Der Minister mit SPD-Parteibuch beklagte am Dienstag wörtlich eine „unzureichende Ausweisung von Windvorrangflächen und langwierige Verfahren der Regionalplanung“ als ein Haupthindernis. Mit ähnlicher Kritik hatte sich Machnig bereits im Oktober öffentlich geäußert – und den Koalitionspartner als mitverantwortlich für die Probleme kritisiert. Tatsächlich konnten die Projektierer in Thüringen im gesamten Jahr 2011 gerade mal 49 Megawatt (MW) neue Windstromleistung sowie im ersten Halbjahr 2012 ebenfalls noch gemäß Branchenmaßstäben unbefriedigende 30 MW installieren. Unter den vergleichbaren mindestens ebenso großen anderen deutschen Flächenländern wurde Thüringen somit nur von Sachsen und Baden-Württemberg unterboten. In den beiden Nachbarländern gilt allerdings nach unumstrittenen Maßstäben der Ausbau bei einem Stillstand angekommen.
Windflächenausweisung erst 2016?
Auch der Vorsitzende der Thüringer Vertretung des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Frank Groß, sieht den langsamen Prozess in seinem Bundesland um eine neue Ausweisung von Vorrangflächen als eine Gefahr sogar für die energiepolitischen Ziele des Landes. Die Regionalpläne, mit denen mehrere Kommunen zusammen sich auf grobe Nutzungsflächen für die Windkraft einigen und damit sämtliche Landfläche außerhalb für Windparks als tabu erklären, seien nicht vor 2016 zu erwarten. Nur eine so genannte Teilfortschreibung des Einzelplanes für Windenergievorrangflächen könne den Prozess für die Windkraft noch um ein Jahr beschleunigen. Auch dann könne indes „frühestens ab Ende 2014, eher Anfang 2015“ wieder ein maßgeblicher Windenergieausbau im Lande starten.
Vorerst hängt der Prozess am übergeordneten Landesentwicklungsplan (LEP). Der soll anders als vom BWE gewünscht keine Festlegung auf eine Vorrangflächenausweisung von einem Prozent der Gesamt-Landesfläche enthalten, sondern möglicherweise die anzustrebenden Stromerzeugungsmengen der einzelnen Erneuerbare-Energien-Branchen in Gigawattstunden pro Jahr. Anfang 2013 soll der LEP von der Landespolitik für eine bereits zweite Öffentlichkeitsbeteiligung verfasst worden sein. Derzeitige Regionalpläne räumen der Windenergie Vorrangflächen von 0,3 Prozent der Landesfläche ein.
BWE-Landeschef: Kriterienkatalog für Windenergieplanung fehlt
Allerdings fehlt es laut Frank Groß auch noch an einem „Kriterienkatalog“. Dieser müsse vorgeben, welche Bereiche für die Windenergie künftig noch tabu bleiben müssten und welche Mindestabstände Windturbinen etwa zu Siedlungen oder anderen Nutzungsgebieten und bestimmten Naturschutzzonen haben müssen. „Die Vorgaben müssten hier von den Ministerien kommen“, sagt Groß. „Das Problem ist zur Zeit, das da nichts kommt.“. Alternativ würden landesweit bereits die regionalen Planungsgemeinschaften sich darüber verständigen, notfalls einen solchen Kriterienkatalog auf eigene Initiative zu verabschieden.
"Wald darf nicht tabu bleiben"
Wichtig ist die Verabschiedung solcher Kriterien durch die Landespolitik in Erfurt vor allem auch deshalb, weil das waldreiche Bundesland Standorte vor allem in Forsten ausweisen müsste. Die Wälder sind allerdings bislang komplett Tabubereiche. Das Thema werde in der Landespolitik immerhin „intensiv diskutiert“, sagt Groß. Der BWE-Mann sieht derzeit auch das Ziel des Eckpunktepapiers der Landesregierung in Gefahr, 2020 einen Anteil der Erneuerbaren von 45 Prozent an der Stromversorgung erreicht zu haben.
Allerdings müssen die Projektierer laut Groß bei ihren Projekten in dem Binnenland mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von durchaus auch nur 5,8 Meter pro Sekunde auskommen – auf 135 Metern Nabenhöhe, wie der BWE-Landeschef bestätigt. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg nennt die Branche mittlere Windgeschwindigkeiten von 6,0 bis 6,5 Metern als Mindestkriterium.
(Tilman Weber)