Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), die Leitzinsen im Juli von Null auf 0,25 Prozent zu erhöhen, sorgt nicht nur bei Häuslebauer, sondern auch in der Solarwirtschaft für Unruhe. Auch die Zinssätze im KfW-Programm 270 zur Finanzierung von erneuerbaren Energien sind in diesem Jahr bereits 31 Mal gestiegen. Der Zinssatz selbst für Projekte mit hoher Bonität hat sich von 1,3 Prozent am 1. Januar 2022 auf 3,85 Prozent am 22. Juni 2022 verdreifacht. Dadurch steigen die Kapitalkosten für Photovoltaikprojekte. Um die Finanzierung nicht zu gefährden, fordert der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) die Einführung von attraktiveren und flexibleren Marktprämien vor.
Steigende Kapitalkosten gefährden den Ausbau
Der Bundestag sollte einen entsprechenden Anpassungsmechanismus in das EEG im Rahmen der Beratungen und Verabschiedung des Osterpakets einfügen. Bisher fehlt eine solche Regelung, die es ermöglicht, auf die derzeit sehr volatilen Investitionsbedingungen schnell genug reagieren zu können. Denn ohne den Ausgleich der steigenden Kapitalkosten aufgrund von Zinserhöhungen sei die von der Ampelkoalition angestrebte Verdreifachung oder gar Vervierfachung des jährlichen Solarzubaus in Deutschland nicht erreichbar.
Degressionsmechanismus anpassen
Schließlich seien die Investitionen von Gewerbebetrieben in die Solarenergie schon seit geraumer Zeit rückläufig. „Von erfolgskritischer und vorrangiger Bedeutung ist es deshalb, den bislang im EEG verankerten atmenden Deckel zu einem schnell auf das dynamische Marktgeschehen reagierenden, flexiblen Progressions- beziehungsweise Degressionsmechanismus umzubauen“, fordern die Verbandsvertreter. Nur so könne Deutschland auch die Vorgaben der Europäischen Kommission umsetzen. Denn diese hatte in ihrer neuen Solarstrategie die Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, Förderprogramme so auszugestalten, dass sich Investitionen in neue Solaranlagen innerhalb von maximal zehn Jahren amortisieren.
Derzeit müsste Vergütung steigen
Um dies zu erreichen, müssten die jetzigen Vergütungssätze für den eingespeisten Solarstrom gegenüber den Plänen der Bundesregierung erhöht werden. Dies gilt auch für die Überschusseinspeisung von Strom aus Eigenverbrauchsanlagen, fordert der Solarverband in einem Verbändeappell gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Bundesverband, dem Handelsverband Deutschland und dem Gesamtverband der Wohnungswirtschaft. „Wesentliche Annahmen für die Berechnung von Solarstromvergütungssätzen sind bereits vor dem Inkrafttreten des EEG 2023 veraltet!“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar. „In Anbetracht der aktuell stark steigenden Zinssätze haben sich die Konditionen zur Finanzierung von Solarprojekten in diesem Frühjahr bereits deutlich verschlechtert.“
Zinsen sind gestiegen
Diese steigenden Zinssätze wurden zum Zeitpunkt noch nicht eingepreist, als die Bundesregierung das EEG 2023 beschlossen hatte. Doch seit Anfang April 2022 ist viel passiert und die Lage auf dem Finanzierungsmarkt hat sich verändert. Deshalb müsse dies in den aktuellen Beratungen im Bundestag aber berücksichtigt werden. „Jede Zinsverteuerung um nur einen Prozentpunkt verlängert die Amortisationszeit einer neuen Photovoltaikanlage um cirka 0,6 Jahre“, rechnet Körnig vor.
Unterförderung schnell abstellen
Er hat die Unterstützung der Umweltbundesamt. Denn dieses empfahl bereits im vergangenen Jahr die Schaffung einer flexiblen Hebebühne im EEG. „Im Falle absehbar weiter steigender Kapitalkosten versetzt diese die Bundesregierung in die Lage, eine Unterförderung schnell genug und ohne langwierige EU-Genehmigungsprozesse abstellen zu können. Nur so werden sich die neuen ehrgeizigen Solartechnikausbauziele erreichen lassen und die gewünschten Erfolge noch in dieser Legislaturperiode einstellen“, warnt Körnig. (su)
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