Das Kohlekraftwerk Jänschwalde in BrandenburgDas Kohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg. Foto: J.-H. Janßen - CC BY-SA 3.0
„Statt jährlich Steuereinnahmen in Milliardenhöhe in andere EU-Länder zu überweisen, scheint es sinnvoller, wirkungsvolle Maßnahmen zuhause zu ergreifen: für Investitionen in energiesparende Gebäude, für eine schnellere Sanierung des Gebäudebestands, für das Voranbringen der Verkehrswende und für größere Klimaschutzbeiträge der Landwirtschaft. Neben dem Klimaschutz würden so auch Wachstum und Innovation gefördert“, schreiben die Autoren einer jetzt von Agora Energiewende und Agora Verkehrswende veröffentlichten Studie.
Deutschland muss Treibhausgasemissionen bis 2030 um 38 Prozent senken
Die Verpflichtungen Deutschlands, die Klimaschutzziele in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und Teilen der Industrie (also jene Bereiche, die nicht unter den EU-Emissionshandel fallen, deshalb als „Nicht-ETS-Bereich“ bezeichnet) zu erreichen, fallen für die Zeit bis 2020 unter die EU-Effort-Sharing-Entscheidung, für den Zeitraum von 2021 bis 2030 unter die EU-Climate-Action-Verordnung. Diesem EU-Recht habe die Bundesregierung im Rahmen von Entscheidungen des EU-Rats zugestimmt, heißt in der Analyse der Think Tanks. Es verpflichte Deutschland, seine Treibhausgasemissionen in den Nicht-ETS-Sektoren bis 2020 um 14 Prozent und bis 2030 um 38 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken. Dabei gilt für jedes Jahr von 2013 bis 2030 eine bestimmte Emissionsobergrenze.
Schon heute steht fest, dass Deutschland sein Klimaschutzziel 2020 im Nicht-ETS-Bereich deutlich verfehlen wird. Agora geht von 93 Millionen Tonnen zu viel produziertem CO2 aus. Die Kosten für die Emissionsrechte anderer EU-Staaten können 2020 bis zu zwei Milliarden Euro betragen meinen die Studienautoren – je nachdem, ob der aktuelle Preis von CO2-Emissionszertifikaten im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems ETS angesetzt werde oder ob Deutschland dafür einen „politischen Preis“ zahle, der beispielsweise in der Unterstützung eines anderen Mitgliedstaats bei einem für diesen wichtigen Thema besteht.
Emissionsrechte werden ab 2020 in der EU knapper
Später wird es noch teurer: Während überschüssige Emissionsrechte anderer EU-Mitgliedstaaten bis 2020 noch reichlich vorhanden sind, weil diese Länder ihre Klimaschutzziele im Gegensatz zu Deutschland sogar übererfüllt haben, wird das Angebot nach 2020 infolge insgesamt schärferer Ziele deutlich knapper werden. „Bei Fortschreibung des aktuellen Trends verfehlt Deutschland sein rechtlich verbindliches Nicht-ETS-Klimaschutzziel für die Jahre 2021 bis 2030 um konservativ geschätzte 616 Millionen Tonnen CO2. Der Ausgleich dieses Defizits könnte den Bundeshaushalt im nächsten Jahrzehnt insgesamt mit Kosten in Höhe von 30 bis 60 Milliarden Euro belasten. Bereits für 2021 existiert ein Kostenrisiko von 600 Millionen bis 1,2 Milliarden Euro“, heißt es in der Analyse.
Weil für jedes Jahr eigene Emissionsobergrenzen gesetzt werden, wird auch für jedes Jahr, in dem diese Obergrenzen überschritten werden, ein Nachkauf von Emissionsrechten nötig werden. „Klimaschutz ist daher von jetzt an auch Sache des Bundesfinanzministers“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Unterlassene Klimaschutzbemühungen in Deutschland werden für den Steuerzahler zu einer teuren Angelegenheit.“ (Katharina Wolf)
Die Studie finden Sie hier.