nicht nur mit China, sondern mit dem Rest der Welt. Sollte die Internationale Handelskommission (ITC) in Washington D.C. tatsächlich den Forderungen eines einzelnen Zell- und Modulherstellers nachkommen, werde Amerika das teuerste Photovoltaikland der Welt, haben die Analysten von GTM Research schon mal ausgerechnet. Der amerikanische Branchenverband Solar Energy Industrie Association (SEIA) befürchtet dadurch den Verlust von 88.000 Arbeitsplätzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Das wären mehr als ein Drittel aller 250.000 Jobs, die derzeit in der US-amerikanischen Photovoltaikbranche bestehen.
Letztlich geht es um die Durchsetzung von höheren Preisen. Das würde die Solarenergie in den USA künstlich verteuern und damit wird die Nachfrage sinken. Leere Auftragsbücher bei den Installationsunternehmen führen dazu, dass auch weniger Arbeitsplätze in der Solarwirtschaft bestehen bleiben – nicht nur bei den Installationsbetrieben, sondern letztlich auch bei den Planer, Großhändlern und Herstellern.
Suniva gibt Chinesen die Schuld
Ausgangspunkt ist der Insolvenzantrag des Zell- und Modulherstellers Suniva mit Hauptsitz in Norcross, Georgia. Dort hat das Unternehmen eine Kapazität der Zellfertigung von von immerhin 450 Megawatt aufgebaut. Die Module stellt Suniva in Saginaw, Michigan her. Dort stehen Linien, die pro Jahr 200 Megawatt Modulleistung ausstoßen. Suniva ist also einer der großen Hersteller in den USA. Doch gegen die chinesischen Billigimporte konnte das Unternehme nicht mithalten.
Da Suniva den Grund für die Insolvenz in dieser Billigkonkurrenz sieht, hat das Unternehmen auf Druck des Gläubigers SQN Capital Management eine Petition an die ITC gestellt, um den Präsidenten der USA zu zwingen, geeignete Maßnahmen durchzusetzen. Dies geht auf der Basis des Handelsgesetzes von 1974. In der sogenannten Sektion 201 kann die ITC eine Untersuchung durchführen, inwieweit ein einheimischer Wirtschaftszweig in Not gerät, wenn viele Produkte dieser Branche aus dem Ausland eingeführt werden. Genau darauf beruft sich Suniva. Denn während GTM Research eine Verdopplung der Produktionskapazitäten der amerikanischen Unternehmen festgestellt hat, stiegen die Modulimporte auch seit Verhängung der Handelsschranken auf etwa das Fünffache. Zwar existieren immer noch die Antidumping- und Antisubventionszölle auf chinesische Zell- und Modulimporte. Denn die Hersteller aus dem Reich der Mitte haben längst auf die verhängten Handelsschranken reagiert. Sie lassen ihre Produkte in Ländern herstellen, die von diesen Regelungen nicht betroffen sind.
Modulpreise würden auf das Doppelte steigen
Suniva verlangt jetzt, dass die Mindestverkaufspreise für Solarmodule und Solarzellen auf das Niveau von vor vier Jahren angehoben und vor allem alle Modul- und Zellimporte einbezogen werden. Damit will das Unternehmen verhindern, dass die chinesischen Hersteller ihre Produktion einfach auslagern. Das würde aber auch alle Hersteller in Europa, Korea Japan und allen anderen Ländern treffen, ohne dass diesen irgendwelches Dumping nachgewiesen werden muss.
Sollte Sunniva mit der Forderung durchkommen, würden die Mindestimportpreise für Solarzellen bei 40 Dollarcent pro Watt liegen. Die Preise für importierte Module würde sich auf 78 Dollarcent pro Watt erhöhen. Damit steigt der Preis für die zentrale Komponente einer Solaranlage auf das Doppelte. Die gesamten Systemkosten würden dann je nach Größe der Anlage um 13 bis 35 Prozent steigen. Dann stiegen die Modulkosten auf das Level von 2012 und die Systempreise auf das Niveau von 2015. Das würde die Wirtschaftlichkeit der meisten Projekte zunichte machen – eine Steilvorlage für Donald Trumps Pläne, die erneuerbaren Energien zurückzudrängen, um mehr Platz für Kohle, Öl und Gas in den überlasteten Stromnetzen der USA zu schaffen. Die ITC hat noch bis Mitte November dieses Jahres Zeit, eine Entscheidung zu treffen. (Sven Ullrich)