Viele Mieter von Wohnungen mit Balkon wollen sich ein Stück weit unabhängig von den steigenden Strompreisen machen und haben dazu Steckersolaranlagen angeschafft. Das sind Solarmodule, die in der Regel mit einem Mikrowechselrichter ausgestattet sind und über einen normalen Stecker den Strom in das Netz der Wohnung einspeisen. Nach einer Erhebung von EuPD Rearch im Auftrag der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin und der Verbraucherzentrale NRW wurden allein in den Jahren 2020 und 2021 bis zu 128.000 solcher Minianlagen installiert. Zusammen erreichen sie eine Leistung von bis zu 51 Megawatt.
66 Megawatt installierte Leistung
Dazu kommen noch die Anlagen, die vor der Liberalisierung der Regelungen für die Steckersolarsysteme angeschafft wurden. Die Marktanalysten gehen hier von einer Anzahl von 61.700 Geräte aus, die vor 2020 installiert wurden. Diese erreichen eine Leistung von 15 Megawatt, so dass auf den Balkonen und Terrassen der Bundesrepublik mit insgesamt 66 Megawatt Solarstrom produziert wird, den die Eigentümer der Systeme direkt vor Ort verbrauchen.
Keine Netzeinspeisung vorgesehen
Denn die Geräte sind ausschließlich für den Eigenverbrauch gedacht. Eine Netzeinspeisung ist nicht vorgesehen. Deshalb ist neben der sicheren Anbringung der Anlagen – sie dürfen auf keinen Fall herunterfallen, sonst ist der Betreiber der Anlage in der Haftung – auch ein Zählertausch notwendig, wenn der alte Ferrariszähler mit der Drehscheibe noch installiert ist. Außerdem müssen die Anlagen mindestens im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur und in der Regel auch beim zuständigen Netzbetreiber angemeldet werden.
Hürden bei der Anmeldung
Dies geschieht aber nur selten. „Nut zehn bis zwanzig Prozent der Geräte werden überhaupt angemeldet“, sagt Barbara Praetorius von der HTW Berlin und Mitautorin der Studie. Sie führt dies auf die komplexen Anmeldeprozesse zurück. Schließlich gebe es immer noch Streit über den normkonformen Anschluss und unangemessene Forderungen der Netzbetreiber, auch wenn einige von ihnen schon längst die Hürden zur Anmeldung gesenkt haben. „Wir müssen das dringend vereinfachen, damit endlich auch Mieter und Wohnungsnutzer diese Strom erzeugenden Haushaltsgeräte einfach und sicher nutzen können und damit aktiv an der Energiewende teilhaben“, fordert Thomas Seltmann von der Verbraucherzentrale NRW.
Direktvertrieb dominiert
Die große Anzahl der Anlagen hat die Studienautoren überrascht. „Das Ergebnis der Studie liegt im oberen Bereich unserer bisherigen Schätzungen“, sagt Thomas Seltmann. „Die Studie macht deutlich, dass Politik und Netzbetreiber endlich weitere Hürden aus dem Weg räumen müssen“, betont er. Denn der Markt hat sich seit der Liberalisierung dynamisch entwickelt. „Bisher dominieren einige größere Anbieter den Markt, gleichzeitig sorgen neue Anbieter und die vielen kleineren Unternehmen für einen regen Wettbewerb“, weiß Barbara Praetorius. „Drei Viertel der Geräte werden direkt an die Endnutzer verkauft. Absatzwege über die Handelsketten werden bisher noch kaum genutzt. Für die Marktentwicklung bedeutet dies noch viel Luft nach oben.“
Viele Anlagen stehen auf Dächern oder im Garten
Inzwischen gibt es viele Anbieter solcher Anlagen und die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) bietet eine Marktübersicht. Unter den Anbietern befinden sich neben großen Herstellern auch viele junge Unternehmen. Dabei hat die Studie herausgefunden, dass die meisten Anlagen ohnehin nicht an Balkongeländern angebracht werden. Nur jedes dritte Gerät ist dort installiert. „Die Hälfte der Geräte wird mit einer Aufständerung auf das Flachdach oder in den Garten gestellt“, sagt Barbara Praetorius. „Dies lässt darauf schließen, dass die Mieter bislang noch nicht gut erreicht werden.“ Doch wer die Nutzer von Steckersolargeräten derzeit sind und welche Präferenzen sie haben, ist Gegenstand einer aktuell laufenden Nutzerumfrage der HTW Berlin.
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