Noch vor der Heizungs- und Sanitärmesse ISH in Frankfurt am Main bekommt die Solarthermie und die Wärmepumpenbranche einen heftigen Dämpfer aus München. Denn nach Informationen des Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bundestag Thomas Oppermann hat der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eine Einigung über die steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten der energetischen Gebäudesanierung im Koalitionsausschuss abgelehnt. „Ärgerlich ist die fortdauernde Blockade der Energiewende durch Bayern, die auch der Koalitionsausschuss nicht auflösen konnte“, beschreibt Oppermann die Ergebnisse der Tagung. Er stellt in Aussicht, dass das Bundeswirtschaftsministerium jetzt die Zuschussprogramme der KfW für die energetische Sanierung erhöhen wird.
Fördermöglichkeiten haben nichts gebracht
Ob dies tatsächlich der Absage an die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung gleichkommt, ist für die Branche nicht ganz unerheblich. Denn sie baut schon seit Monaten darauf, dass die Energiewende in den Heizungskellern durch die Möglichkeit angeheizt wird, den Einbau einer neuen und effizienten Heizungsanlage steuerlich absetzen zu können. Nachdem die Fördermöglichkeiten durch die KfW jahrelang nichts gebracht haben, war zumindest für die Solarthermie die steuerliche Absetzbarkeit ein Strohhalm, der jetzt abgebrochen ist.
Hauseigentümer warten ab
Doch auch für die Wärmepumpenindustrie ist die Nachricht fatal. Schließlich litt sie unter schwindenden Absätzen, zumindest was die leistungsfähigen Erdwärmeanlagen betrifft. Immerhin: Die kleinen Luft/Wasser-Wärmepumpen sind noch gut gefragt. Aber die Branche leidet ebenfalls darunter, dass die Hauseigentümer darauf warten, dass die energetische Sanierung steuerlich absetzbar ist. „Da stellt sich ein Bundesminister hin und erzählt, die steuerliche Abschreibung kommt – bald. Also warten die Bürger ab, anstatt die notwendige Sanierung der Heizungsanlage anzugehen. Dann kommen die Diskussionen mit anderen Ministerien und Ländern, und dann heißt es, die steuerliche Abschreibung kommt später – vielleicht. Also warten die Bürger weiter ab. Und jetzt heißt es gar, für viele völlig überraschend: Die steuerliche Abschreibung kommt nicht“, fasst Rudolf Sonnemann, Geschäftsführer des Wärmepumpenherstellers Stiebel Eltron im niedersächsischen Holzminden“, die Situation der Branche zusammen. „Für dieses lächerliche Hin und Her gibt es nur eine Bezeichnung: Dilettantismus“, schimpft er.
Immerhin ist die Energiewende in erster Linie eine Wärmewende. „Eigentlich ist die deutsche Heizungsindustrie hervorragend aufgestellt“, erklärt Sonnemann. „Der Bundesregierung scheint diese Industrie nicht nur egal zu sein, sondern man hat im Gegenteil sogar den Eindruck, wir sind nicht erwünscht. Beinahe wöchentlich werden uns Knüppel zwischen die Beine geworfen. So wird eine an sich gesunde zukunftsorientierte Branche in den Tod getrieben. Die innovative Heizungsbranche in Deutschland wird ein weiteres Abwarten und Hinhalten nicht ohne Schaden verkraften können. Die Umsätze der Erneuerbare-Energien-Technik gehen weiter zurück.“
Letzte Hoffnung ist die EnEV
Dies hat die Bundesregierung aber auch erkannt, indem sie die Energieeinsparungsverordnung (EnEV) verschärft hat. Zwar gibt es dort immer noch zu viele Ausnahmeregelungen vor allem für Einfamilienhäusern. Doch im Neubau und bei der Sanierung werden ab kommendem Jahr verschärfte Bedingungen gelten. Dann werden es die fossilen Brennkessel nur noch mit Unterstützung der Solarthermie schaffen, die Effizienzregelungen einzuhalten. Die Wärmepumpe wird dann die einzige monovalente Heizung sein, die die Zielmarke erreicht. Aber auch so hat die erneuerbare Wärme Stärken, die sie ausspielen kann. Denn am Ende zählt die Ersparnis bei den Brennstoffkosten. Zwar ist der Öl- und damit auch der Gaspreis derzeit im Keller. Doch dies wird sich ändern, wenn der Großteil der Fracking-Unternehmen in den USA aus dem Geschäft gedrängt sind. Dann wird der Öl- und Gaspreis wieder steigen und der Leidensdruck der Hauseigentümer wieder größer. „Wer heute im Neubau noch auf Öl und Gas setzt, muss seinem Bauherren erklären, warum er eine Technik einsetzen will, die unserer Meinung nach nicht zukunftsfähig ist“, betont Henning Schulz, Unternehmenssprecher von Stiebel Eltron. Ob die Bundesregierung mit diesem Druck mehr schafft als mit der Förderung, bleibt fraglich. Schließlich bleiben auch im Jahr 2016 die Ausnahmeregelungen bestehen. Zudem ist der Neubau nur ein verschwindend kleiner Anteil des potenziellen Marktes, der bei konsequenter Sanierung der alten Heizungen möglich wäre. So bleibt die erneuerbare Wärme weiter ein Projekt, das die Bundesregierung vor sich hinschiebt. (Sven Ullrich)
Ausführliche Informationen über die kommenden energetischen Ansprüche an Gebäude bekommen Sie in der aktuellen Ausgabe von Erneuerbare Energien.