Gemächlich schleppt sich der Bundeswirtschaftsminister in Richtung Kohleausstieg, während die Erderwärmung weiter voranschreitet. Derzeit müht er sich an einem Gesetz ab, das die finanziellen Hilfen für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen regeln soll. Der Referentenentwurf (Link zum Original) liegt jetzt endlich auf dem Tisch – ein halbes Jahr nachdem die Kohlekommission ihren Kompromiss beschlossen hat, dass bis spätestens 2038 Schluss ist mit der Braunkohleförderung und deren Verstromung in Kraftwerken.
14 Milliarden für die betroffenen Regionen
Vielleicht gelingt der Ausstieg auch schon früher. Denn der Kompromiss sieht vor, dass 2032 überprüft wird, ob nicht schon früher mit der Braunkohle Schluss sein sollte. Der Kompromiss sieht auch vor, dass der Bund den Regionen unter die Arme greift, in denen die Braunkohle derzeit noch gefördert und verstromt wird. Insgesamt 14 Milliarden Euro sollen nach Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen fließen. Davon bekommt die Lausitz mit 43 Prozent den größten Anteil. Ins Rheinische Revier fließen 37 Prozent der Fördergelder und der Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier soll mit 20 Prozent der Fördersumme abgefedert werden.
Bundesländer können weitgehend selbst entscheiden
Wie die Gelder verwendet werden, liegt in der Entscheidungsgewalt der betroffenen Bundesländer. Allerdings macht die Bundesregierung einige Vorgaben hinsichtlich der Bereiche, in die die Fördergelder fließen dürfen. So soll die Infrastruktur gestärkt werden, damit die Ansiedlung neuer Unternehmen einfacher wird. Davon ausgenommen ist allerdings der Straßenbau. Die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur soll sich auf die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden und auf den Schienenverkehr konzentrieren, so weit dieser nicht von der Deutschen Bahn betrieben wird. Auch den Ausbau der Breitband- und Mobilfunkinfrastruktur können die Bundesländer mit dem Geld fördern.
Außerdem sollen die weichen Standortbedingungen verbessert werden. Dazu gehören Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche, Investitionen in die Gesundheitsversorgung und der altersgerechte Umbau von Gebäuden. Die Fördergelder sollen zudem auch in den Naturschutz und vor allem in die Renaturierung der ehemaligen Tagebauflächen sowie Aufforstung von neuen Wäldern fließen. Neben der Bodensanierung stehen auch noch Klima- und Umweltschutzmaßnahmen als förderfähige Projekte im Katalog.
Plan für die Energiewende fehlt
Was die Bundesregierung allerdings damit meint, geht aus der Gesetzesformulierung nicht klar hervor. Das stößt auf die Kritik. So fordert Greenpeace Energy, die Finanzhilfen für den Kohleausstieg verbindlich an den Ausbau der Erneuerbaren zu koppeln. „Mehr als ein halbes Jahr nach dem Kompromiss der Kohlekommission hat die Bundesregierung noch immer keinen Plan für einen gezielten Erneuerbaren-Ausbau in den Regionen, um die Kohleverstromung klimaneutral zu ersetzen“, sagt Marcel Keiffenheim, Leiter Politik und Kommunikation bei Greenpeace Energy.
Keine Blankoschecks ausstellen
Auch im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf fehlen entsprechende Passagen. „Hier darf der Bund nicht nur Blankoschecks verteilen, sondern muss einen Teil der Mittel auch zweckgebunden an die Länder vergeben, um gezielt die Energiewende voranzutreiben“, fordert Keiffenheim mit Blick auf die Tatsache, dass es den Bundesländern weitgehend überlassen wird, wofür sie die Gelder einsetzen. Für welche absurden Ideen diese Fehlstellen im Gesetz genutzt werden könnten, zeigt die AfD, die den Sachsen in der heißen Phase des Wahlkampfes ein Atomkraftwerk in der Lausitz – finanziert mit den Geldern aus der Strukturhilfe – als fortschrittliche Idee andrehen will. Dass die Wähler den teuren Atomstrom hinterher bezahlen müssen, verschweigen die Protagonisten vorsorglich.