Die Konferenz Rostock Wind von Eno Energy hat wieder zahlreiche Experten aus der Windbranche zusammengeführt. In parallelen Foren wurde über Themen wie die Finanzierung von Windprojekten, aber auch über Akzeptanzfragen diskutiert. Zur Eröffnung sprach Bengt Bergt, SPD-Klimaexperte im Bundestag und Ex-Nordex-Manager. Er verwies auf die Herausforderungen der Ampel-Koalition, beginnend mit Corona, dann der Ukrainekrieg. Die Koalition bestehe doch aus drei unterschiedlichen Partnern, so Bergt, er räumt ein, künftig wünsche er sich von der Regierung „weniger Gezeter in der Öffentlichkeit.“ Großes Ziel sei es gewesen, dass es gelingt Deutschland als Industrienation durch die Krise zu führen. „Wichtig ist aber, dass Deutschland als Industrienation noch da ist. Wir haben einen kleinen Dip, aber stehen immer noch sehr gut da.“ Massive fossile Subvention seien dafür allerdings nötig gewesen. Die Herausforderung: „Jeden Tag fehlt uns ein GW russisches Gas, das kann zu Schwierigkeiten führen. Ziel war es, die Versorgungssicherheit sicherzustellen, und das ist gelungen“, so Bergt.
Für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren seien Verfahrenserleichterungen nötig gewesen. Die Regierung habe Planungssicherheit durch das Schaffen von Ausbaupfaden geben wollen. Gleichwohl hakt es auch an anderer Stelle: „Verleihnix“ und „Unterschreibnix“ – seien die Hydra der Bürokratie. „Wir wollen Vorfahrt für Wind, Solar und Bio vereinfachen.“ Die für Bundesländer verpflichtende Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche für Wind sei ebenso wichtiger Teil der weiteren Strategie wie die Notfallverordnung für Wind an Land. Durch Letzere könnten Turbinen nun schnell und unkompliziert ausgetauscht werden. Harte Deadlines für Genehmigungen sind ein anderer Aspekt. Man habe gezeigt, dass „Gerichte nicht mehr zum Sanktnimmerleinstag warten können“, wenn es um die Genehmigung von Windparks geht. Bergt legt Wert auf die Bewahrung der Wertschöpfung in Deutschland und Europa – bei Erneuerbaren und bei Wasserstoff. „Wir haben für Wasserstoff neue Themen gedacht“, so Bergt. Die neuen Regelungen unterstützen, dass Flächen an jeder Turbine für Wasserstoff ausgewiesen werden. Das Ausbauziel verlange: „Wir müssen bauen, bauen, bauen.“
Der SPD-Politiker fragt: „Wo stehen wir heute? In diesem Jahr 3,8 GW neue Genehmigungen.“ NRW habe mit 794 MW am meisten genehmigt, Schleswig-Holstein habe immerhin 613 MW vorzuweisen. „Wir haben an den Grundfesten gerüttelt, jetzt sind die Bundesländer am Zuge.“ Nicht nur im Heimatland der Rostock Wind, in Mecklenburg-Vorpommern, könne es besser werden. Dort wurden nur 135 MW neu genehmigt. „Das ist nicht okay.“
Bergt sprach auch die „Netzanschlusskrise“ an. „Stromerzeugung muss auskömmlich sein für die Branche und bezahlbar für Bürger. Fachkräftemangel… die fallen nicht vom Himmel. In der Branche müssen wir Tariflöhne durchsetzen, bei Vestas waren wir konsequent.“ Man habe es inzwischen mit einer Unterauslastung in den Werken und übervollen Auftragsbüchern zu tun. Hersteller und Zulieferer seien in einer Krise. Es könne nicht sein, dass die Ansiedelung internationaler Firmen wie Northvolt und Intel mit 17 Mrd. Euro unterstützt werde, und dafür wanderten deutsche Hersteller vor Regenerativtechnologie ab. „Wir brauchen jetzt einen Wirtschaftsminister, der nach vorne geht, nicht Einzelsubventionen.“ Lieferkosten, Rohstoffengpässe und weiterer Krise hätten den hiesigen Hersteller zugesetzt. Aber es gehe auch darum, eine Abhängigkeit von China zu begrenzen. In Solarbrache habe Deutschland die Abwanderung erlebt.
Diskussion: Heidebroeck, Ines Jesse - Staatssekretärin, Thorsten Kuntze – Sachsenwerk, Bengt Bergt,
In der sich anschließenden, von BEE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm moderierten Talkrunde ging Ines Jesse, Wirtschaftsstaatssekretärin von Mecklenburg-Vorpommern, auf die Situation in ihrem Bundesland ein: „Wir wollen das umsetzen und sind dem Bund dankbar für diese Revolution. Da sind die Länder jetzt gefragt, wir wollen Flächen ausweisen.“ Beim Thema Akzeptanz sagte sie, ihr Land sei das Erste mit Bürgerbeteiligungsgesetz gewesen. Hier und da sei dies aber noch nicht passig. Sie betonte, wie wichtig die Wertschöpfung vor Ort sei. „Wir wollen nicht nur Durchleitungsland sein, hier muss die Industrie hin.“ Dann kam sie zu einem für sie besonders wichtigen Punkt: Die Strompreise in MV. „Ein Industriestrompreis wird hier kaum helfen; das bezahlen die Bürger on Top.“ Das Einzeldenken der Länder müsse stattdessen aufhören. Beim Thema Netzentgelte müsse es jetzt eine Regelung geben. Bürger im ländlichen Bereich müssten spüren: ich habe einen Vorteil, so Jesse.
BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek betonte noch einmal, die Genehmigungszahlen seien leider bisher nur in den üblichen Länder gestiegen; in MV sei der Durchschnitt 28 Monate bei der Genehmigungsdauer. „Wir haben selbst ein Projekt, das seit zwölf Jahren in der Realisierung steckt. Bürgerbeteiligung sei wichtig; „aber man muss den Projektierern auch Beinfreiheit lassen.“ Das Bürgergesetz sei ein zu enges Korsett, es funktioniere nicht.
Axthelm fragte dann – Turbinenhersteller Nordex und Eno seien ja hier in MV zu Hause: „Wie sichert die Regierung ab, dass wir den Kapazitätshochlauf in der Windkraft auch umsetzen können?“
Bent Bergt fragte in dem Zusammenhang, ob man in die immer höher werdenden Pachten eingreifen müsse? Er verwies auf den Niedergang eines Rotorblattwerks in der Region. Bei der Finanzierung müsse Zuverlässigkeit einkehren. Er regte an, Hermes-Finanzierung fürs Inland und nicht nur fürs Ausland anzubieten. Er habe vor Habeck das Siemens-Gamesa-Problem angesprochen. Und Habeck habe gesagt: „Da müssen wir was tun, sonst kommt der Kram aus China.“ Bergt: „Wir können nicht zurückstecken und uns außereuropäisch schlechter stellen, während USA und China subventionieren. Wir müssen die Lieferketten kurz halten und in dem Zusammenhang den CO2-Fußabdruck einberechnen.“