Die Referenten beim gestrigen Branchentag der Landesvertretung des Bundesverband Windenergie (BWE) in Hannover einte die ablehnende Haltung gegen die von der Bundesregierung bisher vorgelegten Eckpunkte der Ausschreibungen. Ab 2017 sollen neue Ökostromprojekte nur noch bei einem Zuschlag am Ende staatlicher Ausschreibungen eine durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgesicherte Vergütung erhalten. Selbst der Vertreter der Banken war da eindeutig: „3,5 Cent als Grundvergütung geht gar nicht“, sagte Hartmut Kluge von der Bremer Landesbank. Kluge, auch Vorsitzender des Finanziererbeirats beim BWE, hielt die Ablehnung dieser in den zahlreichen Anmerkungen zu den Eckpunkten festgehaltenen Größenordnung fest. Auf diese Mindestvergütung könnten Projekte gemäß den Eckpunkten am Ende ihrer Laufzeit zurückfallen.
„Die Grundvergütung kann nur ohne Spekulation auf den Strompreisbenefit wirtschaftlich sein“, sagte Kluge: ein Verweis auf die im Durchschnitt sehr niedrigen aktuellen Börsenstrompreise in etwa dieser Höhe. Sie gelten als nicht auskömmlich für Windprojekte. Spekulationen, dass sich aus einem wieder steigenden Strompreis ein finanzieller Nutzen ziehen lässt, hält Kluge als nicht ausreichend für die Kalkulation der Projektfinanzierung neuer Windparks.
Doch der erfahrene Fremdkapitalgeber in Sachen Erneuerbare-Energien-Projekte zeigt sich optimistisch, dass die Finanzierbarkeit der künftigen EEG-Projekte durch die Ausschreibungen nicht gefährdet werden wird. So gibt er Entwarnung: Ein Modell mit einer sehr kurzen Phase einer wenngleich eher stärker erhöhten Anfangsvergütung der Projekte kombiniert mit einem starken Abfall auf eine sehr niedrige Grundvergütung scheine „weitgehend vom Tisch zu sein“, sagte Kluge. Dessen Probleme wären seiner Meinung nach verheerend gewesen: „Je kürzer die Phase der Anfangsvergütung, desto größer würden die Hebel, die die administrativ veranlasste Grundvergütung auf das Gebot der Anfangsvergütung hat.“ Soll heißen: Bei einer nur kurzen Zeit mit hoher Anfangsvergütung wirken sich die Zinsen bei den Banken für geliehenes Investitionskapital umso stärker aus. Denn bei einer dann langen Phase mit nur niedriger Grundvergütung steigt das Risiko der Projekte. Die Banken müssen es mit höheren Zinsen absichern. Daher können die Projektierer bei den Ausschreibungen auch nicht mit niedrigen Geboten in den Wettbewerb treten.
Sollte es bei dem bisherigen zweistufigen Vergütungsmodell aus Anfangs- und Grundvergütung bleiben, so fordert Kluge, müsste dann "die Grundvergütung über eine feste prozentuale Kopplung in das Gebot einbezogen werden".
Doch Kluge gibt grundsätzlich Entwarnung, dass das grundsätzliche Risiko der Ausschreibungen nicht zu Finanzierungsschwierigkeiten vor allem kleinerer und mittlerer Projektierer führen müsse. Projektentwicklungskosten sind weiterhin aus Eigenkapital oder als Unternehmensfinanzierung zu steimmen – da macht die Ausschreibung keinen Unterscheid zum bisherigen EEG-Mindestpreissystem. Bei den Bürgschaften, den sogenannten Bid-Bonds, sieht Kluge allerdings bereits den Übergang in eine Projektfinanzierung. Ein genehmigtes, solide kalkuliertes und im Ausschreibungsverfahren siegreiches Projekt, so formuliert es Kluge, "hat einen Marktwert, auf den die Bürgschaft abgestellt werden kann".
Projektierer müssen mit den Bürgschaften eine Strafzahlung absichern, falls sie nach einem erteilten Zuschlag das Projekt doch nicht mehr als wirtschaftlich ansehen oder es nicht mehr verwirklichen können. Auch kleine Projektierer hätten also Zugang zu den Bürgschaften,so Kluges Botschaft.
Außerdem lobt er an den Ausschreibungen: Zum ersten Mal in der Geschichte des EEG finde damit der Kapitalmarktzinssatz Eingang in die Fördersätze. Denn bisher setzte die Politik die Vergütungssätze für die eingespeiste Kilowattstunde (kWh) immer in Anlehnung an die vorangegangene Zinssatzentwicklung fest. Nun ab er werden die Projektierer im Wettbewerb der Ausschreibungen die aktuellen Zinssätze immer schon in ihr Gebot einpreisen, ist der Bremer Banker überzeugt.
BWE-Vizepräsident Jan Hinrich Glahr erklärte derweil, warum die Branche sich Hoffnungen auf Verbesserungen der bisherigen Gesetzesentwürfe zu den Ausschreibungen machen dürfe. Er verwies auf eine Initiative des Bundesrats vom Oktober, der die Bundesregierung zu einer neuen Verordnungsermächtigung für ein Grünstrommodell aufforderte: Ein derzeit nicht erlaubtes Vermarktungsinstrument, um ins Netz eingespeisten EEG-Strom nicht an die Strombörse verkaufen zu müssen, sondern als Grünstrom an Endkunden zu vermarkten.
Glahr wiederholte die Kritik der Verbände am federführenden Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), die Akteursvielfalt unter den Projektierern mit den bisher vorgeschlagenen Ausschreibungsregeln zu gefährden. Es sei bisher zu beobachten, dass „wir es in Bezug auf die Akteursvielfalt mit einer sehr unaufrichtigen Debatte zu tun haben“. Doch Glahr setzt die Hoffnung auf die Bundesländer. Insbesondere norddeutsche, sozialdemokratisch regierte Bundesländer zeigten inzwischen, dass sie das nicht hinnehmen wollten.
(Tilman Weber)