Wasserstoff ist ein Schlüssel zum Erreichen der Klimaziele, vor allem in den Bereichen, in denen erneuerbare Energien nicht direkt eingesetzt werden können. Voraussetzung hierfür ist jedoch seine grüne Erzeugung auf Basis sauberer Energien. Das hat der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) im Rahmen des BMWI-Stakeholderdialogs zur EEG-Umlagebefreiung von grünem Wasserstoff und den Kriterien zur Ausgestaltung der Verordnung zum grünen Wasserstoff (§ 93 EEG) in seiner Stellungnahme deutlich gemacht. „Für die Herstellung von Wasserstoff darf ausschließlich Strom oder Gas genutzt werden, der mit erneuerbarer Energie und zeitgleich zur beabsichtigten Nutzung hergestellt wurde. Dies stellt eine klimafreundliche und netzdienliche Wasserstoffgewinnung sicher“, so BEE-Präsidentin Simone Peter. Für den Hochlauf einer heimischen grünen Wasserstoffwirtschaft müsse dabei die erste Priorität auf der Anhebung der Ausbauziele für die erneuerbare Stromerzeugung im EEG liegen. „Hierbei sind die höheren EU-Klimaziele und die zusätzliche Stromnachfrage durch Elektrolyseure, aber auch Wärmepumpen und Elektromobilität zu berücksichtigen“, so Peter. Für den Stromsektor bedeute dies, den Anteil erneuerbarer Energien auf 80 Prozent bis 2030 festzulegen und Ausbaupfade und -mengen für alle EE-Technologien anzupassen. „Daher begrüßen wir die Mindestquote zur Unterstützung ungeförderter Neuanlagen und des Weiterbetriebs von Ü20-Anlagen“, so Peter weiter. Weiterhin müsse eine system- und energiewendedienliche Fahrweise der Elektrolyseure ermöglicht werden. Neben einer Kopplung an Standortkriterien sei hierzu auch eine Begrenzung des zeitlichen Einsatzes der Elektrolyseure notwendig. „Der BEE schlägt eine Begrenzung der Volllaststunden auf 3.000 Stunden im Jahr vor. Zusätzlich dürfen Elektrolyseure während weiterer 1.500 Stunden im Jahr Systemdienstleistungen bereitstellen, so dass sich zusammen eine maximale Volllaststundenzahl von 4.500 pro Jahr ergibt.“ Es bestehe jedoch die Gefahr, dass sich die Implementierung derartiger Kriterien auf EU-Ebene verzögere und sich eine vom BMWi für den Übergang vorgeschlagene "kleine Lösung" mit weniger starken Anforderungen längerfristig etabliert. „Die Bundesregierung muss sich für die baldige Notifizierung des EEG auf EU-Ebene einsetzen, da die Kollateralschäden der fehlenden Genehmigung immer größer werden, nicht nur mit Blick auf die Bezuschlagung von Ausschreibungsergebnissen, sondern auch mit weiteren, im EEG geregelten Tatbeständen“, so Peter abschließend.
Wasserstoff wettbewerbsfähig machen
Derweil arbeiten die Fraunhofer-Institute für Produktionstechnologie IPT aus Aachen, für Werkstoff- und Strahltechnik IWS aus Dresden und für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU aus Chemnitz daran, Wasserstoff günstiger zu machen. Sie entwickeln Produktionstechnologien, die dafür sorgen, dass Brennstoffzellensysteme in der Herstellung nicht länger deutlich teurer sind als herkömmliche benzinbetriebene Antriebe. Die Produktion gängiger 100-Kilowatt-Brennstoffzellensysteme für Automobile würde dann nur noch rund 5000 Euro kosten – weniger als zehn Prozent der bisherigen Kosten. „Das schaffen wir nur, wenn wir vom bisherigen Manufakturbetrieb in die Massenproduktion vorstoßen – und zwar mit effektiven Technologien, die eine Fertigung von bis zu vier Brennstoffzellen-Stacks pro Minute erlauben“, sagt Ulrike Beyer, Leiterin der Wasserstoff-Taskforce am Fraunhofer IWU. Um in dieser Geschwindigkeit produzieren zu können, richten die Forscherinnen und Forscher ihren Blick auf die Komponenten, die das Herz der Brennstoffzelle bilden: Bipolarplatten und Membran-Elektroden-Einheiten. Diese sollen künftig durch kontinuierliche Rolle-zu-Rolle-Verfahren hergestellt werden. Mit dieser Fertigungstechnologie können bislang unerreicht hohe Stückzahlen erzielt werden, wie sie für eine industrielle Serienfertigung gefordert werden. So soll der wirtschaftliche Durchbruch von Brennstoffzellen national und international beschleunigt und die Einzeltechnologien von der Forschung rasch in die industrielle Anwendung überführt werden. Brennstoffzellen sollen künftig eine Schlüsselfunktion für die CO2-Reduzierung im Mobilitätssektor einnehmen: Personen- und Lastkraftwagen, Busse, Regionalzüge und sogar Flugzeuge können sich mit Wasserstofftechnologie fortbewegen. Doch die heutige Produktion der dafür erforderlichen Brennstoffzellen wird von manuellen Tätigkeiten bestimmt und kann auch aufgrund fehlender Lieferketten die erforderlichen Stückzahlen bisher nicht bereitstellen. Die Kosten sind für den Einsatz, der gefordert sein wird, noch deutlich zu hoch.
Skaleneffekte sollen Kosten senken
Um die Herstellungskosten so weit zu senken, dass Brennstoffzellen die herkömmlichen Antriebe auf Basis fossiler Brennstoffe ablösen können, müssen Technologien entwickelt werden, die eine Skalierung der Fertigung bis zur industriellen Massenproduktion ermöglichen. Marktführer Hyundai prognostiziert, dass bei circa 200.000 Einheiten pro Jahr Skaleneffekte erzielt werden können, die die Kosten eines Wasserstofffahrzeugs gegenüber Alternativen vergleichbar machen. Im Fraunhofer-Projekt Hokome arbeiten die drei Fraunhofer-Institute in Aachen, Dresden und Chemnitz daran, die Voraussetzungen für eine kostengünstige, bedarfsorientierte und skalierbare Serienproduktion von Brennstoffzellen zu schaffen. Bis heute werden Einzelkomponenten teils in Handarbeit gefertigt oder allenfalls wenig automatisiert zusammengeführt und durchlaufen zeitaufwendige Prozesse zur Qualitätsüberwachung. Ihre Funktion erhält die Brennstoffzelle innerhalb des sogenannten Stacks aus mehreren Hundert Einzelzellen, in dem Strom durch einen chemischen Prozess aus Wasserstoff gewonnen wird. Die Zellen bestehen aus zwei metallischen Platten und einer Membran. Während die Bleche von 50 bis 100 Mikrometer Stärke zunächst mit geprägten Kanälen versehen, danach beschichtet und untereinander hochpräzise verschweißt werden, sind bei der Membran-Herstellung verschiedene Auftrags- und Heißpressprozesse erforderlich. Das Fraunhofer IPT entwickelt zu diesem Zweck entsprechende Rolle-zu-Rolle-Anlagen. Der Fokus liegt hier auf einer automatisierten Pilotlinie, mit der sich die beiden Prozessschritte des Prägens und Beschichtens in einem durchgängigen Prozess zusammenführen lassen. In Vorbereitung auf die Großserienfertigung müssen vor allem neue Umformverfahren für die Herstellung der Bipolarplatten zur Marktreife geführt werden. Hier bietet das am Fraunhofer IWU entwickelte Walzprägen einzigartige Möglichkeiten, das charakteristische Flussfeld kontinuierlich durch eine rotierende Abrollbewegung in die Bipolarplatten einzubringen. Für dieses Verfahren erarbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jetzt ein modulares System, das die geforderten Ausbringungsmengen von 100 Bipolarplatten pro Minute für die industrielle Massenproduktion liefern kann. Eine besondere Herausforderung ist hier die Kopplung mit den vor- und nachgelagerten Prozessschritten bis hin zur Inline-Qualitätskontrolle. Indem die Forschenden alle Teilprozesse von Beginn an ganzheitlich in den Rolle-zu-Rolle-Fertigungskonzepten betrachten, soll sich das Produktionsvolumen zukünftig flexibel an eine reale Nachfrage adaptieren lassen. Ziel des Fraunhofer IWU ist der Aufbau einer Referenzfabrik in Chemnitz, in der Industrie und Forschung gemeinsam stückzahlskalierbare Technologien für die Stack-Produktion entwickeln. Wurden die Bipolarplatten in Brennstoffzellen bisher im Batch beschichtet, um ihre Leitfähigkeit und Korrosionsbeständigkeit zu gewährleisten, setzt das Fraunhofer IWS aus Dresden nun auf eine neue Kohlenstoffbeschichtung von wenigen Nanometern, die durch ein PVD-Verfahren (Physikalische Gasphasenabscheidung) aufgebracht wird. Dieses Konzept eignet sich gerade auch für Bandverfahren und kann so die Fertigungskosten abermals stark reduzieren. Die Kohlenstoffschichten erreichen schon heute einen ähnlich niedrigen Kontaktwiderstand wie beispielsweise Gold – bei nahezu halbierten Beschichtungskosten. In einem automatisierten Prozess verspricht die Technologie zudem ein höheres Produktionstempo. Diese neuen Beschichtungsverfahren können zukünftig in eine Rolle-zu-Rolle-Anlage, wie sie das Fraunhofer IPT entwickelt, integriert werden. Sie bilden damit neben den ebenfalls erforderlichen Schweiß- und Umformprozessen einen weiteren Schritt zu einer vollständig automatisierten Fertigungskette. Die Entwicklungsergebnisse zur kostengünstigen, automatisierten Massenproduktion von Brennstoffzellen, die durch die gemeinsame Forschung der drei Institute erzielt werden, fließen ein in den »Nationalen Aktionsplan Brennstoffzellen-Produktion« der Fraunhofer-Gesellschaft. Wollen Sie zeitnah mehr erfahren zu Speichern wie Wasserstoff? Dann abonnieren Sie einfach unseren kostenlosen Newsletter. Hier können Sie sich anmelden.