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Netzausbau

Wie sieht unsere Energieinfrastruktur 2050 aus?

Joachim Balke von der Europäischen Kommission lieferte die europäische Sichtweise zum Thema Infrastruktur im Rahmen der digitalen Tagung zukünftige Netze, zu der Conexio eingeladen hatte: Für das verschärfte Ziel von minus 55 Prozent CO2 bis 2030 brauche die EU einen entsprechend verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien – und dafür wiederum die entsprechenden Transportwege. Drei Schwerpunkte nannte er: 1. Elektrifizierung 2. gasförmige  Energiequellen 3. Systemintegration.  „Strom wird eine größere Rolle spielen“, betonte er. Dafür bedürfe es eines Wachstums auf Basis erneuerbarer Energien. Bezüglich der gasförmigen Energieressourcen betonte er: „Nach 2030 wird Erdgas eine geringere Rolle spielen. Erdgas wird ganz überwiegend ersetzt durch Biogas und anderen erneuerbaren Gasen.“ Auch fossiler Wasserstoff müsse ersetzt werden – eventuell durch CCS, wie er eilig anfügte. 

Für die Stromproduktion gebe es das große Offshore-Wind-Potenzial, vor allem in der Nordsee. Dort – und das ist die große Herausforderung – werden integrierte Projekte gebraucht, die als Interkonnektoren zwischen europäischen Staaten dienen. Das Teilen von Nutzen und Kosten müsse hier geklärt werden. Da jeder Staat seine eigenen Strompreise und oft auch unterschiedliche Vergütungssysteme für erneuerbaren Strom hat, treten hier viele Fragen auf. Nicht erst seit heute. Das Thema Harmonisierung der Strommärkte ist nicht neu. 

Staatssekretär Andreas Feicht aus dem Bundeswirtschaftsministerium konnte zumindest verkünden, dass der deutsche – stark hinterher hinkende – Netzausbau insofern vorangekommen sei, als dass Transparenz geschaffen wurde, ein entsprechendes Monitoring eingeführt wurde und das Nabeg (Netzausbaubeschleunigungsgesetz) aktualisiert wurde. „Wir haben in dieser Legislaturperiode viel aufgeholt“, so Feicht. Das Bundesbedarfsplangesetz solle diese Woche verabschiedet werden – mit der Vorgabe, dass weitere Verzögerungen durch nachträgliche Anpassungen weitgehend nicht mehr möglich sind beim Netzausbau. 

Auch er verwies auf die Bedeutung gemeinsamer europäischer Projekte. Deutschland verfolge Offshore Hybridprojekte Dänemark und den Niederlanden. Die Kosten müssten fair aufgeteilt werden. „Die Kommission muss hier Vorschläge machen“, so Feicht. 

Christian Schorn stellte dann eine andere Perspektive vor. Sein Unternehmen, der Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW, hat in einer Studie untersucht, wie die Stromnetzinfrastruktur in Baden-Württemberg im Jahr 2050 aussehen müssten, wenn man von 90 Prozent CO2-Freiheit ausgeht. Eine gerade entstehende Studie exerziert das Thema nun mit dem angepassten 100-Prozent-CO2-frei-Ziel durch, zudem auch mit Wasserstoff und der Betrachtung Europas. Jedenfalls von diesem 2050-Szenario für die Transportnetz ausgehend hat Transnet BW 2018 untersucht, was sich verändert. Und festgestellt: 2050 werden 55 Prozent mehr Strom benötigt wegen der Elektrifizierung von Verkehr und Wärmesektor. 842 TWh wären das. „Deutschland wird Nettostromimporteur“, so Schorn.  Wichtig sei aber vor alle, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. „Wir brauchen fünfmal so viel Windenergie und viermal so viel PV-Strom wie heute“, so Schorn. Der Süden habe es schwer, weil es dort weniger Wind geben. „Aber Windenergie ist für uns der Treiber der Energiewende“, betonte er. Baden-Württemberg müsse viel Strom importieren. Norddeutschland habe dagegen Überkapazitäten. Dafür brauche es einen massiven Ausbau der Netzinfrastruktur. Der Netzentwicklungsplan 2030 würde nicht annähernd ausreichen, so Schorn. 15.700 Kilometer Höchstspannungsnetz würden überlastet, das sind 40 Prozent. Er betonte, ein Rahmen für einen Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2050 sei nötig.         Behalten Sie neue Entwicklung im Bereich der Energiewende und der Infrastruktur jederzeit im Blick - mit unserem kostenlosen Newsletter! Hier geht's zur Anmeldung.

Stromerzeugung und Verbrauch in Europa, 2018 und 2050. - © Foto: Transnet BW
Stromerzeugung und Verbrauch in Europa, 2018 und 2050.
Hier sieht man die Unterversorgung mit Regenerativstrom im Süden und den Überschuss im Norden.  - © Foto: Transnet BW
Hier sieht man die Unterversorgung mit Regenerativstrom im Süden und den Überschuss im Norden. 
Überlastungsstrecken des Übertragungsnetzes bei 90 Prozent CO2-Freiheit 2050. - © Foto: Transnet BW
Überlastungsstrecken des Übertragungsnetzes bei 90 Prozent CO2-Freiheit 2050.