Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier präsentierte am Dienstag die frisch vom Datendienstleister Prognos Institut gelieferte Abschätzung: Bis 2030 wird der Strombedarf in Deutschland von zuletzt 580 Terawattstunden (TWh) auf mindestens 645 und bis zu 665 TWh zunehmen. Verantwortlich dafür seien der zunehmende Strombedarf in der Energiewende durch die Elektromobilität, durch den Einsatz von Wärmepumpen und für die Herstellung sogenannten grünen Wasserstoffs, betonte der Minister.
So erklärte der CDU-Politiker: „Die Neufassung des Klimaschutzgesetzes und unsere neuen ambitionierten Klimaziele, die Bundestag und Bundesrat Ende Juni 2021 verabschiedet haben, erfordern eine Anpassung unserer Analysen zum Stromverbrauch 2030. Erste Abschätzungen legen wir heute vor. Denn klar ist: Perspektivisch wird unsere Energieversorgung im Kern auf zwei Energieträgern beruhen: auf Strom aus erneuerbaren Energien und auf Wasserstoff, der aus erneuerbar hergestelltem Strom erzeugt wird.“
Altmaier hatte spätestens seit der Verabschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Dezember 2020 viel Kritik von Befürwortern einer entschiedeneren Energiewende auf sich gezogen, weil er trotz absehbar bevorstehender schärferer Vorgaben zum Abbau von Kohlendioxidemissionen keinen höheren Stromverbrauch in die Gesetzgebung einkalkulierte. Dabei war nicht zuletzt durch die offizielle neue Wasserstoffstrategie der Bundesregierung im vergangenen Jahr schon klar geworden, dass Deutschland nur mit der Nutzung von Wind- und Sonnenstrom als Energie für den Verkehr und für die Wärmeversorgung ausreichend schnell die Energiewende auch in diesen beiden Verbrauchssektoren erreichen kann. Klar ist, dass dies durch Elektromobilität geschehen muss, durch Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse und dessen Nutzung als emissionsfreier Treibstoff oder Energiequelle für industrielle Produktionsprozesse und durch Betrieb elektrischer Wärmepumpen zur Abschöpfung natürlicher Luft- oder Wassertemperatur. Ende Juni verabschiedete die Bundesregierung dann ein nachgeschärftes Klimaschutzgesetz, dass die Klimaneutralität in Deutschland bereits für 2045 vorsieht – also die Beschränkung der Kohlendioxidemissionen auf ein Volumen, dass die Natur im selben Tempo wie es entsteht von selbst wieder abbauen kann.
Die vorangegangene Prognos-Studie vom März 2020 war von einem nahezu unveränderten Stromverbrauch bei 580 TWh ausgegangen. Dabei hatte das Bundesumweltministerium eine zunehmende Energieeffizienz in der Stromnutzung angenommen. Nun sieht die Prognosstudie allerdings einen Bestand von dann schon 14 Millionen Elektroautos im Verkehr aus im Vergleich zu demnächst bald einer Million. Sie geht außerdem vom Einsatz von sechs Millionen Wärmepumpen sowie von einem zusätzlichen Stromverbrauch alleine durch die Elektrolyse von 30 TWh aus.
Altmaier forderte mit Verweis auf die demnach sehr schnell benötigten Stromerzeugungskapazitäten auf Grundlage erneuerbarer Energien nun müsse die Naturschutzgesetzgebung so vereinfacht werden, dass mehr Flexibilität beim Schutz von Vogelvorkommen vor der für sie lebensgefährlichen Kollision mit Windenergieanlagen gelte: Nicht mehr jeder einzelne Vogel könne Vorrang vor einem Windrad haben. Altmaier forderte auch, dass die Bundeländer im Gespräch mit dem Bund konkrete Ausbauziele für die Erneuerbaren in ihren Landesgrenzen sowie den entsprechenden Flächenbedarf festlegen sollten. Pauschale Mindestabstände zur Distanzierung von Windenergieanlagen rings um Siedlungen kritisierte der Minister. Beim Ausbau der Stromnetze müsse künftig auch gelten, dass es von der Planung bis zur Realisierung neuer Stromautobahnen zum schnellen Abtransport überschüssiger Grünstrommengen in Regionen mit gerade starkem Stromverbrauch nicht mehr als acht Jahre dauern dürfe.
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