Tilman Weber
14 Jahre lang war Ruth Brand-Schock in öffentlichen politischen Debatten um den Windenergieausbau so etwas wie die Ms Enercon: Frau Enercon. Sie war das Gesicht für den Anspruch des dauerhaften und unangefochtenen Marktführers in Sachen bundesweiter Windparkerrichtungen an Land, durch die Turbineninstallationen das Land nachhaltiger werden zu lassen. Auch Enercons Anspruch, eine Demokratisierung der Energiewirtschaft und eine Teilhabe der Bürger an dieser voranzutreiben, verkörperte sie durch Teilnahme an vielen Debatten – ob auf Podien oder als Autorin. Zum 1. April wird die Schwäbin nun beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) arbeiten.
Der Wechsel vom bisherigen ins nur 300 Meter entfernte künftige Büro lässt Brand-Schock zur Referentin für Erneuerbare Energien beim BDEW werden. Dort wird sie dem Geschäftsbereich Erzeugung und Systemintegration angehören und die Leitung des Fachausschusses Erneuerbare Energien übernehmen. Dem zusätzlich existierenden BDEW-Fachbereich Politik gehört sie hingegen nicht an. Somit wird sie anders als bei Enercon künftig wohl nicht mehr auf öffentlichen Foren mit politischen Zustandsbeschreibungen und Forderungen auftreten.
Wird Ruth Brand-Schock damit nun die Seiten wechseln? Wird die Perspektive für sie eine andere sein nach einem Übertritt von der Erneuerbare-Energien-Branche zur konventionell geprägten klassischen Energiewirtschaft oder vom Unternehmen zur praktischen Umsetzung der Energiewende in die Lobbyorganisation zur Stärkung der Position der Energieunternehmen in der öffentlichen Wahrnehmung?
„Ich wechsle weniger die Seiten, als dass der BDEW sich neben den EE-Verbänden zu einer weiteren Stimme der Energiewende entwickelt hat“, sagt Ruth Brand-Schock. „In der Breite, die der BDEW an Themen und Mitgliedsanliegen abdeckt, möchte ich die Stimme der Erneuerbaren weiter stärken und fachlich untersetzen.“ Sie hoffe darauf, dass der BDEW mit ihr die „in der letzten Zeit sehr gute verbändeübergreifende Zusammenarbeit fortsetzen“ werde, „wie sie sich beispielsweise beim Zehn-Punkte-Plan für mehr Genehmigungen gezeigt hatte“.
Der BDEW ist der klassische deutsche Energiewirtschaftsverband und vertritt die Interessen auch von Betreibern beispielsweise von Kohle- und Atomkraftwerken. Zunehmend nimmt die Organisation aber seit den vergangenen Jahren auch immer entschiedener Positionen pro Energiewende ein, zumal auch die größten BDEW-Mitglieder längst eigene Erneuerbare-Energien-Abteilungen betrieben und für deren Fortentwicklung Planungssicherheit brauchen. Jüngsten öffentlichen politischen Botschaften der Erneuerbaren-Branche hatte sich der BDEW als Mitunterzeichner angeschlossen. Etwas länger schon treten Erneuerbaren-Verbände wie der Bundesverband Windenergie oder der Bundesverband Erneuerbare Energie gemeinsam mit dem als Interessenvertretung der Windturbinenindustrie wirkenden Maschinenbauverband VDMA oder auch dem Stadtwerkeverband VKU gemeinsam auf.
Ruth Brand-Schocks Vorgänger beim BDEW wechselte indes bereits am 1. Januar zum Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore (BOW), wo er neuer Geschäftsführer wurde. Thimm löste beim BOW den bisherigen Chef Uwe Knickrehm ab.