Dazu vertreibt Polarstern TÜV-zertifizierten Ökostrom aus österreichischen Wasserkraftwerken und vom TÜV Nord ausgezeichnetes Biogas aus Reststoffen einer ungarischen Zuckerrübenfabrik. Der Strom hat zusätzlich die Auszeichnung Grüner-Strom-Label, hinter dem unter anderem die Umwelt- und Naturschutzverbände BUND, DNR und NABU stehen. Je verkaufter Kilowattstunde (kWh) Strom sollen 1,25 Cent und je kWh Gas 0,25 Cent in den Bau neuer Ökokraftwerke investiert werden.
Der neugegründete Münchner Ökoenergieanbieter sieht die Energiewende dabei auch als globale Herausforderung. So unterstützt das Unternehmen sowohl Ökoprojekte in Deutschland als auch in Entwicklungsländern – zunächst in Kambodscha. Polarstern bewirbt sich als erster Versorger, der die Energiewende weltweit vorantreiben wolle.
„Ein sauberes Europa ist gut, reicht aber nicht“
„Die Energiewende ist eine weltweite Aufgabe. Sie muss aus unserer Sicht global und nicht nur lokal greifen. Das blieb bei bisherigen Angeboten unbeachtet“, sagt Florian Henle, einer der drei Geschäftsführer und Gründer von Polarstern. Ein sauberes Europa sei gut, reiche aber nicht.
Den Strom- oder Gasbezug verknüpft Polarstern konkret immer mit einem Energiehilfsprojekt. Dafür arbeitet das Unternehmen mit Partnern in Regionen zusammen, in denen die Energieversorgung noch in den Kinderschuhen steckt. Derzeit ist das in Kambodscha das National Biodigester Programme (NBP), eine halbstaatliche Entwicklungshilfeorganisation des dortigen Landwirtschaftministeriums. Mit den hiesigen Einnahmen fördert Polarstern ausgewählte Bauernfamilien vor Ort. Neben einer eigenen, nach Henles Angaben einfachen, robusten, wartungsarmen, aber sehr effizienten Mikro-Biogasanlage bekommen sie jeweils einen Gasherd, Gaslampen und Toiletten. Außer bei der Energieversorgung sollen die Biogasanlagen dabei helfen, Schmutz und Gestank zu reduzieren und Krankheiten zu verhindern. Denn mangelnde Hygiene durch in die Landschaft gekippte Fäkalien und starke Rauchentwicklung von holz- oder petroleumbetriebenen, offenen Kochstellen verursachen dort gewichtige Umweltprobleme. Für den Betrieb einer solchen Anlage werden pro Tag mindestens 20 Kilogramm Gülle benötigt – eine Menge, die bereits zwei Rinder oder vier Schweine produzieren. Als nächste Förderländer hat Polarstern bereits Laos und Nepal vorgesehen.
Aufbau lokaler Wirtschaftskreisläufe
„Allerdings wird den Bauern nicht einfach eine Gasanlage hingestellt“, sagt Henle. Sie würden vielmehr eng in den gesamten Planungs- und Bauvorgang eingebunden. Neben technischem Training und Workshops erhalten sie eine Anschubfinanzierung von umgerechnet 110 Euro für den Bau ihrer Anlage, die insgesamt durchschnittlich 370 Euro kostet. Der Rest werde über niedrig verzinste Mikrokredite von lokalen Banken finanziert. Auf diese Weise würden lokale Wirtschaftskreisläufe aufgebaut. Auch für die hiesigen Stromkunden sieht Henle die gezielte Unterstützung einzelner konkreter Familien positiv: „Für sie wird die Förderung so besser greifbar.“
Hinter Polarstern stehen nach Angaben der drei Geschäftsführer keine weiteren Unternehmen oder Finanzierer. „Auch das Gründungskapital haben wir privat aufgebracht“, sagt Henle. Als zusätzliche finanzielle Starthilfe bekamen sie vor der Gründung 100.000 Euro vom Bundeswirtschaftsministerium.
(Andreas Haude)